München - Erste Schon das Aufsitzen auf die Husqvarna Nuda 900 lässt Aufmerken: Die schmale Sitzbank ist hart, die Federelemente tauchen bei der Belastung nicht wie gewohnt ein. Und der Druck auf den Starterknopf entfesselt ein Brüllen, das man von einem Serienmotorrad nicht gewohnt ist. Der Zweizylinder röhrt aus dem ovalen Endschalldämpfer wie ein waschechter V-Motor. Das Geheimnis ist ein Hubzapfenversatz um 45 Grad sowie der gängige Trick mit der Auspuffklappe unter dem Triebwerk, Dennoch bleibt die Frage: Wie haben die das bloß durch die Homologation bekommen? Wir haben uns unterdessen in Startposition gebracht – in Erwartung weiterer Überraschungen: Gas geben, Kupplung weich kommen lassen – Aus. Wieder anlassen, noch mehr Gas – der Motor hustet und prustet und entscheidet sich schließlich loszuhumpeln. Auch beim Schalten in den zweiten Gang stottert er und verschluckt sich; aus dem Auspuff knallt es. Also auf Drehzahlen achten und die Maschine warm werden lassen. Der Twin schiebt ordentlich, die Gänge klacken, alles passt. Die hohe Sitzposition mit jeder Menge Schräglagenfreiheit, der breite Lenker und die aggressiven Bremsen in Verbindung mit dem drehmomentstarken Motor, der seine 80 Newtonmeter schon bei 3.000 Touren an das Rad wuchtet, eignen sich schön zur schnellen Landstraßenhatz. Was wir schnell bestätigen. Denn mit der steigenden Betriebstemperatur nimmt der Motor sanft Gas an und lässt sich treiben. Gewöhnungsbedürftig freilich ist die Sitzposition. Die Arme weit ausgebreitet, der Körper lotrecht im Wind und die weit nach vorne gezogene Position vermitteln den Eindruck, man throne über dem Vorderrad. Das dürfte jetzt warm sein und flotte Kurve wegstecken. Bereift sind die Räder mit Metzeler Sportec M5, einem sportlichen Pneu, der nötigen Grip bietet. Und so beginnt das fröhliche Kurvenwedeln, und die Nuda R entwickelt sich vom bockigen Eigenbrötler zum willigen Kurvenräuber. Wobei die Bremsen ein wenig zu aggressiv zu Werke gehen, worunter ihre Dosierbarkeit leidet. Mit der R-Version sind Mehrkosten verbunden. Für 1.500 Euro Aufpreis gibt es die aggressiven Brembo-Bremsen, ein Öhlins-Federbein, eine einstellbare Gabel, etwas Karbon, eine flachere Sitzbank und eine kürzere Übersetzung. Der Grundpreis steigt von 9.990 Euro auf knapp 11.500 Euro – nicht wenig Geld für ein Spaßgerät. Denn es gibt bei einem solch kompromisslosen Konzept Einschränkungen. Man sitzt aufrecht im Wind ohne Schutz. Die harte Bank ist so reisetauglich wie Flip-Flops zum Bergsteigen. Auch beim Fahrwerk müsste man kräftig nachjustieren. Das alles mag man der Nuda und dem kompromisslosen Konzept durchgehen lassen; unverständlich ist jedoch, dass (noch) kein ABS angeboten wird. Der Verbrauch? Geschenkt! Die Nuda will bewegt werden, da sind 5,6 Liter auf 100 Kilometer kein Maßstab.
Steckbrief Motor: Wassergekühlter Zweizylinder-Viertakt-Reihenmotor, vier Ventile pro Zylinder, Hubraum 898 ccm, Leistung 105 PS bei 8.500/min, Drehmoment 89 Nm bei 7.000/min, Sechsganggetriebe, Kette. Fahrwerk: Gitterrohrrahmen aus Stahl, Upside-down-Gabel, Ø 48 mm, verstellbare Federbasis und Zugstufendämpfung, Zweiarmschwinge aus Aluminium, Zentralfederbein, Doppelscheibenbremse vorn, Ø 320 mm, Vierkolbenfestsättel, Scheibenbremse hinten, Ø 265 mm, Einkolben-Schwimmsattel. Maße und Gewichte: Radstand 1.495 mm, Sitzhöhe 885 mm, Gewicht vollgetankt 198 kg, Tankinhalt 16 Liter. Messwerte: Höchstgeschwindigkeit 225 km/h, Beschleunigung 0 – 100 km/h: 3,3 s, Verbrauch: 5,7 Liter/100 km. Preis: 9.990 Euro.
Quelle: MOTOR-TALK |
verfasst am 29.05.2012
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