Diese Aktion ist peinlicher als jeder Rückruf. Fiat-Chrysler muss in den USA mehr als 500.000 Fahrzeuge zurückkaufen. Der Schaden am Image dürfte erheblich sein.
Washington – Es ist das denkbar Schlimmste für einen Autohersteller: Die eigenen Autos sind zu unsicher, um am Straßenverkehr teilzunehmen. Sie sollen nur noch weg, runter von der Straße, egal zu welchem Preis. Dieses Urteil hat die US-Verkehrssicherheitsbehörde NHTSA über einige Fahrzeuge des Fiat-Chrysler-Konzerns (FCA) gefällt. Quelle: dpa/Picture Alliance Neben einer Rekordstrafe von 105 Millionen Dollar und dreijähriger bundesstaatlicher Aufsicht hat der Konzern gegenüber der NHTSA akzeptiert, mehr als 500.000 eigene Autos von seinen Kunden zurückzukaufen. Der Grund für Strafe, Überwachung und Rückkauf: Fiat Chrysler hat es innerhalb mehrerer Jahre mit 23 Rückrufen und mehr als elf Millionen Fahrzeugen nicht geschafft, die entsprechenden Fehler zu beheben. Die NHTSA gab die Strafe am Sonntag (26. Juli 2015) bekannt. Ausgerechnet das AushängeschildVon der Rückkauf-Aktion sind vornehmlich Pick-ups der Marke Ram aus den Jahren 2003 bis 2012 betroffen. Das Arbeitstier ist das wichtigste Modell des Konzerns in Amerika und gehört neben dem Ford F-150 zu dem beliebtesten Pick-up der USA. Bereits im Jahre 2011 begann Chrysler, entsprechende Modelle aus den Jahren 2003 bis 2011 zurückzurufen. Spurstangen standen im Verdacht, brechen zu können, Fahrer könnten daraufhin die Kontrolle über ihr Fahrzeug verlieren. Es folgten weitere Rückrufe, darunter der von 1,2 Millionen Ram Pick-ups im Jahr 2013. Ähnliche Probleme betreffen die Modelle Aspen, Dakota und Durango. Quelle: dpa/Picture Alliance Fiat-Chrysler willigte ein, 578.000 Trucks zurückzukaufen und gab zu, die Rückrufe nicht schnell genug bearbeitet zu haben. Laut "Detroit News" gab es Kunden, die mehr als 18 Monate auf ihre Reparatur warten mussten, die NHTSA spricht demnach sogar von zwei Jahren. 32 Unfälle und ein Tod sollen durch die Lenkungsprobleme verursacht worden sein. Das Tank-Problem bei JeepLaut Detroit News muss Fiat-Chrysler den Ram-Besitzern den Verkaufspreis abzüglich „eines angemessenen Betrages für Wertminderung“ zahlen. Besitzer, bei denen die entsprechenden Rückrufmaßnahmen nicht durchgeführt wurden, bekommen einen 10-Prozent-Bonus. Der Konzern kann die Fahrzeuge dann komplett reparieren und wieder verkaufen. Daneben können Grand-Cherokee-Besitzer ihr Auto für 1.000 Dollar über Marktwert eintauschen, wenn sie dafür ein neues kaufen. Andere Jeep-Fahrer sollen mit einem 100-Dollar-Gutschein zur Inspektion gelockt werden. Der Hintergrund hier: Für 1,56 Millionen Jeep Liberty (2002 bis 2007) und Grand Cherokee (1993 bis 2004) forderte die NHTSA schon im Juni 2013 einen Rückruf. Chrysler wehrte sich zunächst gegen die Aktion, lenkte dann aber doch ein. Bei einem Auffahrunfall kann der Tank im Heck dieser Modelle explodieren, laut "Los Angeles Times" starben deswegen mindestens 75 Menschen bei Unfällen. Quelle: dpa/Picture Alliance Später wurde die Installation einer Anhängerkupplung als Rückrufmaßnahme beschlossen, doch die Maßnahmen wurden von Chrysler nicht mit Nachdruck verfolgt. Im November 2014ermahnte die NHTSA deswegen Fiat-Chef Sergio Marchionne persönlich. Er gelobte Besserung, bis heute ist davon kaum etwas zu sehen. Ein Zeichen für die AutoindustrieDie Kosten der peinlichen und teuren Rückkauf-Aktion sind teil der von der NHTSA verhängten Rekordstrafe von 105 Millionen Dollar. Sie besteht aus 70 Millionen Dollar Strafe für das nachlässige Durchführen der Rückrufe und 20 Millionen Dollar Investitionen in die Verbesserung der Sicherheitsmaßnahmen (hierzu zählen auch die Rückkauf-Kosten). Weitere 15 Millionen Dollar können fällig werden, wenn der Konzern die versprochenen Maßnahmen nicht einhält. Überprüft wird das innerhalb der nächsten drei Jahre von einem von der NHTSA genehmigten Kontrolleur. Er soll die Rückruf-Arbeit bei Fiat-Chrysler beobachten, beurteilen und darüber an die Behörde berichten.
Quelle: NHTSA, dpa, FCA, Los Angeles Times, Detroit News, autoblog |