Albrecht ist DKW-Fahrer aus Passion: Er gehört zur Generation, die noch die aktive Zeit der Zweitakter aus Ingolstadt miterlebt haben. Schon damals mochte er die Fahrzeuge der Auto Union, fuhr einige davon im Laufe der Jahre. Manche waren schließlich total verschlissen, einige hat er verkauft, andere behalten. Das Prachtstück seiner kleinen Sammlung: Ein DKW F 12 Roadster, selbst restauriert. Sechs Jahre Arbeit stecken da drin!“ gibt der Mann aus Unna stolz zu Protokoll. Das Ergebnis zeigt, wie hart er in diesen sechs Jahren an dem Cabriolet gearbeitet hat: Mit Ruhe und Sorgfalt, bestrebt, ein makelloses Fahrzeug sein Eigen zu nennen. Dabei war der offene F 12 alles andere als makellos, als Albrecht ihn aus dem Bergischen Land zu sich ins östliche Westfalen holte: „Den haben im Raum Remscheid ein paar junge Burschen in den Fingern gehabt, die hatten überhaupt keine Ahnung – nicht vom Restaurieren, und von der Seltenheit des F 12 Roadsters sowieso nicht!“ Im Zuge ihrer „Erhaltungsmaßnahmen“ haben die jugendlichen Heißsporne der Substanz des Wagens mehr geschadet als genutzt: „Unter anderem haben sie die eigentlich erhaltenswerte Frontmaske mit der Flex zerschnitten, um den Motor leichter ausbauen zu können“, führt Albrecht, Kopf schüttelnd über so viel Unverstand, ein abschreckendes Beispiel an. Es ist dabei wohlgemerkt die Rede von einem knapp einlitrigen Dreizylinder-Zweitaktaggregat, das zwei Mann mit einem Balken und ein paar Gurten problemlos aus dem Motorraum heben können. „In meinen besten Zeiten hätte ich das zur Not allein geschafft“, grinst der Westfale, der in seiner Statur nicht wirklich an Herkules erinnert. Dass der DKW F 12 in seiner offensten Ausführung schon immer ein Exot war, lag gewiss nicht an seinem Konzept. Als er auf der Frankfurter IAA im Herbst 1963 vorgestellt wurde, sahen die Besucher einen DKW F 12, dem man auf elegante Weise das Blechdach amputiert und es durch ein von Baur in Stuttgart entworfenes Stoffverdeck ersetzt hatte, mit dem der 45 PS starke Zweitürer auch in geschlossenem Zustand eine gute Figur machte. Der Kofferraum verdiente nach wie vor diese Bezeichnung, denn der Verdeckkasten verminderte zu Lasten der Passagiere die Anzahl der Rücksitze von zwei auf einen. Insgesamt wirkt der trotz Kurbelscheiben und gefüttertem Verdeck analog zum offenen 1000 Sp als „Roadster“ bezeichnete F 12 so harmonisch in seiner Linienführung, als sei die Cabriovariante von Anfang an geplant gewesen. Die technische Umsetzung machte auch keine Schwierigkeiten, denn der F 12 verfügte – als letzte DKW-Konstruktion – über einen stabilen Rahmen. Dieser Umstand machte die Restauration seines Exemplars auch für Albrecht angenehmer, konnte er doch die Karosserie abheben und separat auf Vordermann bringen. Dabei ging der Westfale gründlich zu Werke, sanierte nacheinander alle vom Rost angegriffenen Blechpartien, von der Eingangs erwähnten Frontmaske über die Schweller und die stark kariösen Türböden bis hin zu den Radläufen und Endspitzen. Die Technik hingegen ist beim Zweitakter eher simpel gestrickt – der Motor verfügt lediglich über sieben bewegliche Teile. Auch der Frontantrieb gab sich aus Sicht des Sanierers anspruchslos. In erster Linie waren neue Gummiteile fällig, zum Beispiel verlangten die versprödeten Manschetten der Antriebswellen nach Ersatz. Die innen liegenden Scheiben der vorderen Bremsen hingegen dürften immer noch die ersten sein – und damit Baujahr 1964. In diesem Jahr, dem letzten unter Mercedes-Ägide bei der Auto Union, begann im Sommer die Serienfertigung des Cabrios, und bis zum Jahresende wurden die meisten der insgesamt knapp 2.800 Exemplare des F 12 Roadsters gebaut. Kurz vor Jahreswechsel übernahm Volkswagen die Regentschaft in Ingolstadt, und eine der ersten Amtshandlungen des VW-Häuptlings Heinrich Nordhoff nach der Übernahme war es, den F 12 Roadster im Rahmen einer Programmstraffung bei der Auto Union (die bald darauf den klassischen Markennamen Audi führen sollte) von der Produktliste zu streichen. Albrecht, der noch einen DKW Junior besitzt und dessen Frau einen F 11 pilotiert, freut sich in jedem Sommer an seinem wieder erstandenen Cabrio, das auch ein bisschen was von VW hat: Der blaue Lack stammt aus der zeitgenössischen Käfer-Farbpalette, eines der wenigen Details, wo Albrechts persönlicher Geschmack vor Originalität ging. von Michael Grote
Quelle: Carsablanca |
verfasst am 12.10.2009
Carsablanca