Das erste neue Harley-Modell seit 14 Jahren ist klein, schlicht und trotzdem ein Hingucker. Und es fühlt sich an wie eine große Harley. Eine Ausfahrt mit der 750 Street.
MOTOR-TALK-Reporter Ralf Schütze Madrid – Wendig, leicht und schlank - diese Attribute passen nicht zum schweren, ledernen Image von Harley-Davidson. Bis jetzt. Denn im August kommt mit der Street 750 ein Einsteiger-Bike für den Großstadtverkehr auf den Markt, das erste neue Harley-Modell seit 14 Jahren. Wir testen die 750 Street im nachmittäglichen Berufsverkehr von Madrid. Locker mogelt sich die Harley durch endlose Autoschlangen, während der wassergekühlte 750er-V2 mit Kraft und Drehfreude am Riemen zerrt. Dank des breiten Lenkers und des geringen Trockengewichts von 206 Kilogramm lässt sich das neue Basismodell sehr leicht manövrieren. Kurz: Die Street ist tatsächlich das, was Harley versprochen hat, ein Einsteiger-Motorrad für die Fahrt durch die überfüllten Metropolen dieser Welt. Aus Indien für EuropaDen brandneuen „Revolution X“-Motor gibt es wahlweise mit 56 PS oder – für Führerschein-Neulinge – Die Modelle für Europa fertigt Harley in Indien. Das drückt den Preis, kratzt aber auch am Mythos des US-Originals. Umso mehr muss der Einstieg in den Milwaukee-Kult mit Qualitäten überzeugen, die andere Hersteller nicht bieten. Das Wichtigste vorweg: Die kleine Harley sieht aus wie eine große, fühlt sich beim Fahren so an und klingt auch dementsprechend. Das charakteristische V2-Blubbern ist bereits mit Serientöpfen klar erkennbar. Für den Look ist Chef-Designer Ray Drea verantwortlich, der sich von Vorbildern wie dem '77er Harley-Modell XLCR Café Racer inspirieren ließ. Das Ergebnis ist ein schlichtes Motorrad, das den „Spirit“ der 111 Jahre alten Traditionsmarke in neue Märkte tragen soll. Vor allem Asien und Südamerika stehen auf der Wunschliste von Harley-Davidson. Zwischen Komfort und AgilitätSchon der Blick auf die Instrumente verrät: Hier herrscht Minimalismus. Ein Drehzahlmesser fehlt ebenso wie jegliche Bordinfos jenseits der reinen Geschwindigkeitsangabe. Immerhin ist bereits ab Werk der Tankdeckel abschließbar. Die ausladenden Hebel für Kupplung und Bremse an der Street 750 sind ideal für Langfinger, für kleine Hände aber ein Problem, da sie nicht verstellbar sind. In Tausenden von Interviews hat Harley der neuen, jungen Zielgruppe auf den Zahn gefühlt. Das Ergebnis: Die sichere Bremshilfe ABS ist laut Matthew Knott von Harley-Davidson Europa verzichtbar. Das sehen wir anders und hoffen auf baldige Nachbesserung. Die könnte die Street 750 auch in Sachen Schräglage vertragen, denn vor allem rechts setzt relativ früh eine Auspuffschelle auf – also ein festes Bauteil, das nicht nachgibt wie etwa die „Angstnippel“ an den Fußrasten anderer Modelle. Zwei Farben gegen Aufpreis Trotz einiger Kritikpunkte sind wir überzeugt: Die Street 750 ist ein gelungenes Einstiegsmodell, das den V2-Blubber-Kult auch Menschen mit kleinerem Budget näher bringt. Und wer es lieber auffällig statt schlicht mag: Mit vier Umbauten hat Harley-Davidson bereits demonstriert, was sich aus der Street so alles zaubern lässt. Teile zum Individualisieren gibt es bereits ab Werk, etwa einen Einzelhöcker mit dem bezeichnenden Namen „Café Solo Seat“. Technische Daten: Harley-Davidson Street 750
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