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Rave on: 20 Jahre „Golden Oldies“

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I’m walking, yes indeed...“ dröhnt es von der Bühne auf dem Marktplatz von Krofdorf-Gleiberg. Und die zahlreichen Besucher, die an diesem ersten August-Wochenende in den Ortsteil der Gemeinde Wettenberg geströmt sind, nehmen den Song, den Fats Domino bekannt machte, wörtlich: Wer alles sehen will, was an diesem Wochenende in der hessischen Gemeinde geboten wird, sollte gut zu Fuß sein.

Seit 20 Jahren wird die Ortschaft in der Nähe von Giessen einmal jährlich zum Mekka für jene, die Dr. Motte für ein Insektenspray halten und einen Smart höchstens als Beiboot in den Kofferraum ihres Cadillac Fleetwood packen würden. Mitten im Sommer findet dort, unterhalb der sehenswerten Burg Gleiberg, unter dem Titel „Golden Oldies“ ein Festival statt, dass weit über Hessens Grenzen hinaus als „Deutschlands schönste Oldiefete“ bekannt ist. Dort spielen während der drei Tage dauernden Veranstaltung 50 Bands auf neun Bühnen Musik aus längst vergangenen Jahrzehnten. Außerdem präsentieren Händler und Sammler aus halb Europa auf rund 100 Ständen alle möglichen Relikte aus der Zeit des vielbesungenen Wirtschaftswunders. Der Markt quillt nur so über von Stoffballen im Design der Fifties oder Kleidern mit Punktmuster und Platz für viele Petticoats drunter. Woanders gibt es altes Blechspielzeug, Barbies mit geschraubten Gelenken oder Kofferradios mit Kunstlederbespannung im Schlangen-Look über dem Sperrholzgehäuse. Des weiteren werden Möbel und Accessoires angeboten, vom Cocktailsessel über die Stehlampe mit Tütenschirm bis zum berüchtigten Nierentisch. In der Mehrzweckhalle des Ortes, einem ehemaligen Kino aus der Wirtschaftswunderzeit, stellt das Rockmuseum von Maria und Wolfgang Thomas einen Querschnitt ihrer Sammlung aus.

Die Hauptattraktion aber sind die Oldtimer, die entlang der eigens gesperrten Hauptstrasse aufgestellt sind. Dabei ziehen die amerikanischen Straßenkreuzer erfahrungsgemäß die meiste Aufmerksamkeit auf sich, aber auch ein gut gepflegter Brezelkäfer, einSimca 9 Coupé, ein Auto Union 1000 Sp Roadster („poor man’s Thunderbird“) oder ein original erhaltener Fiat 500 mit Wohnwagen (!) sind dazu angetan, bewundernde Blicke einzufangen. Den schönsten rollenden Schätzchen ist ein Pokal sicher. Außerdem steht am Sonntag die Wahl zur „Miss Petticoat“ auf dem Programm.

Die „Golden Oldies“ sind eine in ihrer Art inzwischen des öfteren kopierte, aber nie erreichte Veranstaltung. Das betrifft nicht nur die Konzeption mit Oldtimern, stilechter Livemusik und Deutschlands größtem Nostalgiemarkt. Wo andernorts Veranstalter solcher Treffen mühsam bürokratische Hürden nehmen und jede Genehmigung einzeln von verschiedenen Stellen einholen müssen, läuft das in Wettenberg von jeher recht reibungslos. Kein Wunder, denn die Gemeinde unter ihrem Bürgermeister Gerhard Schmidt ist selbst Gastgeber und Veranstalter der „Golden Oldies“, was vieles in dieser Hinsicht einfacher macht.

Das Publikum, das sich in den zweieinhalb Tagen zwischen den chromblitzenden Schätzchen und den Ständen mit zeitgenössischen Accessoires hindurch schiebt, ist bunt gemischt. Davon sind nicht wenige Teilnehmer in einer Altersgruppe, der man zutraut, dass sie die hier im Mittelpunkt stehende Dekade wirklich bewusst miterlebt haben. Reifere Damen beweisen stolz, dass ihnen das Tanzkleid von vor 40 Jahren immer noch passt - und dass sie die zur Musik gehörenden Tanzschritte nicht verlernt haben, zeigen sie auf den Flächen vor den Freilichtbühnen.

Beate und Ralf Specht aus dem westfälischen Hamm kennen die „wilden 50er“ nur aus zweiter Hand, denn sie waren zu diesem Zeitpunkt noch nicht auf der Welt. Dennoch sind sie absolute Fans dieser Zeit – und der passenden Musik. So suchen sie auf dem zum Festival gehörenden Markt nach alten Platten aus der Rock ’n Roll Ära. „Das ist eben unsere Lieblingsmusik“, erklärt Beate, während sie ihren honigblonden Pferdeschwanz zurückwirft und Töchterchen Mary-Jane stilecht in einem 50 Jahre alten Sportwagen zurück zu ihrem Chevrolet Impala schiebt. Wie Beate, so tragen viele Besucher Mode aus den im großen und ganzen doch eher spießig als ausgeflippt anmutenden Fünfzigern. Nicht nur Petticoats finden sich dort, sondern auch für die Zeit typische Röhrenhosen und spitze Damenschuhe. Manches stammt aus Altbeständen, vieles ist aber auch nach alten Mustern nachgefertigt. Da wird dann auch nicht auf den Cent gesehen, denn, so Beate Specht: „Wir leben die 50ties!“

Die Gelegenheit bietet sich auch nächstes Jahr wieder in Wettenberg, vom 30. Juli bis zum 1. August.

Die Gelegenheit bietet sich auch nächstes Jahr wieder in Wettenberg, vom 30. Juli bis zum 1. August.

von Michael Grote

 

Quelle: Carsablanca

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