Best of 2014: Normalerweise testen wir Autos, diesmal testen wir Spielzeug: Mit dem Razor Crazy Cart driften wir durch unsere Tiefgarage und zurück in die Kindheit.
Berlin – Im Freundeskreis kleiner Jungs gibt es immer einen, der zwar als uncool gilt, aber besonders cooles Spielzeug besitzt. Anfang der 90er war das eines dieser selbstfahrenden elektrischen Spielzeugautos. Polizeiauto, Feuerwehr, Baufahrzeug. Wie die Dinger aussahen, war völlig egal. Sie bestanden aus billigem, hartem Plastik, waren langsam und sauteuer. Zumindest behaupteten Letzteres die eigenen Eltern. Außerdem war der Akku immer ruckzuck leer. Dennoch: Nur um einmal damit zu fahren, ging man auch den uncoolen Jungen besuchen. Kinder können grausam sein. Das ist lange her. Heute rennt cooles Spielzeug für (un)coole Kids bis zu 19 km/h schnell und fährt mit einer Handbewegung quer wie Ken Block in seinen Drift-Videos. Das verspricht zumindest Razor, der Hersteller des Crazy Cart, einem Elektrokart für Kinder. Das ist weit weg von den Spielzeugautos der Neunziger: mit einem Stahlrohrrahmen, einem Plastiksitz und einem kleinen Wimpel an einer wackligen Stange. Das Crazy Cart funktioniert auch für (gelenkige) ErwachseneDer Hersteller sagt, dass dieses Gerät nur für „Kinder“ mit einem Gewicht von maximal 63 Kilogramm und einem Alter von mindestens neun Jahren geeignet ist. Eigentlich. Denn in unserem Test funktioniert das Crazy Cart auch mit ein paar Kilo mehr prima (na gut, es sind 17 Extra-Kilo). Einzige Schwierigkeit, sofern die eigene Körpergröße mehr als 1,20 Meter beträgt: der Fahrer sollte so gelenkig sein, dass er die Knie in Ohrnähe bekommt. Einmal auf dem Crazy Cart verkeilt, fühlen sich 19 km/h deutlich schneller an als gedacht. Das kleine Lenkrad wirkt direkt auf das Antriebsrad, das sich unter einer Kuppel zwischen den Beinen des Fahrers verbirgt. Eine kleine Bewegung, und das Crazy Cart schlägt einen Haken, ob der Fahrer will oder nicht. Beim übermütigen ersten Durchstarten ist das durchaus gefährlich. Mit ein bisschen Übung aber der Garant für präzise Fahrmanöver. Und für ein Fahrgefühl, das jedem, der auch nur ein bisschen Kind geblieben ist, ein Grinsen aufs Gesicht zaubert. Achtung vor dem Drift-HebelNach wenigen Minuten wirbelt man bereits gekonnt um Hindernisse und die eigene Achse. Das „Gas“ lässt sich präzise dosieren, obwohl der kleine Plastikschalter billig wirkt. Eine Bremse gibt es nicht. Zum Stoppen muss man das Lenkrad um 180 Grad herumreissen. Bereits mit der Steuerung per Lenkrad gelingen flotte Manöver und kleinere Drifts. Doch zu etwas Besonderem macht das kleine Kart erst der Hebel rechts vom Plastikschemel des Fahrers. Mit einem Zug dreht das Crazy Cart völlig durch. Die kleinen Rollen am Heck können sich nun um die eigene Achse drehen, das Heck bricht aus. Beim ersten Versuch verliert der Fahrer unweigerlich die Kontrolle, rotiert um die eigene Achse und stemmt vor Angst die Füße auf den Boden. Die Plastikpoller am vorderen Rand des Karts wirken nicht besonders vertrauenserweckend. Dabei schützen sie zuverlässig vorm Umkippen. Suchtfaktor und lange LadezeitenErst mit etwas Übung, dem richtigen Einschlag des Vorderrads und genauer Dosierung am Drift-Hebel gelingen präzise Querfahrten. Dann fährt das Spielzeug wie die Autos in unseren Träumen. Und spätestens jetzt will man das Crazy Cart nicht mehr hergeben. Den Fotografen auch mal fahren lassen? Nö. Man entwickelt sich zurück zu dem fiesen kleinen Jungen, der seine Kumpels nicht fahren lässt. Auch Erwachsene können grausam sein. Doch auch, wenn das Mehrgewicht des Testers die angegebene Fahrzeit von 40 Minuten nur leicht vermindert (auf ca. 30 Minuten): Am Ende bleibt beim Crazy Cart vieles wie früher. Egal, wie lang das Kart durchhält. Der Saft wäre immer zu schnell alle. Und dann fragt man sich, was man mit dem Rest dieses langweiligen Tages anfangen soll. Denn die Ladezeit beträgt laut Hersteller bis zu 12 Stunden. Fazit: Quengelware war auch mal billigerIst das nun ein Spielzeug für große Kinder oder kleine Erwachsene? Da scheint sich Razor selbst nicht so sicher zu sein. In den ersten Promovideos driftete der Erfinder Ali Kermani persönlich durch Lagerhallen und über Parkplätze. Der Mann ist zwar dünn, aber mehr als 63 Kilo dürfte auch er wiegen. Gefühlt war der Einschlag auf den Autoseiten im Internet größer als beim Kindergarten um die Ecke. Viele Eltern dürfte das freuen: Abgesehen davon, dass das Spielzeug nichts für die Straße vor dem Haus ist, kostet es auch viel Geld. Der Hersteller empfiehlt einen Preis von 549,00 Euro. Im Internet findet man das Kart auch günstiger. Interessierte Erwachsene dürfen sich aber vor allem darüber freuen: Razor plant bereits eine XL-Variante. Technische Daten – Razor Crazy Cart
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