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ACEA: E-Auto-Zulassungen und Ladesäulen in der EU - Nur reiche Länder fahren auf Strom ab

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Die Zukunft ist elektrisch? 76 Prozent aller Ladestationen und 85 Prozent der E-Auto-Verkäufe konzentrieren sich auf reiche, westeuropäische EU-Länder. Osteuropa wird abgehängt.

Brüssel – In einem Punkt sind sich die politischen Regulierer und die Autobranche einig: Die Zukunft, wenigstens die mittelfristige, ist elektrisch. Wie elektrisch aber genau, da gehen die Vorstellungen deutlich auseinander. Laut einer Analyse des europäischen Verbands der Automobilindustrie (ACEA) trifft das in der Europäischen Union auch auf die Marktchancen der E-Mobilität zu, und das macht der Branche Angst.

Im Gespräch sind neben CO2-Flottenzielen nach 2021 auch Quoten für Elektroautos, wie sie China derzeit einführt. Nach einem Vorschlag der EU-Kommission sollen die Autohersteller im Jahr 2025 auf einen Elektro-Anteil von 15 Prozent verpflichtet werden. Im Jahr 2030 soll der Elektroauto-Anteil auf 30 Prozent steigen.

Damit liegen die Regulierer durchaus diesseits dessen, was die Branche für machbar hält. Volkswagen Pkw beispielsweise plant im Jahr 2025 mit einer Million Elektroautos jährlich, entsprechend einem Viertel der Gesamtproduktion ohne China. Unzufrieden sind Europas Autohersteller trotzdem, und zwar vor allem angesichts der Komponente „europaweit“.

Der Lobbyverband der Autoindustrie argumentiert: Die Adaptionsraten der Elektromobilität gehen in der EU massiv auseinander. Während ein Elektroauto-Marktanteil von 1,8 Prozent oder höher in der EU nur in Staaten mit einem Pro-Kopf-Bruttoinlandsprodukt (BIP) von mindestens 35.000 Euro auftrete, liege der Marktanteil in Staaten mit einem Pro-Kopf-BIP von 18.000 Euro oder weniger nahe Null.

Zu den Staaten, in denen die Ausgangslage für die Elektromobilität heute sehr schlecht ist, zählen vor allem die osteuropäischen EU-Mitglieder sowie das krisenbelastete Griechenland. 85 Prozent aller Elektroauto-Verkäufe konzentrieren sich auf sechs westeuropäische Staaten, wobei der ACEA Elektroautos als „electrically-chargeable vehicles“, also elektrisch aufladbare Fahrzeuge, definiert. Darunter fallen im wesentlichen rein batterieelektrische Fahrzeuge und Plug-in-Hybride. Deren europaweiter Marktanteil lag 2017 bei insgesamt 1,5 Prozent.

Marktanteil E-Autos

Wie bereit Autokäufer für den Griff zum elektrischen Fahrzeug sind, hängt nach Ansicht der Autohersteller vor allem davon ab, ob diese Autos bezahlbar und attraktiv sind. Die Kombination aus einer konsequenten Förderpolitik mit einem hohen Pro-Kopf-BIP (67.000 EUR) führte etwa 2017 im Nicht-EU-Land Norwegen zu einem E-Auto-Anteil von fast 40 Prozent (62.000 Fahrzeuge). Damit ist Norwegen europaweit Spitzenreiter.

Der EU-Staat Rumänien (Pro-Kopf-BIP: 9.600 EUR) kommt dagegen auf einen Elektroauto-Marktanteil von 0,18 Prozent. Nur 188 Elektroautos wurden dort 2017 zugelassen. Weitere Länder mit kaum messbaren Marktanteilen der Stromer sind Griechenland mit einem Marktanteil von 0,23 Prozent (199 E-Autos 2017) oder Polen (0,2 %, 1.068 E-Autos 2017). Schlusslicht ist Estland mit 0,17 Prozent Marktanteil (43 E-Autos 2017). Echte Ladenhüter sind Elektroautos auch im ärmsten EU-Staat Bulgarien (106) sowie in Tschechien, (307), Irland (948), Lettland (56), Litauen (52), der Slowakei (209) und Slowenien (456).

