Ach, Audi. Könnt Ihr bitte Autos wie dieses als Vorbild nehmen. Der Range Rover Velar hat optisch vieles, was Audi einst auszeichnete. Ein Fahrbericht.
Molde – Der defensive Mittelfeldspieler Kjetil André Rekdal verwandelte einst einen umstrittenen Elfmeter gegen die brasilianische Fußballnationalmannschaft und schoss Norwegen so überraschend ins Achtelfinale der Fußball-Weltmeisterschaft 1998. Mit dieser Einzelleistung gehört er bereits zu den berühmtesten Söhnen der Stadt Molde in Norwegen. Im norwegischen Provinzstädtchen wohnen rund 28.000 Menschen, die meisten bauen LED-Lichter oder Möbel. Jetzt hat Land Rover dort sein neuestes Modell vorgestellt. Den Velar. In der skandinavischen Einöde wirkt der Auftritt des automobilen Brit-Poppers vielleicht noch intensiver als in Berlin, London oder Manhattan. Denn im Nirgendwo wirkt der Wagen wie aus einer anderen Zeit. So glatt, so cool, so ruhend und aufregend. Wo wäre Audi, hätten deren Designer einen Hauch der Freiheit, die in den Land-Rover-Designstuben entsteht? Range Rover Velar: Ab gut 1,8 Tonnen GewichtDas Blech des Velar gehört zum Besten in der Liga der größeren SUV. Wo Audi den Q7 anbietet, Mercedes GLE und GLE Coupé, BMW den X5 oder X6, Lexus einen RX und Volvo seinen XC90. Es sind diese Konkurrenten, mit denen sich der Velar künftig misst. Sein Vorsprung liegt vor allem im Äußeren. Superschmale LEDs, vollversenkte Türgriffe (die nur bei Bedarf ausfahren), Aluminium-Leichtbau-Karosserie. 1.829 Kilo wiegt der Velar mit 2,0-Liter-Vierzylinder-Diesel. Volvo, Mercedes, BMW, sie alle wiegen im Schnitt 100 bis 200 Kilo mehr bei 5 bis 10 Zentimetern mehr Länge. Dabei packt der Velar mehr Gepäck als die größeren Kontrahenten. Sehr großzügige 673 Liter passen ins Heck, was der ein oder andere Mitfahrer auf der Rückbank zu spüren bekommt. Da wird es je nach Platzbedarf der Vornsitzenden schnell enger als erwartet. Velar nur noch mit Touchscreens in der MittelkonsoleDie beiden großen 10-Zoll-Touchscreens-Monitore mit HD-Auflösung leuchten hell im Armaturenbrett. Über sie werden alle, wirklich alle Funktionen gesteuert. Das hat viel mit Gewöhnung zu tun und klappte beim ersten Versuch nicht immer überzeugend. Vielleicht verhält es sich hier ähnlich wie beim Wechsel vom einen Smartphone auf das andere. Nach zwei, drei Tagen ist alles klar. Nur noch zwei digital zu bespielenden Drehknöpfe und ein kleiner, runder Lautstärkeregler sind haptisch zu bedienen. Das Digital-Display rundet die digitale Innenwelt ab. Sitze in unterschiedlichen Materialbezügen, mit Massage oder ohne, mit Kühlung oder ohne, all das gibt es - es kostet einfach nur Euros. Verhältnismäßig viel im Vergleich, aber Design und Range Rover waren schon immer zwei Dinge, die mehr kosten. Leider hält die Qualitätsanmutung nicht ganz mit dem Preis mit. Zwar fühlt sich alles fein, hochwertig, elegant und gut an. Aber die kleinen Dellen hinter dem mit Leder verkleideten Armaturenbrett, die leistet sich kein deutscher Wettbewerber. Wer vom Velar direkt in einen gut ausgestatteten BMW umsteigt, spürt einen deutlichen Unterschied zwischen dem Finish beider Modelle. Technisch bleibt der Velar landroverhaft. Abseits der Straßen zeigt der Velar seine GeneAuch deshalb fahren Journalisten ihn in Norwegen: Nirgends darf man schneller als 80 km/h fahren (darauf wird explizit noch einmal hingewiesen), dafür aber öfter mal neben dem Asphalt. Wahlweise durch einen Bach (Bodenfreiheit bei Stahlfederung mindestens 213 mm, sonst 251 mm, Watttiefe 600 bzw. 650 mm), eine geröllvolle Skipiste bergauf oder auf Matschwegen. Natürlich beherrscht auch dieser Range Rover diese Übungen. Auch mit 22-Zöllern auf feinen Felgen. In der Familie können