Camper Vans versprechen viel Freiheit im kompakten Format. Seit kurzem gibt es einen neuen Reisebegleiter auf Citroën-Spacetourer-Basis. Alltagstest im Pössl Campster.
Berlin – Wohnmobile sind in der Vorstellung schön, in der Praxis ganz schön sperrig. Das Versprechen von der großen Freiheit endet oft vor der Altstadt, an der Parkhaus-Einfahrt oder auf dem Gebirgspass, wenn man mit wenig mehr als Schrittgeschwindigkeit um die Serpentinen schleicht. Und als alleiniges Familienauto taugen die Dampfer ohnehin nicht. Kompakte Camper sind anders. Klein genug, um weder auf Reisen noch im Alltag zu nerven und trotzdem mit den meisten Annehmlichkeiten für die große Reise ausgestattet, bieten sie sich zum Kaufen an, nicht nur zum Mieten. Sie sollen das Beste aus zwei Welten vereinen. Seit kurzem bereichert der Pössl Campster auf Basis des Citroën Spacetourer das Angebot in der kleinen Campingbus-Klasse - zu einem Basispreis, der die Klassiker VW California oder Mercedes Marco Polo wie überteuerte Luxusspielzeuge aussehen lässt. Wir haben den Pössl rund zwei Wochen im Alltag und auf Reisen getestet. Schlafen im Pössl CampsterQuelle: mobile.de Mit einer Länge von gut 4,95 Metern ist der Pössl Campster kompakt genug, um in engen Gassen oder auf schmalen Bergstraßen nicht im Weg zu kriechen. Bei einer Höhe von maximal 1,99 Meter passt er außerdem in alle gängigen Parkhäuser. Ein großer Vorteil bei Städtetouren. Trotzdem können Dank des Klappdachs bis zu vier Personen übernachten. Dann wird es zwar eng und leicht chaotisch, doch das ist der Preis der Freiheit. Zwei Schläfer kommen im Obergeschoss unter, zwei nach dem Umklappen der Rückbank im Erdgeschoss. Das obere Bett misst 1,10 Meter in der Breite, das untere 1,12 Meter. Das ist recht schmal im Klassenvergleich. Für zwei schlanke Personen, die sich mögen, reicht der Platz oben wie unten. Das Hochbett bietet mit seinen drei Panoramafenstern die bessere Aussicht, ist aber sparsam gepolstert. Ein Lattenrost oder Tellerfedern gibt es nicht. Für das untere Bett sollte man eine Klappmatratze dabeihaben, sonst wird es uneben. Das bequeme Faltbett von Brandrup im Testwagen klappte sich schmal auf die hintere Ablage, war mit 399 Euro aber ganz schön teuer. Wer nur zu zweit reist, was sicher sinnvoll ist, kann sich entscheiden: Entweder etwas straff oben liegen oder bequemer unten. Dann muss allerdings umgebaut werden (Tisch raus, Sitzbank nach vorne und umklappen, Matratze ausklappen). Im Hochbett kann mindestens das Laken drauf bleiben. Das Klappdach lässt sich leicht aufstellen, Schlaufen und Griffe helfen beim Zuklappen. Die Verriegelung bemüht sich um clevere Details (Magneten für die Haken), ist aber trotzdem etwas fummelig. Auch, weil man beim Befestigen immer zwischen den Vordersitzen rumturnen muss. Die Abdeckung für die verbleibende Öffnung fixiert man etwas mühsam mit Druckknöpfen. Ein Rollo wäre praktischer. Das gilt auch für die Fenster. Rollos oder Gardinen gab es im Campster nicht, aber ein Verdunkelungsset. Die Matten werden mit Magneten fixiert und dämmen den Campster zusätzlich, sind aber etwas umständlich. Mit 985 Euro kosten sie außerdem zu viel. Wohnen im Pössl CampsterQuelle: mobile.de Spüle, Kühlbox, zweiflammiger Gaskocher, Tisch und Schränke. Dem Campster fehlt zur vollen Autonomie nur die Toilette. Hinten links gibt es einen 230-Volt-Anschluss für einen CE-Stecker, mit dem man auf Camping- oder Stellplätzen Strom zapfen kann. LED-Leisten am Hochbettboden spenden Licht, das allerdings Supermarktstimmung verbreitet. Womöglich lassen sich Leisten mit wärmerem Farbton finden. Der Wasserhahn hat ordentlich Druck, der Gaskocher zündet ohne externe Hilfe. Gasflasche (2,8 kg) und Frisch- und Abwassertanks (je 10 l) stecken im Küchenblock und lassen sich bequem von außen herausnehmen – allerdings braucht man dafür die zweite Schiebetür links für mindestens 550 Euro. Durch die lässt sich der gesamte Küchenblock am einfachsten herausnehmen. Mit Anbau-Füßen