Der Sauger ist tot, es lebe der Sauger - im LC500. Lexus steckt einen 5,0-Liter-V8 alter Schule in ein modern gezeichnetes 2+2-Coupé. Kein Alltag, aber ein Alltagstest.
Berlin – Manchmal trifft man beim Tanken interessante Menschen. Besonders dann, wenn man gerade einen Sportwagen auffüllt. Ein junger Mann radelt an den Zapfsäulen vorbei, hält inne und ruft voller Bewunderung: „Scheiß auf Aston Martin!“ Nicht als Beleidigung in Richtung Gaydon, sondern anerkennend mit Blick auf den Lexus. Wir sind für einen Moment sprachlos. Aber wir verstehen seine Begeisterung. Der LC500 hat immerhin Aston-Proportionen. Lexus baut mit dem LC500 einen klassischen 2+2-Sitzer. Mit Front-Mittelmotor-Konzept. Hinter der Vorderachse sitzt ein klassischer V8-Saugmotor mit 5,0 Liter Hubraum, 477 PS und 540 Newonmeter. Angetrieben wird die Hinterachse. So ähnlich baut auch Aston Martin Autos. Die sind viel teurer und ähnlich exotisch. Wir waren zwei Wochen im Lexus LC500 unterwegs. Karosserie | Platzangebot | Abmessungen Der LC 500 streckt sich auf 4,77 Meter Länge. Einen erheblichen Teil davon macht die Motorhaube aus. Viel Platz darf man nicht erwarten. Die Rücksitze sind eher was für Notfälle, der Kofferraum liegt hoch und bietet wenig Tiefe. 197 Liter passen rein, das reicht fürs Wochenende zu zweit. Vorne sitzt man großzügiger, aber tief und gut eingebaut zwischen Mitteltunnel und Lenkrad. Sportlich eben. Innenraum | Verarbeitung | Materialien Highlight für Techniknerds: Das zentrale Rundinstrument zeigt digital an, wird aber von einem massiven Ring eingefasst. Der fährt per Knopfdruck zur Seite, um mehr vom Infobildschirm preis zu geben. Eine Show! Lexus versöhnt die digitale mit der analogen Welt. Und nutzt ihre Möglichkeiten: So ändert sich die Anzeige mit dem gewählten Fahrmodus, den man – ungewöhnlich aber intuitiv – über ein kleines Hörnchen am Instrumententräger einstellt. Je sportlicher, desto präsenter werden der Drehzahlmesser und sein roter Bereich. Der ist nicht fix festgelegt, er wandert mit zunehmender Motorwärme weiter nach oben. Infotainment | Radio | BedienungAnsonsten hat Lexus beim Infotainment leider vor allem Frustration zu bieten. Der breite 10,3-Zoll-Bildschirm wirkt an sich noch modern. Die Grafiken schon weniger. Das Menü zu durchschauen, erfordert sehr viel Aufwand. Intuitiv oder wie erwartet gelingt hier fast gar nichts. Nicht mal die Eingabe eines Ziels im Navi, auch nicht per Spracherkennung. Außerdem soll man sich irgendwie mit einer Mischung aus Drehknopf und Touchpad durch die Menüs hangeln. Manche Funktionen lassen sich drehend anwählen, andere nur wischend. Das Pad ist zu sensibel. Man schießt oft übers Ziel hinaus. Zum Trost baut Lexus ein feines Soundsystem von Mark Levinson ins Auto. Das klingt toll und ist Teil des Touring-Pakets für 3.600 Euro. Dazu gibt es noch das Head-up-Display und Komfortsitze. In unserem Test-Lexus steckte das Sportpaket für 7.100 Euro. Neben der Soundanlage und dem Head-up-Display gibt es hier Sportsitze mit Alcantara, geschmiedete 20-Zoll-Felgen und: ein Dach aus Carbon. Assistenzsysteme | SicherheitDie meisten aktuellen Helfer finden sich schon serienmäßig im LC 500. Der Sportler kann den Abstand zum Vordermann halten und die Spur. Außerdem warnt er beim Spurwechsel, erkennt Verkehrszeichen und schaltet das Fernlicht selbständig an und aus. Er hilft zudem beim Einparken und verfügt über eine Rückfahrkamera. Braucht man auch, übersichtlich ist der LC 500 ganz und gar nicht. Antrieb | Motor | Getriebe | Fahrleistungen Lexus holt 477 PS aus dem dicken V8, die erst bei 7.100 Umdrehungen anliegen. Das maximale Moment von 540 Newtonmetern drückt der Motor bei 4.800 auf die Kurbelwelle. Eine Zehngang-Automatik bringt die Kraft an die Hinterräder. Und wie! Spontan, druckvoll und vehement schiebt der Lexus nach vorne. Jeder Gaspedalbefehl wird sofort umgesetzt. Mag sein, dass Motorentechniker