das einige noch besser, aber der permanente Allradantrieb reagiert blitzschnell, viele technische Helfer arbeiten im Zusammenspiel mit Sensoren dafür, dass das richtige Tempo, die beste Kraftverteilung und der richtige der acht Gänge (Automatik von ZF) eingelegt ist. Für Schlammschlachten kann wahlweise das sperrbare Hinterachsdifferenzial zusätzlich geordert werden. Offroader wissen: Festfahren kann man jede Karre. Aber mit einem Range muss man wirklich nicht steckenbleiben. Auch nicht mit 2,4 Tonnen am Haken. Dynamisch sind andere, komfortabler wenigeFür die Hauptmärkte USA und China, in denen der Velar gefallen soll, genügt die Fahrerfahrung mit Tempo 80 zur Einordnung. Für deutsche Erfahrungswerte waren wir schlicht zu langsam unterwegs. Windgeräusche, Dynamik in Kurven, Kraftentfaltung jenseits der 80er-Marke, all das können wir nur ahnen. Quelle: Jaguar Land Rover Was wir wissen: Der Velar fährt sich vor allem bequem. Der Einstieg ist etwas hoch, die Sitze weich und loungeartig. Nach wenigen Metern hört und fühlt man Ruhe, Entspannung, Entschleunigung. Wie das Land, so der Velar. Die gute Dämmung senkt den Geräuschpegel drinnen deutlich, den buckligen Untergrund abseits der Straßen bügelt die Luftfederung routiniert aus, der Antritt im 300-PS-Benziner ist kraftvoll. Fahrdynamik? Konnten wir nicht erfahren. Der erste Eindruck mit der gefühllosen Lenkung deutet darauf hin, dass das nicht die Stärke des Autos sein wird. Das ergibt Sinn. Vom Velar gibt es einen Zwilling namens Jaguar F-Pace. Der misst sieben Zentimeter weniger, zielt vor allem aber mit donnerndem Auspuffsound und hecklastiger Auslegung des Allradantriebs auf die dynamikfreundlicheren Käufer. Zwei Sechszylinder, vier VierzylinderDer Range Rover Velar bekommt zur Markteinführung an diesem Wochenende zunächst zwei V6- Motoren. Einen 3,0-Liter-Twinturbo-Diesel mit 300 PS und einen 3,0-Liter-Benziner mit 380 PS. Der Kompressor-Benziner schafft den Sprint in 5,7 Sekunden, soll 9,4 Liter (214 g/km CO2) schlucken und erreicht abgeriegelt 250 km/h. Quelle: Jaguar Land Rover Beim Diesel sind es 214 km/h Spitze, 6,5 Sekunden auf 100 und 6,4 Liter Verbrauch (167 g/km CO2). Wirklich dynamisch ließ sich weder der eine noch der andere bewegen, auch wenn die Kraft spürbar war. Spannender ist, dass Range Rover keinen Hybrid anbietet, dagegen mantrahaft betont, spätestens 2020 eine Reihe davon zu haben. Mit dem ersten Facelift soll es beim Velar dann soweit sein. Alle Range-Motoren sind längs eingebaut (und damit anders als bei Land Rover), die Kraft wird immer von einer Achtgang-Automatik übertragen, Vierzylinder-Diesel und -Benziner mit 2,0-Litern Hubraum und Leistungsstufen zwischen 180 und 300 PS kommen ab Herbst. Sie gehören zu einer neuen Generation selbstentwickelter Triebwerke, der sparsamste Diesel soll 5,4 Liter schlucken. Drei Diesel:
Drei Benziner:
Viel Platz nach unten, wenig nach obenMit dem Velar baut Range Rover seine vierte Baureihe. Mit 4,80 Metern Länge ist er nur 5 Zentimeter kürzer als der Range Rover Sport, aber deutlich preiswerter. Den Range Rover Evoque überragt er um 43 Zentimeter. Blendet man den übertrieben hohen Einstiegspreis für die First Edition einmal kurz aus (108.000 Euro), liegt der vierte Range preislich zwischen dem Kleinen und dem großen Sportler. 56.400 Euro kostet der günstigste Velar mit 180-PS-Diesel. 90.850 Euro der Teuerste laut Preisliste mit 380-PS-Benziner. Dazwischen liegen acht (!) Ausstattungsversionen, drei davon tragen den Beinamen Dynamic. Was die First Edition so viel teurer macht? Handaufgetragener Speziallack und viele Extras. Technische Daten Range Rover Velar
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