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mobile.de Fundstück: Ford Scorpio CL (1991) aus Rentnerhand - Rostfreies Spreewald-Mauerblümchen

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Auf manchem Händler-Kiesplatz stehen besondere Fundstücke. Diese Autos stellt MOTOR-TALK in einer neuen Serie vor. Den Anfang macht ein schwer unterbewerteter Youngtimer: ein Ford Scorpio.

Ewiger Underdog oder kommender Klassiker? Die Preise für gut erhaltene Ford Scorpio werden steigen. Fragt sich nur, wann Ewiger Underdog oder kommender Klassiker? Die Preise für gut erhaltene Ford Scorpio werden steigen. Fragt sich nur, wann Quelle: Haiko Prengel für MOTOR-TALK

Von Haiko Prengel

So eine Autobesichtigung wünscht man sich: Kaum angekommen, drückt mir der Händler schon den Zündschlüssel in die Hand. „Tob' Dich aus“, sagt Matthias Wenske und nickt mit dem Kopf zum Schotterplatz. Dort steht, auf frischen Winterreifen mitten im Hochsommer, sein Youngtimer-Schätzchen. Oder das Desaster, einer der ganz großen Flops der Automobilgeschichte? Ein Ford Scorpio jedenfalls, hier Baujahr 1991. Ist dieses Auto wirklich so schlimm wie sein Ruf?

Das Beste ist immer, wenn man sich selbst ein Bild macht. Also steigen wir ein in die große blaue Limousine, die erst 62.300 Kilometer gelaufen ist. Für verführerische 1.750 Euro bietet der Brandenburger Kfz-Betrieb Wenske den Wagen bei mobile.de an. Ein Schnäppchen?

Als Ford-Liebhaber fuhr Kfz-Meister Matthias Wenske den Scorpio erst einmal ein halbes Jahr selbst. Nun gibt er den Wagen in generalüberholtem Zustand ab Als Ford-Liebhaber fuhr Kfz-Meister Matthias Wenske den Scorpio erst einmal ein halbes Jahr selbst. Nun gibt er den Wagen in generalüberholtem Zustand ab Quelle: Haiko Prengel für MOTOR-TALK Mit einem lauten Klacken öffnet die Zentralverriegelung den Wagen. Ich lasse mich in den sesselartigen Vordersitz fallen. Der Zweiliter-Motor startet problemlos und brummt kernig. Schon kann die Probefahrt losgehen. Sie führt uns durch die märkische Provinz, über Dorf- und Landstraßen irgendwo am Rande des Spreewalds.

Fords letzter großer Hecktriebler

Der Ford Scorpio macht seine Sache überraschend gut. Flott handgeschaltet, ja geradezu spritzig schaukeln wir über die Dörfer. Kaum zu glauben, dass dieses Auto immerhin ein Vierteljahrhundert alt ist. Untermotorisiert fühlt man sich mit den 120 PS nie, im Gegenteil: Es macht Spaß, mit dem Scorpio zu fahren. Denn so etwas wird schon lange nicht mehr gebaut.

Der Scorpio war der letzte große Hecktriebler, der bei Fords Europa-Tochter vom Band lief. 1985 kam der Wagen als Nachfolger des Granada auf den Markt, als solides und durchaus fortschrittliches Mittelklasse-Fahrzeug: So war der Scorpio der erste Großserien-Pkw in Europa, den es serienmäßig mit Antiblockiersystem (ABS) gab. 1986 wurde er zum „Auto des Jahres“ gewählt, unter anderem kam er in die Flotte des Bundesgrenzschutzes.

Bei der breiten Kundschaft konnte er sich dagegen nie richtig durchsetzen. Anfangs gab es den Scorpio nur mit dem für damalige Verhältnisse gewagten Fließheck. Kombi und Stufenheck folgten erst später. Die große Modellpflege im Jahr 1994 ging komplett daneben. Glubschaugen, Fischmaul-Front und dazu ein Heck wie ein Pferdehintern: Im Scoring der hässlichsten Fahrzeuge in der Automobilhistorie landet der Ford Scorpio der zweiten Generation weit vorn.

