Ein angeblich mafiöser Investor aus Russland, die europäische Investitionsbank und eine schwedische Traditionsmarke aus Ex-Besitz eines US-Weltkonzerns. Die schwedische Regierung und der niederländische Eigentümer. Eine Fabrik, die nicht mehr produziert – seit drei Wochen, weil Saab seine Zulieferer nicht mehr bezahlen kann. Die Situation beim schwedischen Automobilbauer Saab ist nicht nur auf den ersten Blick ziemlich undurchsichtig, aber sicher scheint zu sein, was das Saab-Blog SaabsUnited.com zu wissen glaubt: Das Überleben der Marke hängt erneut am seidenen Faden. Seit drei Wochen kann in Trollhättan kein einziges Auto mehr vom Band laufen. Medienberichten zufolge kann das Unternehmen seine Zulieferer nicht bezahlen und bekommt deshalb keine Teile mehr geliefert. Heute wurden die 3.700 Mitarbeiter des Saab-Werks wieder zur Arbeit bestellt. Die Produktion kann zwar noch nicht wieder aufgenommen werden, aber die Arbeiter sollen sich weiter zugehörig fühlen und auch über die aktuellen Entwicklungen informiert werden. Produktionsvorbereitung am stehenden Band Daneben sollen sie sich – am stehenden Band – auf die Produktion des neuen Saab 9-5 Sport Combi vorbereiten. Normalerweise wird dafür die Produktivität auf 25 % gedrosselt, aber das sei ja nun nicht notwendig, da das Band ohnehin steht, so SaabsUnited. Was die aktuellen Entwicklungen genau sind, das bleibt heute erneut weitgehend hinter den Türen der Verhandlungszimmer. Sicher ist nur, dass noch nichts sicher ist. Saab berichtet in einer Pressemitteilung, der geplante Verkauf der Produktionsanlagen (Saab Property) zur Kapitalbeschaffung sei weiter in der Schwebe. Die entsprechenden Anteile sind aktuell als Sicherheiten an das schwedische National Debt Office verpfändet, das einem Verkauf daher zustimmen müsste. Als soweit bekannt einziger Interessent steht der russische Investor Wladimir Antonow bereit. Seine Beteiligung an Saab wurde im Kaufvertrag zwischen GM und Spyker allerdings ausgeschlossen, weil der US-Geheimdienst CIA dem Russen kriminelle Geldwäsche unterstellt. Saab hofft hier auf die Erlaubnis der schwedischen Regierung. Auch der russische Premierminister Wladimir Putin soll sich angeblich dafür einsetzen, dass Antonow bei Saab investieren darf. Hat Schwedens Regierung es in der Hand? Nach Ansicht der Blogger von SaabsUnited wäre ein Verkauf der Produktionsanlagen an den Russen derzeit die einzige erfolgversprechende Chance für Saab, mit den Einnahmen von geschätzten 30 Mio. Euro kurzfristig die Liquidität wieder herstellen zu können. Dafür ist nach Einschätzung diverser Quellen allerdings die Zustimmung der europäischen Investitionsbank bzw. der schwedischen Regierung nötig. Saab und Spyker sind nach eigenen Angaben weiterhin bemüht, diese Zustimmungen zu erreichen. Parallel denkt man mittlerweile allerdings auch laut über einen Plan B nach, um die schwedische Automarke zu retten. Man sei mit „verschiedenen strategischen Partnern“ in Gesprächen über „Eigenkapital- und Fremdfinanzierung und/oder die Vergabe von Lizenzen für bestimmte Technologien“. Auch mehrere chinesische Automobilhersteller sollen da nicht abgeneigt sein, konkrete Gespräche gibt Saab unumwunden zu. Zur Stunde sei jedoch noch alles offen. Hoffen, bangen und abwarten, was die Bosse verhandeln, das sind derzeit die Hauptbeschäftigungen der Saab-Mitarbeiter. Die doch eigentlich viel lieber wieder Autos bauen würden. (bmt)
Quelle: MOTOR-TALK |
verfasst am 28.04.2011
150
MOTOR-TALK (MOTOR-TALK)