Einen statistischen Ausreißer gibt es: Irland ist nach IWF-Zahlen der EU-Staat mit dem zweithöchsten Pro-Kopf-BIP (nach Luxemburg). Dennoch werden dort kaum E-Autos zugelassen. In allen anderen EU-Ländern besteht ein klarer Zusammenhang zwischen vorhandenem Wohlstand und der Bereitschaft, Elektroautos zu kaufen.

Ladestationen: Große Lücken im Osten und Süden

Die Verbreitung von Ladestationen für elektrische Fahrzeuge sieht der der Verband als guten Indikator für die Marktchancen von Elektroautos. Nach Zahlen des ACEA stehen heute in der EU rund 117.000 öffentliche Ladestationen zur Verfügung. Soll die E-Mobilität den Markt durchdringen, brauche es im Jahr 2025 rund zwei Millionen öffentliche Lademöglichkeiten.

Auch hier ist der Weg vor allem für die osteuropäischen Staaten noch weit. 76 % aller gezählten Ladestationen befinden sich in den vier Ländern Deutschland (22%), Frankreich (14%), Großbritannien 12% und Niederlande (28%). Eine Abdeckung in der Fläche ist vor allem in Ost- und Südosteuropa kaum gegeben. Besonders Griechenland ist ein Problemfall: Das Land umfasst zwar neben den Festlandregionen gut 100 bewohnte Inseln, im ganzen Land existierten 2017 aber nur 38 öffentliche Ladepunkte.

Ladestationen in den EU-Staaten

  • Niederlande: 32.875
  • Deutschland: 25.241
  • Frankreich: 16.311
  • Großbritannien: 14.256
  • Spanien: 4.974
  • Schweden: 4.733
  • Österreich: 3.706
  • Italien: 2.741
  • Dänemark: 2.582
  • Belgien: 1.756
  • Portugal: 1.545
  • Irland: 1.009
  • Finnland: 947
  • Tschechien: 684
  • Polen: 552
  • Slowenien: 495
  • Slowakei: 443
  • Kroatien: 436
  • Estland: 384
  • Luxemburg: 337
  • Ungarn: 272
  • Rumänien: 114
  • Litauen: 102
  • Malta: 97
  • Bulgarien: 94
  • Lettland: 73
  • Griechenland: 38
  • Zypern: 36

Natürlich verfolgt der Verband der europäischen Automobilindustrie mit der Veröffentlichtung dieser Zahlen ein politisches Ziel. Wollen die Autohersteller Quoten für Elektroautos am liebsten abwehren oder nur unter Berücksichtigung der Marktsituation in den einzelnen Ländern akzeptieren?

Nicht ganz. Der Autobranche geht es um das CO2-Ziel nach 2021. Dann dürfen ihre Neuwagen im Branchenschnitt nur noch 95 g/km CO2 emittieren, bis 2030 soll dieser Wert noch einmal um 30 Prozent sinken. Diese Quote will der Verband nun an die je Land verfügbare Ladeinfrastruktur koppeln. In Holland läge das prozentuale CO2-Ziel dann erheblich höher als in Polen oder der Slowakei.

Flottenalter steigt weiter

Die Autobosse wissen: Ohne die kostspielige Elektrifizierung ihrer Neuwagen sind die von der Politik vorgegebenen Ziele kaum erreichbar. Die sinkende Dieselnachfrage aufgrund vielerorts diskutierter Fahrverbote sowie die steigenden Marktanteile für tendenziell verbrauchsungünstige SUV erfordern, dass sich bei der Elektrifizierung deutlich mehr tut als bisher.

Parallel wächst das Durchschnittsalter der europaweit zugelassenen Autos beständig. Betrug es 2008 noch 8,5 Jahre, waren es 2017 bereits 11 Jahre. Neue Technologien kommen also immer langsamer auf der Straße an, folgert der ACEA – und befürchtet, mit einer Quote für E-Autos würde sich dieser Trend noch verschärfen.

Klarer Fall: Wenn teurere elektrifizierte Autos nur in den reichen EU-Staaten gekauft werden, ziehen die weniger wohlhabenden Länder den Schnitt nach unten. Der Verband rechnet aus: Sollen in der kompletten EU 30 Prozent Elektroautos verkauft werden, muss die Quote im reichen Westeuropa 50 Prozent betragen. Oder Europas relative Armenhäuser müssen elektrisch massiv aufholen. Und daran glauben die Autobauer offenbar nicht.

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Avatar von bjoernmg
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