Westberliner Mief und mitunter astronomische Preise, dazu ein David-Bowie-Mini: Die Messe Motorworld Classics ist nicht die größte Oldtimer-Messe, aber eine charmante.
Von Carl Christian Jancke Berlin - Mehr Autohistorie geht kaum: In den Messehallen am Berliner Funkturm fanden schon in den zwanziger Jahren Automessen statt. Die Aussteller der Oldtimer-Messe Motorworld Classics bemühen sich fast 100 Jahre später um eine angemessene Atmosphäre: Hostessen tragen klassische, knallrote Kostüme; Herren Schiebermütze. Die Laufleistung dürfte der des verdreckten Mexiko-Käfers ein Stück weiter ähneln - Marke "Scheunenfund". Nur 26 Kilometer zeigt der Tacho. Mehr werden es kaum werden. Jeder gefahrene Kilometer würde den Wert des VW um ein paar Hundert Euro senken, weshalb der rund 35.000 Euro teure Wagen wohl vom holländischen Händler direkt in einen Showroom transportiert wird. Schon als wir über die Absperrung klettern wollen, um den Tacho zu fotografieren, setzt es einen Ordnungsruf. Danke, Teleobjektiv. Als Ford bei der Mille Miglia gewannBeeindruckend ist das Engagement des PS.Speichers, eines privaten Mobilitätsmuseums aus Einbeck, das im Jahr immerhin 100.000 Besucher zählt. Am Stand ist ein Mille Miglia-Sieger zu bewundern: von Ford. Ja, ab 1957 konnte Köln für den “neuen 15 m de Luxe” mit 1,5 Liter-Vierzylinder Motor, 55 PS und 128 km/h Highspeed mit einem Klassensieg werben. Eine kleine Sonderschau kaschiert, dass die Zahl von 221 Ausstellern bei der zweiten Motorworld Classics noch steigerungsfähig ist. Sie widmet sich dem Automobilproduktionsstandort Berlin, der bis zum zweiten Weltkrieg sehr lebhaft war. Hier gibt es einen BOB Sport mit einem Siemens(!)-Benzin-Motor, oder einen Hanomag 1,3, der aufgrund seines soliden Blechdachs im Volksmund den Beinamen “Stahlhelm” bekam. Ein Kauf wird teuerBei der Motorworld Classics hingegen handelt es sich eigentlich um eine Verkaufsmesse. Und hier ist ein wenig Monotonie zu bedauern. Denn kaufen kann man fast ausschließlich Fabrikate der Marken Mercedes Benz und Porsche. Und das für Preise, die gepfeffert sind. Bei Mercedes-Benz Classic ist ein sehr schönes 280 SE 3.5 Cabrio zu sehen. Aufgerufen werden deutlich mehr als 400.000 Euro. Daneben steht eine 280 SL Pagode, der eine Werksrestauration durchlaufen hat. Macht 330.000 Euro. Da freut man sich förmlich über einen nicht ganz originalen Maserati Ghibli Spider. Ein wunderschönes Auto, dessen Namen heute eine Diesel-Limousine mit Großserientechnik "missbrauchen" darf. Ist der umsonst?Ärgerlich bleibt eigentlich nur die Unsitte, Autos auf einer Verkaufsmesse teilweise nicht mehr mit Preisen auszuzeichnen. Was soll das? Nicht nur Kenner können sich ausrechnen, dass ein vergilbter Porsche 356 Spyder eher 500.000 Euro als 50.000 kosten wird - wahrscheinlich noch weitaus mehr. Wohlhabende Menschen, die sich entschließen, mit viel Kleingeld ein solches Stück zu erwerben, sind selbstbewusst genug, die Neider zu ertragen. Und für die Allgemeinheit wäre der Preis ein sehr interessanter Fakt. Ansonsten kann man sich über das Niveau der Motorworld Classics nur freuen, die bis Sonntag um 18.00 ihre Tore geöffnet hat. Danach wird es jedenfalls sinken, das Niveau: nächstes Wochenende zieht hier die Sex- und Pornomesse Venus ein. |
