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60 Jahre Mercedes-Benz 190 SL - Rosemaries Roadster

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Gina Lollobrigida, Grace Kelly und die Lebefrau Rosemarie Nitribitt hatten eines gemeinsam, einen Mercedes 190 SL. In diesem Jahr wird der schöne Vierzylinder-Roadster 60 Jahre.

Der Mercedes 190 SL ab 1956 Der Mercedes 190 SL ab 1956 Quelle: Mercedes-Benz

Köln – Bei seinem Debüt auf der New Yorker Motor Sports Show (1954) stand der 190 SL im Schatten des spektakulären Flügeltürers 300 SL. Deshalb organisierte Mercedes eine zweite Premierenparty für den Vierzylinder-Roadster, dieses Mal auf dem Genfer Salon. Der Plan ging auf und der sanfte Sonnencruiser wurde zum Publikumsliebling.

Von Anfang an war der 105 PS leistende 190 SL mit Pendelachs-Fahrwerk und Trommelbremsen auf gelassenes Gleiten statt angespanntes Racen ausgelegt. Damit einher ging das Gefühl burgähnlicher Stabilität. Immerhin war der SL mit dem Werkscode W 121 B II (zusammen mit dem Typ 220 a) das erste Stuttgarter Cabrio mit selbsttragender Karosserie.

Ein Auto für die Schönen und Reichen Ein Auto für die Schönen und Reichen Quelle: Mercedes-Benz Die optische Verwandtschaft zum extrascharfen Gullwing-Bruder war und ist trotz der technischen Differenzen nicht zu übersehen. Mit dieser Ähnlichkeit sollte der kleine SL diejenigen Kunden überzeugen, die von einem 300 SL träumen, aber nicht genug Geld haben. Der Plan ging auf. Zwischen 1954 und 1963 wurden rund 26.000 Einheiten 190 SL verkauft, fast die Hälfte davon in Nordamerika.

Frank Sinatra im 190 SL

Vor allem Frauen liebten den sanften Roadster. Davon zeugen Fotos mit den Leinwandstars der frühen Nachkriegsära wie Gina Lollobrigida und Grace Kelly. Die spätere Fürstin Gracia Patricia von Monaco chauffierte sogar die Pop-Ikone Frank Sinatra im 190 SL. Aber auch die Skandal-Schriftstellerin Francoise Sagan ließ sich nur zu gern am weißen Lenkrad ihres Roadsters ablichten.

Ein ganz besonders famoses Gespann bildeten die Edelprostituierte Rosemarie Nitribitt und ihr schwarzer 190 SL mit den roten Sitzen. Die aus armen Verhältnissen stammende Nitribitt ließ sich von diversen Männerbekanntschaften ihren teuren Lebensstil finanzieren und sorgte gemeinsam mit ihrem 1956 erstandenen Cabrio für jede Menge Aufsehen.

Immerhin war bereits der Erwerb des Cabrios überaus kostspielig: Die Preisliste für den SL startete bei 16.500 Mark, für das abnehmbare Coupé-Dach berechnete Mercedes nochmals 1.150 Mark zusätzlich. Der Mercedes 190 SL wurde vor 60 Jahren in New York vorgestellt Der Mercedes 190 SL wurde vor 60 Jahren in New York vorgestellt Quelle: Mercedes-Benz Zum Vergleich: Ein Mercedes 180 Limousine kostete nur die Hälfte und auch ein Porsche 356 Cabrio war deutlich billiger. Rosemarie Nitribitt bezahlte ihr Cabrio in bar und bewegte es gut 40.000 Kilometer, bis sie im November 1957 ermordet in ihrer Frankfurter Wohnung aufgefunden wurde.

Das Mädchen Rosemarie

Die bis heute ungeklärte Tat eskalierte zum großen Gesellschaftsskandal. Schließlich standen in Nitribitts Adressverzeichnis die Namen einiger Industriekapitäne. Als Ende 1958 der Kinofilm „Das Mädchen Rosemarie“ anlief, fuhr Hauptdarstellerin Nadja Tiller einen roten Roadster, während der schwarze Original-SL bereits eine Karriere als hochdotierter Gebrauchtwagen machte.

Entgegen vieler Spekulationen wurde die Produktionskurve des 190 SL von diesen Schlagzeilen nicht beeinflusst. Noch 1960, also schon im sechsten Verkaufsjahr, verfehlte der offene Mercedes mit 3.977 Einheiten das Allzeithoch aus dem ersten vollen Produktionsjahr gerade einmal um 55 Cabrios.

Vier Karosserieversionen

Den 190 SL gab es in vier Karosserieversionen, von denen allerdings nur drei in Serie gingen. Der erste in New York gezeigte Prototyp präsentierte sich noch mit flacher Frontscheibe, Lufthutze und Türen in Rennoptik. Allerdings ging diese Motorsportversion nicht in Serie.

Nach dem Sieg beim großen Preis von Macao 1956 verzichtete Mercedes allerdings endgültig auf eine weitere Motorsportkarriere des 190 SL. Und das, obwohl dieser als Erprobungsfahrzeug auch bei der Targa Florio 1955 von den Champions Stirling Moss und Peter Collins geradezu begeisterte Kritiken erhielt.

