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Oldtimer als Kapitalanlage

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Haben wir es nicht zu oft gehört: Garantierte Renditen, sichere Anlagen, steuerliche Begünstigungen? Das ist das Vokabular der Finanzindustrie aus den vergangenen sechs Jahren. Wir alle wissen heute, was aus den optimistischen Verheißungen wurde: Wertverfall im Jahrhundertformat, Betrüger wie Madoff und die Lehman-Pleite. Die Enttäuschung sitzt tief beim deutschen Anleger.

Was uns die Finanzindustrie über ihre eigenen Produkte weismachte, ist aber für viele von uns näher als wir denken: Unser geliebtes Autoschätzchen in der Garage erfüllt womöglich viele dieser Versprechungen tatsächlich!

Steuern

Des Deutschen liebstes Thema bei der Geldanlage sind die Steuern. Steuerfreiheit ist das Verkaufsargument Nummer 1 für jede noch so fragwürdige, provisionsbeladene Investition. Komplizierte Gutachten sind dafür notwendig, nicht selten werden die Argumente dann vom Finanzamt doch nicht anerkannt. Anders bei unseren Oldies, was jeden Produktentwickler einer Bank vor Neid erblassen lässt: Oldtimer gelten auch vor dem Fiskus als Liebhaberobjekte. Das bedeutet, dass Gewinne aus dem Verkauf eines Oldtimers steuerfrei sind! Genug nun mit der elenden Steuerdiskussion. Schauen wir uns die blecherne Anlage sachlich an. Bei Kapitalanlagen besonders zu beachten:

Rendite, Risiko und Kosten

Rendite

Bei der Rendite ist die Welt in unserer Garage in Ordnung – die Finanzkrise bleibt draußen. Denn die Wertsteigerung von Oldtimern scheint in den vergangenen zwanzig Jahren immer nur in eine Richtung gegangen zu sein: Nach oben. Nicht alle Oldies waren dabei gleich erfolgreich, und viele hochgejubelte Autos wie etwa Ferraris erwiesen sich als Preisblase. Aber eine Analyse der Preise gängiger Oldtimer aus dem mittleren Preissegment von 10.000 EUR bis 100.000 EUR (heutiger Wert) zeigt, dass selbst die Krise des Jahres 2000 sich in der stetigen Preisentwicklung als eine kleine Delle bemerkbar macht. Angesichts dieser Entwicklung könnten alte Autos also eine sichere Anlage darstellen und damit etwas, was viele von uns in der gegenwärtigen Krise herbeisehnen.

Die Wertsteigerung ist dennoch kein neues Phänomen. Kleines Beispiel: In einer Anzeige aus der „auto, motor und sport“ vom Januar 1968 gibt es in der damals noch schmalen „Veteranen“-Rubrik ein gutes, 30 Jahre altes BMW 328 Cabriolet mit eineinhalb Jahren TÜV für 7.500,- D-Mark! Heute steht diese Preziose mit über 160.000,- EUR in den Listen. Das entspricht einer Rendite von über 4.000 Prozent! Mit einer Nominalverzinsung von 4 Prozent wären aus dem gleichen Betrag in der gleichen Zeitspanne gerade mal 19.000,- EUR geworden.

Warum hat mein Herr Vater nur den schönen BMW nicht gekauft? Das Geld hätte er vielleicht gehabt. Aber da wären wir schon bei der nächsten Frage: Welche Kriterien gibt es denn für künftige Wertsteigerungen? Am Einfachsten ist immer, vergangenheitsbezogene Daten zu konsultieren. Da fällt vor allem auf, dass die offene Karosserievariante deutlich stärker im Preis gestiegen ist als das Coupé oder die Limousine (siehe Grafik). Dies hängt sicherlich mit Nutzwert und Prestige zusammen. Bei einigen Autos war sogar das Coupé einst teurer, wie beim Fiat Dino – heute ist es genau umgekehrt.

Aber warum erfährt der Typ1-VW-Bus eine irrationale Preissteigerung, warum sind Autos wie ein Iso Grifo oder US-Muscle-Cars preislich derart in die Höhe geschnellt? Oder warum ist ein altes VW Käfer Cabriolet teurer als ein Rolls-Royce Silver Shadow??

Viel wichtiger jedoch noch die Frage: Wenn doch die Preissteigerung so enorm war, gibt es noch ausreichend Potential für eine zukünftige Rendite? Soll ich heute noch investieren? Dies alles sind Fragen, denen wir in künftigen Beiträgen auf den Grund gehen werden. Risiko

Jedes Investment birgt Risiken. Der professionelle Anlagenmanager unterscheidet die Risiken nach ihrer Ursache. In Frage kommen Marktschwankungen, ein Mangel an Liquidität kann die Preise verderben, neue Regelungen des Staates, Risiken bei der Auswahl der Art des Investments oder auch Oldie-spezifische Risiken.

Als Oldtimer-Investoren können wir uns diesen Risiken nicht entziehen. Der Oldie-Markt war zwar in der Vergangenheit krisenfest – niemand kann das aber für die Zukunft voraussagen. Staatliche Regelungen könnten uns auch gründlich den Spaß und damit die Preise verderben, die Diskussion um die Umweltzonen hat schon für reichlich Verunsicherung gesorgt. Oder man denke an Risiken aus dem Betrieb eines alten Fahrzeugs wie etwa Motorschäden an sehr teuren Exemplaren.

Risiken kann man unter Umständen versichern. Die Wahrscheinlichkeit ist aber hoch, dass der Preis die Renditemöglichkeiten bei weitem übersteigt. Daher bleibt nur die Möglichkeit, die Risiken zu minimieren und zu kontrollieren. Das geschieht durch Fachwissen, ausreichend Vorsicht und gesunden Menschenverstand.

Kosten

Nirgends lügen sich Auto-Besitzer so sehr in die Tasche wie bei den Kosten, das gilt schon für das Alltagsauto. Unser Oldie bedarf im Vergleich überdurchschnittlicher Pflege, und viele Ersatz- und Verschleißteile sind inzwischen teuer geworden. Reines Herumstehen macht die Oldies auch nicht besser, sondern erfordert entsprechende Investitionen. Zudem steht der Oldie meist nicht auf dem kostenfreien Laternenplatz, sondern konsumiert monatlich rund 6 Quadratmeter (in Ballungsräumen besonders teuren) Raums. Sodann addieren wir noch die Versicherung, die auch ohne Kennzeichen sinnvoll ist. Ganz zu schweigen von Kosten für notwendige Restaurationen oder Motorüberholungen.

Vorläufiges Fazit

Oldtimerinvestoren befinden sich also permanent im Zwiespalt zwischen Finanzen und Hobby. Wer welchem Aspekt wieviel beimisst, mit welchen Zeithorizonten die Besitzer rechnen oder welche finanziellen Entbehrungen in Kauf genommen werden, muss jeder Fahrer oder Sammler für sich selbst entscheiden. Bei Carsablanca gibt es künftig für beide Leidenschaften Material!

von Jan Altmann

 

Quelle: Carsablanca

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