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"Reine Ausländermaut" - Österreich klagt gegen deutsche Pkw-Maut

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Österreich klagt gegen die deutsche Pkw-Maut. Ein Gutachter nennt die Maut einen Spaltpilz für die EU und bescheinigt der österreichischen Klage gute Chancen.

Wenige Tage vor der Parlamentswahl in Österreich kündigt die österreichische Regierung an, gegen Deutschland vor dem europäischen Gerichtshof zu klagen Wenige Tage vor der Parlamentswahl in Österreich kündigt die österreichische Regierung an, gegen Deutschland vor dem europäischen Gerichtshof zu klagen Quelle: dpa/Picture Alliance

Wien – Eine reine Ausländermaut und nicht mit den Grundwerten der EU vereinbar: So wird die in Deutschland geplante Pkw-Maut im Nachbarland Österreich gesehen. Der Alpenstaat hat nun vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) gegen Deutschland geklagt. Die geplante Einführung der Maut sei diskriminierend, begründete Verkehrsminister Jörg Leichtfried (SPÖ) am Donnerstag in Wien den Schritt.

Die Klage Österreichs ist am Donnerstagnachmittag beim EU-Gerichtshof in Luxemburg eingegangen. Das Verfahren trägt die Rechtssachennummer C-591/17. Ein Rechtsgutachten bescheinigt Österreich gute Aussichten auf einen Erfolg. Die Klage hat allerdings keine aufschiebende Wirkung für die 2019 geplante Einführung der Maut. Das müsste eigens beantragt und vor Gericht bewilligt werden.

Österreich beruft sich in der Klage auf das Diskriminierungsverbot in der EU. Danach darf kein EU-Bürger wegen seiner Staatsangehörigkeit schlechter gestellt werden als Einheimische. Bei der Maut handelt es sich nach Ansicht des österreichischen Europarechts-Experten Walter Obwexer um eine „indirekte Diskriminierung“. Die deutschen Gesetze würden zwar nicht direkt Ausländer ansprechen, aber mit dem Zulassungsort des Kraftfahrzeugs ergäben sich Ausländer als eine indirekte Zielgruppe.

Größerer Spaltpilz als der Brexit?

Österreich verbindet die Klage mit Kritik an der EU-Kommission. Die habe sich deutschem Druck gebeugt und den zentralen Wert der Gleichbehandlung aufgegeben. Sollte der Europäischen Gerichtshof (EuGH) die deutsche Maut billigen, wäre laut Obwexer eine Entwicklung möglich, bei der sich Staaten Gesetze auf Kosten von EU-Ausländern zurechtschneidern könnten.

Das sei strukturell ein „größerer Spaltpilz“ für die Union als der Brexit, meint der Jurist. Ähnlich argumentiert der österreichische Verkehrsminister. Die EU habe sich davor gedrückt, Deutschland die Stirn zu bieten. Österreich gehe nun voran, sagte Leichtfried.

Deutsche zahlen allerdings auch Maut in Österreich – warum der Zorn? Aus Wiener Sicht spricht nichts grundsätzlich gegen die Einführung einer Maut. Österreich selbst verfahre so. Dass am Ende nur Ausländer zahlten, sei aber nicht akzeptabel, hatte Leichtfried in der Vergangenheit mehrfach betont. Er kämpfe auch für eine Europäische Union als Solidargemeinschaft.

Die Klage fällt in Österreich in die Schlussphase des Wahlkampfs. Am Sonntag wird gewählt. Etwa 1,8 Millionen Pendler wären in Österreich von der deutschen Maut betroffen. Viele Österreicher nutzen täglich die deutsche Autobahn als schnellste Verbindung zwischen den Großräumen Innsbruck und Salzburg. Eine durchgehende innerösterreichische Autobahnverbindung zwischen Salzburg und Tirol gibt es nicht.

Hintergrund: Deshalb rebelliert Österreich gegen die Pkw-Maut

Niederlande wollen mitklagen, Tschechien nicht

Verfahren vor dem EuGH dauern im Schnitt eineinhalb Jahre. Auch die Niederlande und Tschechien haben großen Unmut über die deutschen Maut-Pläne geäußert. Tschechien will sich der Klage nicht anschließen. Das sagte ein Sprecher des Verkehrsministeriums in Prag am Donnerstag. Der tschechische Ministerpräsident Bohuslav Sobotka hatte die deutsche Mautregelung als „nicht ganz fair“ kritisiert.

Die Niederlande wollen sich der von Österreich angekündigten Klage gegen die Pkw-Maut in Deutschland anschließen. Das teilte eine Sprecherin des Verkehrsministeriums am Donnerstag in Den Haag mit. Die Niederlande würden zunächst die rechtliche Begründung der Österreicher abwarten. Einen endgültigen Beschluss über eine Beteiligung an einer Klage vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) muss die neue niederländische Regierung treffen. Die wird voraussichtlich erst Ende Oktober vereidigt.

Ende März hatte der Bundesrat trotz großer Kritik die umstrittene Pkw-Maut auf deutschen Autobahnen und Bundesstraßen durchgewunken. Beschlossen war die Maut seit 2015. Da Brüssel kurz darauf ein Verfahren wegen der Verletzung von EU-Recht gegen Deutschland eröffnete, wurden die Gesetze bisher nicht umgesetzt.

Die EU ließ ihre Einwände fallen, nachdem Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) das Modell an einigen Stellen geändert hatte. So werden mehr Kurzzeit-Tarife für Fahrer aus dem Ausland angeboten. Die Maut gilt als Prestigeprojekt der CSU. Dobrindt, der laut Leichtfried im Vorfeld über die Klage aus Wien informiert wurde, wies Vorwürfe Österreichs mehrfach als "Ösi-Maut-Maulerei" zurück.

Regierung: Maut rechtmäßig und gerecht

In der nächsten Regierung wird Dobrindt wohl nicht mehr Verkehrsminister sein. Das Thema Maut könnte bei den anstehenden Koalitionsverhandlungen erneut zu einem Streitpunkt werden. Alle im Bundestag vertretenen Parteien außer der CDU/CSU wollen die Einführung stoppen. Die SPD fordert angesichts der Klage Österreichs einen Stopp weiterer Vorbereitungen: "Die Gefahr ist zu groß, dass ansonsten Millionen Steuergelder verbrannt werden", sagte SPD-Fraktionsvize Sören Bartol am Donnerstag.

Das (noch von Dobrindt geführte) Bundesverkehrsministerium sieht die Pkw-Maut weiter als rechtmäßig an. Die EU-Kommission habe bereits vor Monaten grünes Licht gegeben und ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingestellt, sagte ein Ministeriumssprecher am Donnerstag in Berlin. "Die Ausschreibungen für das Mautsystem laufen. Die Maut kommt." Nach dem Prinzip "Wer nutzt, der zahlt - und keiner zahlt doppelt" werde Gerechtigkeit auf deutschen Straßen geschaffen. "Daran ändert auch die Klage der österreichischen Regierung nichts."

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Quelle: m. Material v. dpa

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