Mercedes-Werbung für den 190 SL Mercedes-Werbung für den 190 SL Quelle: Mercedes-Benz

Echtes Leder für die Coupés

In den Handel kam der SL in drei anderen Ausführungen: Als Roadster mit Stoffdach, als Coupé mit Stoffdach und abnehmbarem Hardtop und als Hardtop-Coupé ohne Stoffdach – so wie es eigentlich nur Amerikaner liebten. Während der Roadster über Kunstledersitze verfügte, kennzeichnete die Coupés eine serienmäßige Echt-Lederausstattung.

Aufgebaut wurde die Karosserie des 190 SL auf dem um 25 Zentimeter verkürzten Chassis der Pontonlimousine 180, das zunächst für ein jedoch nicht verwirklichtes kleines 180 Cabriolet vorgesehen war. Aus dem größeren Sechzylindermodell 220a stammte die neuartige Eingelenk-Pendelachse, diese erhielten die kleineren 180 und 190 Limousinen erst etwas später.

Dagegen ähnelte der 1,9-Liter-Vierzylinder konstruktiv dem Sechszylinder aus dem 300 SL, musste aber auf eine Einspritzanlage verzichten. Tatsächlich wurde das Projekt Einspritzer für den 190 SL noch über Jahre weiterverfolgt, ebenso wie die Erprobung eines 220 SL mit 130 PS starker 2,2-Liter-Sechszylindermaschine. Sogar der Benzin-Direkteinspritzer aus dem 300 SL wurde in den 190 SL implantiert und bei einer Alpenfahrt erfolgreich erprobt. Nur auf Schotterstraßen habe der kleine SL Probleme die Kraft der 215 PS auf die Piste zu bringen, konstatierten damals die verantwortlichen Mercedes-Ingenieure.

Unkultivierter Motorlauf

Während die zeitgenössische Fachpresse die Überlegenheit der vorderen Einzelradaufhängung und der hinteren Pendelachse gegenüber britischen Sportwagen mit Starrachse bis zuletzt immer wieder lobte, wurde der unkultivierte Motorlauf heftig kritisiert. Schon bei niedrigen Drehzahlen sei der Sound Der Mercedes Benz 190 SL mit seinen Chefkonstrukteuren Der Mercedes Benz 190 SL mit seinen Chefkonstrukteuren Quelle: Mercedes-Benz so aufdringlich, dass er störe oder gar peinlich sei, konstatierten Tester. Doch das beeinflusste die Popularität des Mercedes nicht.

Viel wichtiger war den 190-SL-Fahrern die bereits zur Bauzeit legendäre Zuverlässigkeit des geräumigen „Tourensportwagens“. Und die zeitlose Eleganz. Die von den Mercedes-Mitarbeitern Walter Häcker und Hermann Ahrens gezeichneten Formen sorgten dafür, dass die Baureihe W 121 noch über ihre Produktionszeit hinaus ein überaus beliebtes Requisit für Filmproduktionen und Modejournale blieb.

Heute ist der Roadster ein begehrter Klassiker mit dem Chrom-Charme der Golden Fifties. Daran konnte sein Nachfolger, der 1963 lancierte Nachfolger 230 SL, mit seiner für die 60er Jahre typischen Funktionalität nicht anknüpfen.

Chronik:

1954: Weltpremiere des 190 SL im Februar in New York auf der International Motor Sports Show. Die finale Typenbezeichnung wurde erst wenige Tage vor der Enthüllung festgelegt. Während der Entwicklung galt die Bezeichnung 180 SL. Der in New York gezeigte 190 SL galt als Wettbewerbsversion mit niedriger Frontscheibe, Lufthutze und tief ausgeschnittenen Türen. Das Design des 190 SL entwarfen die Mercedes-Mitarbeiter Walter Häcker und Hermann Ahrens. Ursprünglich war der November als Monat des Produktionsstarts vorgesehen. Schon im Sommer warben erste Verkaufsbroschüren für dem neuen SL

1955: Premiere der Serienversion auf dem Genfer Automobilsalon. Bereits am 2. Januar trafen zwei 190 SL Showcars beim amerikanischen Importeur Max Hoffman ein, der diese in New York und Los Angeles präsentierte. Start der Serienproduktion im Mai

1956: Das Hardtop wird ab Februar aus Stahlblech statt aus Aluminium gefertigt. Ab Mai gab es eine Zeituhr im Handschuhfachdeckel, Bremskraftverstärker und weitere Modellpflegemaßnahmen. Bei Testfahrten in den Alpen bewähren sich Versuchsträger des 190 SL mit 2,2-Liter-Sechszylinder-Benziner und mit der 3,0-Liter-Maschine aus dem 300 SL. Douglas Steane gewinnt im November das Rennen im Großen Preis von Macao

1957: Die ursprünglich für September vorgesehene Freigabe des 220 SL mit 130 PS leistendem Sechszylinder-Motor wird wieder und wieder verschoben, bis sie sich durch die Realisierung des Nachfolgers 230 SL erübrigt. Grund für die Terminverschiebungen war allerdings stets die anhaltende gute Auftragslage für den 190 SL

1958: Gepolsterte Sonnenblenden mit Schminkspiegel auf der rechten Seite und andere Detailmodifikationen

1959: Ab Oktober mit größeren Rückfenstern für Verdeck und Hardtop

1963: Im Februar endet die Serienfertigung des 190 SL. Als Nachfolger debütiert im März auf dem Genfer Salon der 230 SL (Serie W 113) mit Pagodendach

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