das Turboloch in anderen Autos weitgehend eliminiert haben, an die Spontaneität dieses Saugers kommt kein uns bekannter V8-Turbo heran. Und: Sound! Auch das können Turbomotoren nicht. Der V8 im Lexus klingt groß und mechanisch. Angeblich baut Lexus einen „Soundgenerator“ an den vorderen Lufteinlass. Davon merkt man nichts. Zum Glück. Der LC 500 klingt völlig natürlich, böse, potent und ein bisschen nach Rennsport. Der Petrolhead in uns liebt das. Der rücksichtsvolle Mitbürger in uns fährt oft mit schlechtem Gewissen. Jedenfalls, wenn die Drehzahl steigt und die Auspuffklappen sich öffnen. Zum Glück geht’s bei sanfter Fahrweise auch sanft. Dann lässt sich auch der kombinierte Normverbrauch von 11,5 Litern unterbieten. Jedenfalls über Land und auf der Autobahn. In der Stadt schafft man es immerhin mit deutlich weniger als den offiziellen 17,4 Litern durch den Berufsverkehr. Da hilft die feine Zehngang-Automatik ein wenig und legt früh hohe Gänge ein. Das macht sie völlig unauffällig und zuverlässig. Doch sie kann genauso gut Attacke, egal ob selbständig oder per Lenkradpaddel manuell bedient. Sie macht was sie soll, schnell und zum richtigen Zeitpunkt. Alternativ bietet Lexus den LC500 in einer Vollhybrid-Variante an. Die Kombination aus V6-Sauger und Elektromotor kommt auf eine Systemleistung von 359 PS. Der LC500h fährt deutlich sparsamer als sein achtzylindriger Bruder. Und lange nicht so emotional. Preis und Optik sind gleich. Fahrwerk | Lenkung | Fahrverhalten Das Front-Mittelmotor-Konzept rückt den schweren V8 näher in die Mitte, das Carbondach senkt den Schwerpunkt. Selbst auf dem engen Handlingkurs des ADAC in Linthe, südlich von Berlin, ließ der Lexus sich wunderbar um die scharfen und länger gezogenen Kurven prügeln. Neutral, mit Tendenz zum Übersteuern surft er aus den Kurven heraus, der fein dosierbare V8 hilft beim Balancieren am Limit. Zugegeben, die Fahreindrücke auf der Strecke sind nicht ganz repräsentativ. Regen, gepaart mit Winterreifen der Dimension 245/45 20 helfen beim Übersteuern. Normalerweise rollt der LC 500 hinten auf 275ern. Macht nichts. Progressiv und berechenbar, ohne Zicken drängt das Heck nach außen, feine Impulse am Lenkrad bringen es wieder in die Spur. Untersteuern kennt dieses Fahrwerk offenbar gar nicht. Nun soll der LC500 eigentlich kein reinrassiger Sportler sein. Die Japaner verkaufen ihn als „Grand Touring Coupé“, entwickelt „für die Landstraße und nicht für die Rennstrecke.“ Funktioniert. Das adaptive Fahrwerk federt straff, aber nicht unangenehm hart. Im Komfortmodus traut man ihm lange Strecken zu. Prima Sitze und viel Ruhe bis in hohe Geschwindigkeiten gibt es außerdem. Allenfalls die Lenkung wirkt zuweilen zu nervös für die Autobahn. Und auf die Rennstrecke darf man ja trotzdem. Für den Spaß. Ausstattung | Preis | Kosten Außerdem bietet Lexus ein Performancepaket für den LC 500 an. Das bringt für 7.500 Euro zusätzlich zum Sportpaket 21-Zöller, Allradlenkung mit variabler Übersetzung, einen ausfahrbaren Heckspoiler und ein Torsen-Sperrdifferenzial mit. Nicht auszuschließen, dass sich vor allem Lenkung und Differenzial lohnen. Wir haben allerdings nichts davon vermisst. Fazit: Ein wohltuend anderer Sportwagen Mehr Klang und Drama gibt es bei Jaguar im F-Type R. Der 5,0-Liter-V8 wird per Kompressor aufgeladen, leistet 550 PS und klingt auf seine Art toll. Allerdings gibt es ihn nur mit Allrad. Und ihm fehlt die Präzision und Beherrschbarkeit des Lexus. An Verarbeitungsqualität kommt er auch nicht heran. Gut ausgestattet landet man trotzdem bei fast 130.000 Euro. Am Maserati Gran Turismo ist vor allem der V8-Sauger toll, die Dynamik weniger. Er kostet mindestens 127.000 Euro. So gesehen ist der LC 500 eben doch ein Schnäppchen. Und abgesehen davon: Für deutlich mehr Geld wäre er immer noch ein tolles Auto. Technische Daten Lexus LC 500
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