Die Scorpio der ersten Baureihe sind dagegen durchaus gelungene, etwas kantige 80er-Jahre-Limousinen. Kfz-Meister Wenske ergatterte seinen Kandidaten mit karger CL-Ausstattung (Kurbelfenster, keine Klimaanlage, aber immerhin Hub-Schiebedach) aus Rentnerhand, fuhr ihn aber in den vergangenen Monaten nur einmal selbst. Wenske mag alte Ford, als junger Mann machte er bei dem Hersteller seine Ausbildung zum Kfz-Mechaniker.

Klimaanlage? Fehlanzeige. Aber die Lüftung funktioniert einwandfrei Klimaanlage? Fehlanzeige. Aber die Lüftung funktioniert einwandfrei Quelle: Haiko Prengel für MOTOR-TALK Privat fuhr er viele Jahre einen Sierra, ebenfalls mit der Zweiliter-DOHC-Maschine. Die großen Scorpio gab der Bundesgrenzschutz häufig bei Wenskes Ausbildungsbetrieb in der Lausitz in Wartung, anschließend gingen die dunkelgrünen Kombis wieder auf Patrouille im deutsch-polnischen Grenzgebiet.

Warum sollte man einen Scorpio kaufen?

Warum sollte man sich heute als Privatmann einen Ford Scorpio kaufen? „Weil es ein toller Reisewagen ist“, befindet Wenske. Tatsächlich ist das Platzangebot in der Limousine enorm, sogar im Fond können größere Menschen locker die Beine ausstrecken. Gleichzeitig ist die Technik grundsolide und die Motoren robust, insbesondere die ab 1989 angebotenen DOHC-Vierzylinder.

Der Motor in Wenskes privatem Sierra lief über 300.000 Kilometer. Die gut 60.000 Kilometer auf dem Tacho des blauen Scorpio sind also gar nichts. Die Leistung des 2,0i reicht eigentlich auch aus, wenngleich ein Sechszylinder natürlich souveräner und imageträchtiger wäre, am besten mit edler Ghia-Ausstattung.

Dafür hat dieser Spreewald-Scorpio eine neue Auspuffanlage und neuwertige Bremsen. Sämtliche Betriebsflüssigkeiten wurden ebenfalls erneuert. Außerdem spendierte der Kfz-Betrieb Wenske dem Wagen eine Unterboden- und Hohlraumversiegelung, was sicherlich vorteilhaft ist. Viele andere Scorpio wurden längst vom Rost dahingerafft.

Unser Fundstück dagegen zeigt praktisch keine Rostspuren, weder an den Radläufen noch an den Türunterkanten oder Schwellern. Fazit: Hier gibt es ziemlich viel Auto für erstaunlich wenig Geld. „Eigentlich müsste ich viel mehr für das Auto verlangen“, sagt Matthias Wenske. Doch die Scorpio-Preise werden wohl noch für einige Zeit im Keller bleiben. Im Moment gibt es daher kaum eine günstigere Eintrittskarte in die Welt der Klassiker als einen Ford Scorpio – auch wenn er für viele noch kein Klassiker ist.

Ford Scorpio auf mobile.de finden

Technische Daten: Ford Scorpio 2,0i

  • Motor: Vierzylinder-Benziner
  • Hubraum: 1.998 cm³
  • Leistung: 120 PS (88 kW),
  • Getriebe: Fünfgang-Handschaltung
  • 0-100 km/h: 11,2 s
  • Höchstgeschwindigkeit: 192 km/h
  • Verbrauch: ca. 8 l/100 km
  • Leergewicht: 1.200 bis 1.475 kg
  • Länge: 4,630 bis 4,745 m
  • Breite: 1,766 m
  • Höhe: 1,450 m
  • Radstand: 2,761 m
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