Schwere Vorwürfe gegen Renault: Laut der französischen Anti-Betrugsbehörde DGCCRF könnte der Hersteller bei Abgastests betrogen haben, möglicherweise schon seit 1990.
Paris – Das Dieselgate könnte in die nächste Runde gehen. Nach dem VW-Konzern, konkret die Marken VW Pkw, Audi, Skoda, Seat und VW Nutzfahrzeuge, steht nun der französische Autobauer Renault in der Kritik. Laut eines Berichts der Anti-Betrugsbehörde DGCCRF könnte der Hersteller bei Abgastests betrogen haben. Das berichten mehrere französische Medien übereinstimmend. Im Anschluss an den VW-Skandal veranlasste das französische Umweltministerium Tests an Fahrzeugen, die in Frankreich verkauft werden. Schon damals fiel auf: Unter anderem die Renault-Modelle Captur und Talisman stießen viel höhere Schadstoffe aus, wenn der Messzyklus minimal verändert wurde – zum Beispiel durch eine geöffnete Motorhaube. Ende Dezember übergab die DGCCRF der Staatsanwaltschaft den Abschlussbericht der Untersuchungen. Am 7. Januar 2017 durchsuchten Ermittler den Renault-Sitz in Boulogne-Billancourt und zwei Entwicklungszentren. Sie beschlagnahmten Kisten voll mit Dokumenten. Die französische Zeitung „Libération“ veröffentlichte nun Details aus des DGCCRF-Berichts. Renault-Gate: Hohe NOx-Werte im StraßenverkehrKonkrete Beweise für eine Abschalteinrichtung wie bei VW sind diesen Daten nicht zu entnehmen. Aber belastende Indizien: Im Straßenbetrieb sollen die Modelle Captur und Clio IV den erlaubten Stickoxid-Ausstoß um 377 bzw. 305 Prozent überschreiten. Einige Medien melden eine Überschreitung des CO2-Ausstoßes. Die „Libération“ führt aber die NOx-Emissionen auf. Die Modelle Kadjar und Talisman seien in geringerem Maße betroffen Die Ermittler kommentieren: Diese Überschreitungen lassen vermuten, die Motoren seien speziell auf die Zulassungsprüfung abgestimmt. Das unterstreiche eine E-Mail vom 25. November 2015 zwischen dem Leiter der Rechtsabteilung, der Kommunikationsdirektorin und dem PR-Chef: Die Abgasreinigung sei „auf der Straße schnell unwirksam“, aber funktioniere „während des Tests“. Die DGCCRF berichtet vom Betrug bei Abgastests seit mehr als sieben Jahren. Die französische Nachrichtenagentur AFP meldete ergänzend, dass gewisse Praktiken schon seit 1990 genutzt worden sein sollen. Diese Aussage stütze sich auf einen ehemaligen Mitarbeiter von Renault. Renault kennt die genauen Vorwürfe noch nichtRenault-Vizechef Thierry Bolloré sagte der AFP: „Alle Fahrzeuge wurden gemäß der geltenden Regeln zugelassen.“ Dieser Aussage widersprechen die Testergebnisse nicht – die Abweichungen wurden im Straßenverkehr und in modifizierten Testzyklen festgestellt. Auf Nachfrage von MOTOR-TALK sendete ein Sprecher ein Statement der Renault-Zentrale in Frankreich. Daraus geht hervor, dass Renault keine Angaben zu laufenden Ermittlungen machen kann. Die Daten seien vertraulich und der Hersteller habe noch kein Zugang zu den Vorwürfen. Renault werde jedoch bei der Aufklärung kooperieren.
Quelle: Mit Material von dpa |