Eisenach – 1991 war ein Jahr voller Zukunftsangst für Zehntausende Beschäftigte in der ostdeutschen Autoindustrie. Im ersten Jahr nach der deutschen Einheit rollten der letzte Trabant in Zwickau und der letzte Wartburg in Eisenach vom Band. Kaum jemand wollte die "Rennpappe" oder den ähnlich veralteten DDR-Mittelklassewagen noch kaufen.
Die beiden traditionsreichen Automobilbaustandorte in Sachsen und Thüringen bangten um ihre Zukunft. Doch es gab Hoffnung: Am 7. Februar vor 25 Jahren legte Opel den Grundstein für das Autowerk in Eisenach. VW kaufte sich dagegen in Sachsen ein.
Die Investitionsentscheidungen der beiden West-Konzerne fielen kurz nach dem Mauerfall. Es ging um sehr viel Geld, zusätzliche Kapazitäten und neue Märkte – aber es menschelte auch. Opelaner erzählen noch heute, dass der gute Draht des damaligen Chefs des volkseigenen Automobilwerks Eisenach (AWE), Wolfram Liedtke, zum damligen Opel-Chef Louis Hughes wesentlich dazu beigetragen hat, dass GM in Eisenach investierte.
Nach Opel-Angaben wurden seitdem insgesamt 1,2 Milliarden Euro in das Thüringer Werk gesteckt, in dem die Kleinwagen Corsa und Adam gebaut werden. Nach 400 Neueinstellungen 2015 arbeiten dort derzeit 1.800 Menschen im Drei-Schicht-Betrieb.
Verladebahnhof des Opelwerks Eisenach, Foto von 1994 Quelle: dpa/Picture Alliance
65.000 Jobs zwischen Ostsee und Erzgebirge
"Für viele war Opel ein Hoffnungsschimmer", erinnert sich der ehemalige Eisenacher Opel-Betriebsratschef Harald Lieske, der wie viele seiner Kollegen aus dem AWE kam. "Und Opel war die Initialzündung. Um Eisenach haben sich nur Unternehmen angesiedelt, die mit Autos oder Kfz-Technik zu tun haben."
Nach dem Wende-Crash halbierte sich die Zahl der Beschäftigten in der Ost- Autoindustrie bis 1996 auf 22.000. Heute gilt die Branche als wichtige Stütze der ostdeutschen Wirtschaft. "Sowohl in Bezug auf Umsatz als auch auf Beschäftigung ist die Automobil- und Zulieferindustrie eine der bedeutendsten Branchen in Thüringen", sagt Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee (SPD).
Nach Zahlen des Verbands der Automobilindustrie (VDA) beschäftigen die Autofirmen, aber vor allem die vielen Zulieferer inzwischen mehr als 65.000 Menschen zwischen Ostseeküste und Erzgebirge. Fast jeder zehnte Beschäftigte in der Industrie arbeite in der Branche. Etwa 13 Prozent aller in Deutschland hergestellten Pkw werden laut VDA in den neuen Ländern gebaut. 2014 - neuere Zahlen liegen noch nicht vor - sei der Umsatz der Ost-Automobilindustrie um zehn Prozent auf mehr als 23 Milliarden Euro gestiegen.
BMW, Porsche und Daimler folgten
Im Sachsenring-Werk verließ am 30. April 1991 der letzte Trabant die Werkshalle Quelle: dpa/Picture Alliance
"Im vergangenen Jahr liefen rund eine dreiviertel Million Neuwagen in ostdeutschen Werken vom Band. Diese Entwicklung war nach der Wende weder vorgezeichnet noch zu erwarten", sagt VDA-Präsident Matthias Wissmann.
Neben Opel in Eisenach und VW in Zwickau und Chemnitz gibt es heute Werke von BMW und Porsche in Leipzig, eine "Gläserne Manufaktur" von VW in Dresden sowie große Motorenwerke wie das von Daimler im thüringischen Kölleda. "Diese jungen Standorte - die gleichzeitig auf eine zum Teil jahrzehntealte automobile Tradition zurückblicken können - zählen zu den modernsten Produktionsstätten, auch im internationalen Vergleich", sagt Wissmann.
Allerdings war der Weg oft holprig. Auch dafür ist Opel ein Beleg. Jahrelang war das 1992 eröffnete Thüringer Werk eine reine Corsa-Fabrik und musste sich die Produktion des Kleinwagens mit dem Werk im spanischen Saragossa teilen. Mit dem Corsa-Absatz schwankte die Auslastung, eine Hängepartie mit Kurzarbeit folgte der nächsten. Auch 2015 gab es Kurzarbeit – 116.000 Corsa und Adam wurden gebaut. In diesem Jahr sei die Auslastung gut, heißt es in der Opel-Zentrale in Rüsselsheim.