Mit 215 km/h über die Schweizer Autobahn: Das muss ein Deutscher möglicherweise mit seinem Auto und seiner Freiheit bezahlen. Fünf Fragen zum Schweizer Straßenverkehrsgesetz "Via sicura".
Quelle: ExQuisine - Fotolia.com Aarau/Berlin - Der Fall sorgt seit einigen Tagen für Aufregung: Ein 59-jähriger Deutscher wurde auf der Schweizer Autobahn gestoppt, er raste zuvor mit 215 km/h durch eine Radarfalle. Erlaubt sind auf Schweizer Autobahnen maximal 120 km/h. Nach der sofortigen [url=]Beschlagnahmung seines Autos droht ihm nun auch noch eine Gefängnisstrafe. „Wir sind vom Gesetz gezwungen, eine Haftstrafe zwischen einem und vier Jahren zu verlangen“, sagte die Sprecherin der Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau, Elisabeth Strebel, am Dienstag der Nachrichtenagentur dpa. Die Anklage werde vorbereitet. Möglich sei aber, dass die Gefängnisstrafe zur Bewährung ausgesetzt wird, erläuterte Strebel. Dann werde sie in jedem Fall mit einer Geldbuße verbunden, die mehrere Tausend Franken betragen könne. Unabhängig davon wird das Fahrzeug des Rasers - in diesem Fall eine ältere Mercedes-Limousine - einbehalten und zugunsten der Staatskasse verkauft. Lest hier die fünf wichtigsten Fragen zu den Raser-Gesetzen in der Schweiz. Quelle: picture alliance / dpa Ab welcher Geschwindigkeit zieht die Schweiz Autos ein? Ab wann droht Gefängnis?Laut dem Maßnahmenpaket „Via sicura“ wird das Auto eingezogen, wenn "damit eine grobe Verkehrsregelverletzung in skrupelloser Weise begangen wurde". Bei den Gefängnisstrafen wird das "Straßenverkehrsgesetz" präziser. Eine "massive Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit" wird mit ein bis vier Jahren Gefängnis bestraft. In Zahlen bedeutet "massive Überschreitung": 40 km/h zu schnell in einer 30er-Zone, 50 km/h im Ort, 60 km/h außerhalb einer Ortschaft und 80 km/h zu schnell auf der Autobahn. Wer wiederholt beim Rasen erwischt wird, muss außerdem seine Fahrerlaubnis für mindestens zehn Jahre in die Hände des Staates legen – im schlimmsten Fall sogar für immer. Die Schweizer begründen diese Maßnahmen damit, dass Raser ein hohes Risiko für einen Unfall mit Schwerverletzten oder Toten in Kauf nehmen. Wie viele Autos wurden in diesem Jahr bislang eingezogen?Die Schweizer Zeitung „Blick“ schreibt, dass im Jahr 2013 im gesamten Land rund 500 Verfahren eröffnet wurden und die Polizei mehr als Autos beschlagnahmt hat. Am härtesten hätte der Kanton St. Gallen durchgegriffen, berichtet die Zeitung. Dort hätte die Polizei im vergangenen Jahr 20 Raser ertappt und allen 20 das Fahrzeug entzogen. Diese Erfahrung musste im Mai auch der Fußballstar Rául Bobadilla vom FC Augsburg machen. Das Amtsgericht Dorneck-Thierstein verurteilte den Argentinier, weil er trotz eines Tempolimits von 50 km/h mit seinem Sportwagen 111 km/h fuhr. Den teuren Maserati des Stürmers zogen die Schweizer ein. Obendrein wurden Bobadilla für das Verfahren und ältere Geldbußen rund 43.000 Franken (rund 35.000 Euro) in Rechnung gestellt und er wurde zu 16 Monaten Gefängnis auf Bewährung verurteilt. Was passiert mit dem Auto?Das können die Schweizer Gerichte entscheiden. Wird der Wagen versteigert, kann das Gericht bestimmen, was mit dem Geld passiert. Aber auch eine Zerstörung des Fahrzeugs ist möglich. Wurde ein geleastes Auto beschlagnahmt, wird der Leasingvertrag laut „Blick“ aufgelöst und das Fahrzeug der Firma zurückgegeben. Sie müsse sich dann verpflichten, dem Raser kein neues Auto zu geben. Im Fall des deutschen Rasers wird das Auto vermutlich weiterverkauft, sagte eine Sprecherin der Polizei Aarau zu "Spiegel Online". Oder das Gericht biete dem Fahrer an, den Mercedes selbst zurückzukaufen. Zeigen die Strafen eine Wirkung?Laut Werner Jeger, stellvertretender Direktor des Bundesamts für Staßen (Astra), ist der „markante Rückgang der geschwindigkeitsbedingten Verkehrsunfälle im Jahr 2013 ist ein positives Signal.“ Dennoch sei es zu früh, um eine direkte Wirkung festzustellen. Eine detaillierte Auswertung mache erste in ein paar Jahren Sinn. Welche anderen europäischen Länder können Autos enteignen?In Italien führt nicht die Höhe der Geschwindigkeit, sondern die des Blutalkoholspiegels zum völligen Verlust des Autos. Fahrzeuge werden hier enteignet und versteigert, wenn der Fahrer mit mehr als 1,5 Promille oder unter Drogeneinfluss erwischt wird. Bei einem geliehenen oder gemieteten Auto wird das Fahrzeug nicht konfisziert, dafür verdoppeln die Italiener die Dauer des ein- bis zweijährigen Fahrverbots. Auch in Dänemark werden Autos von betrunkenen Fahrern eingezogen. Das relativ junge Gesetz greift bei einem Blutalkoholwert von mehr als zwei Promille. In Deutschland kann ein Auto eingezogen werden, wenn der Fahrer ohne Führerschein unterwegs ist. Die ersatzlose und dauerhafte Einziehung soll eine weitere Nutzung und somit eine weitere Straftat unterbinden, sagt Verkehrsrecht-Experte Uwe Lenhart. Das Auto muss dem Täter gehören oder zustehen. Besteht jedoch die Gefahr weiterer Straftaten unter Benutzung des Fahrzeugs, können in Ausnahmefällen auch fremdfinanzierte, geleaste oder geliehene Fahrzeuge eingezogen werden. Das Land nutzt ein eingezogenes Fahrzeug entweder selbst oder verkauft den Pkw und behält den Erlös. |