Das Bußgeld für Schwarzfahrer in öffentlichen Verkehrsmitteln steigt ab dem 1. Juli auf 60 Euro. Das soll abschreckend wirken. Doch Kritiker meinen: Das erhöhte Beförderungsentgelt trifft die Falschen.
Quelle: picture alliance / dpa Berlin - "Die Fahrscheine, bitte!" Wer ein gültiges Ticket hat, kann dieser Ansage gelassen entgegensehen. Doch für Schwarzfahrer wird es ab Juli teurer. Ab dann das "erhöhte Beförderungsentgelt" angehoben. Wer ohne Ticket erwischt wird oder seinen Fahrschein nicht ordnungsgemäß entwertet hat, muss jetzt 60 statt 40 Euro zahlen. Die letzte Erhöhung ist inzwischen zwölf Jahre her. Aus Sicht des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) schrecken 40 Euro nicht mehr ausreichend ab. "Schwarzfahren in Bussen und Bahnen darf sich nicht lohnen", sagt auch Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU). Quelle: picture alliance / dpa Er hat eine Bundesratsinitiative aufgegriffen und zwei Verordnungen angepasst. Viele Verkehrsbetriebe schaffen die Umstellung nicht mehr rechtzeitig. Im Fernverkehr der Deutschen Bahn, in Hamburg, München und im Verkehrsverbund Rhein-Ruhr etwa gelten die Änderungen erst ab August. Berlin stellt dagegen schon zum 1. Juli um. Ist Schwarzfahren denn so ein großes Problem?250 Millionen Euro gehen den Verkehrsunternehmen jedes Jahr durch nicht gekaufte Tickets verloren, schätzt der VDV. Die Kosten für die Kontrolleure und deren Ausrüstung werden jährlich mit 100 Millionen Euro beziffert. Für das vergangene Jahr listet die Kriminalstatistik 271.119 Fälle von "Beförderungserschleichung" auf - im Vergleich zu 2013 ein Anstieg um 15,2 Prozent. Laut VDV hat das aber hauptsächlich damit zu tun, dass immer intensiver kontrolliert wird. Denn zahlen muss natürlich nur, wer erwischt wird. Darüber gehen die Meinungen weit auseinander. VDV-Sprecher Lars Wagner spricht von einem "guten und richtigen Anfang". Sein Verband hatte sich dafür eingesetzt, dass notorische Schwarzfahrer beim zweiten und dritten Mal nicht mehr mit 60 Euro davonkommen, sondern bis zu 120 Euro zahlen müssen. Auch der Fahrgastverband Pro Bahn und der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) vertreten die Meinung, dass nur gestaffelte Geldbußen etwas bewirken. So etwas ist nun nicht vorgesehen - dabei kann man in Deutschland im Extremfall fürs Schwarzfahren sogar im Gefängnis landen. Diese Kriminalisierung ist für die Verbraucherschützer der falsche Weg. Und die pauschale Erhöhung um 20 Euro treffe die Falschen, meinen vzbv und Pro Bahn. Quelle: picture alliance / dpa Was genau bemängeln sie an der Neuregelung?"Man muss versuchen, in irgendeiner Form zu differenzieren zwischen Leuten, die wirklich vorsätzlich ständig schwarzfahren, und Leuten, die am Automaten gescheitert sind", sagt der Ehrenvorsitzende von Pro Bahn, Karl-Peter Naumann. Das viel zu komplizierte Tarifsystem mit seinen regionalen Unterschieden mache es den Kunden unnötig schwer, an die richtige Fahrkarte zu kommen. Mal müssten die Tickets vor der Fahrt gekauft werden, mal in der Bahn, mal müssten sie abgestempelt werden, mal nicht, kritisiert auch vzbv-Expertin Marion Jungbluth. Sie ist überzeugt, dass viele Schwarzfahrten gar nicht absichtlich passieren. Der Gesetzgeber sehe für solche Fälle eigentlich eine Kulanzregelung vor. Aber: "Man stellt zunehmend fest, dass die Kontrolleure das Wort Kulanz gar nicht kennen." Ist diese Kritik berechtigt?Auch der VDV räumt ein, dass es solche "Graufahrer" gibt. Für die Kontrolleure sei es nicht immer einfach festzustellen, ob jemand absichtlich oder versehentlich schwarzfährt. "Es gibt keine Ausrede, die die noch nicht gehört haben", sagt Sprecher Wagner. Dabei erwische es sicher auch hin und wieder einen Fahrgast zu Unrecht. Aber deshalb die ganze Erhöhung infrage stellen? "97, 98 Prozent unserer Kunden sind ehrliche Kunden - und aus deren Sicht muss man's doch mal sehen", findet Wagner. "Die zahlen das, was die anderen nicht zahlen, irgendwann über den Ticketpreis mit." Weitere MOTOR-TALK-News findet Ihr in unserer übersichtlichen 7-Tage-Ansicht |