Berlin – Beim Nachwuchs wollen Eltern alles richtig machen. Aber das gelingt nicht immer - das gilt auch für das Anschnallen im Auto. Sieben Fehler, die Mama und Papa machen können, und wie man sie vermeidet:
1) Der Sitz ist zu alt
Ein Autokindersitz vom Flohmarkt ist günstig – aber keine gute Idee, wenn er einen Aufkleber mit dem Vermerk „ECE-R44/01“ beziehungsweise „ECE-R44/02“ trägt. Derzeit zugelassen sind Sitze der Fassung „ECE-R44/03“, „ECE-R44/04“ und "CE-R 129“ (i-Size), erklärt Andreas Ratzek vom ADAC Technik-Zentrum. Wer einen veralteten Sitz verwendet, begeht eine Ordnungswidrigkeit.
2) Falsch installiert
„Bei vielen Sitzen kann ich den Gurt nicht richtig führen, wenn ich die Bedienungsanleitung nicht dreimal vor- und rückwärts gelesen habe“, sagt Siegfried Brockmann von der Unfallforschung der Versicherer (UDV). Die Gefahr: Eltern geben auf und montieren falsch. „Wenn der Gurt nicht ordentlich durch die Ösen geführt ist, dann ist der Sitz zu locker“, so der Experte. Bei einem Frontalunfall bestehe die Gefahr, dass das Kind samt Sitz gegen die Lehne des Vordersitzes prallt.
Entscheidend für die Schutzwirkung ist der richtige Sitz des Gurtes Quelle: dpa/Picture Alliance
Abhilfe leisten Kindersitze und -schalen mit Isofix-Halterung, die an Gegenstücken im Auto arretiert werden. Doch die würden allein aufgrund ihres Gewichts ungern gekauft, so Brockmann. „Es ist umständlich, den Sitz in mehreren Autos zu nutzen.“ Zudem seien sie teurer und nicht mit allen Autos kompatibel.
3) Falsch angeschnallt
„Oft wird der Hosenträgergurt nicht auf die Schulterhöhe eingestellt oder sitzt zu locker“, sagt ADAC-Techniker Ratzek. Wird der Sitz mittels Fahrzeuggurt gesichert, werde mitunter vergessen, den Gurt durch die Klemmen am Sitz zu führen. Dann verläuft er womöglich im Halsbereich.
Wenn Eltern den Kindern erlauben, den zu hoch eingestellten Schultergurt unter die Achseln zu nehmen, erhöhe das beim Crash das Verletzungsrisiko im Brustkorbbereich. Auch über dicke Jacken geführte Gurte schützen schlechter. Ungenügenden Halt habe das Kind vor allem, wenn der Beckengurt nicht eng am Körper verlaufe. „Eine straffe Gurtführung ist das A und O“, mahnt Unfallforscher Brockmann.
4) Falscher Sitz
Es gibt sogenannte semi-universale Sitze, die nicht für alle Fahrzeugtypen geeignet sind. Um herauszufinden, ob ein semi-universaler Sitz zum eigenen Auto passt, muss in einer Typenliste des Kindersitzherstellers nachgesehen werden. Nach Angaben des Herstellers Römer gibt es auch Sitze mit fahrzeugspezifischer Zulassung. Solche Kindersitze werden einem zusätzlichen, fahrzeugspezifischen Crashtest unterzogen.
5) Falsche Größe: Babyschale oder Sitz?
Einen Kindersitz sollte man niemals zu groß kaufen. „Das Alter darf nur als Richtwert dienen“, rät der Hersteller Maxi-Cosi auf seiner Webseite. Wichtig ist, dass das Kind in den Sitz passt. „Auf die Größe kommt es maßgeblich an bei der optimalen Gurtführung“, sagt Brockmann vom UDV. Seit 2013 gilt deshalb die i-Size-Norm, die statt des Gewichts nur noch die Körpergröße als Kategorisierung vorsieht.
Allerdings gibt es derzeit noch keine Sitze der Gruppe 2/3 für ältere Kinder, sondern nur Babyschalen und Sitze der Gruppe 1. Darauf weist Andreas Bergmeier, Referatsleiter Kinder und Jugendliche beim Deutschen Verkehrssicherheitsrat (DVR), hin.
Laut Ratzek wechseln viele Eltern zu früh von der Babyschale zum Kindersitz – oft, „weil die Beine des Kindes an der Rückenlehne des Fahrzeuges anstehen. Das stört das Kind aber nicht.“ Die Babyschale sollte genutzt werden „bis der Kopf des Kindes an der oberen Schalenkante angekommen ist“.
Der Grund: In der Babyschale fahren die Kleinen entgegen der Fahrtrichtung, das bietet mehr Schutz. Unfallforscher Brockmann sagt warum: „Bei einem Frontalaufprall kann der Peitscheneffekt vermieden werden, nämlich, dass der Kopf noch vorn und wieder zurückgeschleudert wird.“
6) Airbag-Deaktivierung vergessen
Wenn vorn eine Babyschale montiert ist, muss der Beifahrer-Airbag deaktiviert werden Quelle: dpa/Picture Alliance
Manche Eltern versuchen, die Babyschale irgendwie in Fahrtrichtung anzuschnallen. Ein anderes typisches Versäumnis: den Beifahrerairbag nicht zu deaktivieren, wenn das Baby vorn mitfährt. Dann wird der Lebensretter zur tödlichen Gefahr: Bläst er sich bei Unfällen in Sekundenschnelle mit Wucht auf, schleudert er die Babyschale samt Kind gegen den Sitz. Das Baby kann schwere Kopf- und Nackenverletzungen erleiden.
7) Zu früh ohne Sitz
Kinder bis zwölf Jahre beziehungsweise bis zu einer Körpergröße von 1,50 Metern müssen im Kindersitz mitfahren. „Größere oder ältere Kinder dürfen ohne Kindersitz angeschnallt werden“, sagt Ratzek. Gut gemeint und rechtlich zulässig sind Sitzerhöhungen in der Gruppe 2/3 für ältere Kinder - wenn sie den gültigen ECE-Normen entsprechen. Bergmeier empfiehlt sie dennoch nicht: Ihnen fehlen die mitwachsende Rückenlehne, eine Kopfstütze sowie Seitenwangen. Diese Komponenten stützen das Kind auch, wenn es schläft – und verbessern bei einem Unfall die Sicherheit deutlich.
Quelle: Stefan Weißenborn, dpa