und Verlängerungskabel (199 Euro) kann man draußen kochen und spülen. Der Ausbau lohnt jedoch nur bei mehrtägigen Aufenthalten. Die Möbel wirken ordentlich eingepasst und klapperfrei verarbeitet. Die Lock-Schlösser sind sehr solide und funktionieren prima. Das helle Holzfurnier wirkt wohnlich, die schwarzen Oberflächen von Tisch und Kühlbox-Klappe passen gut dazu. Spüle und Kocher werden mit geschwärztem Glas abgedeckt, das wirkt richtig edel. Man fühlt sich schon mit Serienpolsterung wohl im Campster. Noch angenehmer wirkt die optionale „Wohnwelt Maroon“ für 499 Euro. Braucht man aber nicht. Nicht überall stimmt die Verarbeitung: Im hinteren Querschrank war die Innenraumverkleidung nur grob ausgeschnitten. Der Faltbelag des Hubdachs wies an zwei Stellen in der Ecke schon dünne Stellen auf. Vermutlich, weil er beim Zusammenklappen an den Befestigungen scheuert. Wer den Stoff nicht immer ordentlich zusammenrollt, bekommt hier schnell Probleme. Transportieren im Pössl CampsterQuelle: mobile.de Einen herkömmlichen Kofferraum gibt es im Wohnbetrieb natürlich nicht, im Alltag bei Bedarf schon. Ist der Campster eingerichtet, bleibt unter der Platte fürs Bett im Erdgeschoss Platz für Koffer. Die sollten aber nicht zu dick sein, da hier der Klapptisch für die Fahrt eingehängt wird. Das kostet etwas lichte Höhe. Wer die Bettverlängerung ausbaut und die Platte herausnimmt, bekommt reichlich Ladung ins Auto. Dann fehlen zwei Schlafplätze. Mehr Ablagen im Führerhaus wären wünschenswert. Nur in den Türen gibt es oben kleine und unten größere. Uns fehlten Getränkehalter oder ein Fach in der Mittelkonsole - sowie überhaupt eine Mittelkonsole. Logisch, die Vordersitze sollen sich zum Wohnraum drehen lassen, da würde die Konsole stören. Der Stauraum in den Schränken ist naturgemäß begrenzt. Es soll ja Platz für ein breites Bett sein. Etwas störend ist allerdings, dass man die Schubladen in der Küchenzeile und die hinteren Schranktüren nicht mehr richtig aufbekommt, wenn das Bett inklusive Matratzenauflage gebaut ist. Schieberollos wären praktischer. In der Basis bietet der Pössl Campster Platz für fünf Personen. Zur Zweiersitzbank kommt noch ein Einzelsitz. Der befindet sich wahlweise hinter der Sitzbank in Reihe drei, davor in Reihe zwei oder rechts daneben, wenn der Küchenblock ausgebaut ist und die Sitzbank nach links rutscht. Eine weitere Zweiersitzbank mit einzeln umlegbaren Rückenlehnen und einen zusätzlichen Einzelsitz gibt es für 1.300 Euro. Damit wird der Campster zum Siebensitzer, zum Sechssitzer inklusive Küchenzeile oder zum Viersitzer mit zwei oder drei Reihen. Je nach Bedarf können so mal mehr oder weniger Passagiere an Bord sein und mal mehr oder weniger Ladung. Praktisch, aber da der Ausbau etwas mühsam ist, wird man sich nicht allzu oft umentscheiden. Den Pössl Campster fahrenQuelle: mobile.de Fahrer und Beifahrer sitzen nicht auf den besten Plätzen. Das Armaturenbrett besteht überwiegend aus Hartplastik, man kann es freundlich mit "funktional" beschreiben. Es ist nicht überall optimal verarbeitet, der Drehregler der Automatik sieht billig aus. Immerhin nimmt er keinen Platz weg. Das Infotainmentsystem von Citroën ist wenig intuitiv. Das Navi schlägt Wege direkt durch eine Vollsperrung vor und hat uns so in einem Fall ein Stunde Zeit gekostet. Apple Carplay und Android Auto sind jedoch an Bord. Deren Kartendienste sind zuverlässiger. Das Angebot an Assistenzsystemen ist für einen Transporter prima. Regen- und Lichtsensor, Kurvenlicht im Nebelscheinwerfer und Müdigkeitswarner gibt es serienmäßig. Das optionale Head-up-Display projiziert auf eine kleine, separate Scheibe. Mit diversen Paketen an Bord hält der Spacetourer den Abstand, bremst im Notfall, überwacht den toten Winkel, macht das Fernlicht an oder erkennt Verkehrszeichen. Sogar die Spur kann der Citroën halten. An Bord des Testwagens war der kräftigste Diesel mit 177 PS und 400 Newtonmetern Drehmoment. Der 2,0-Liter-Vierzylinder hat wenig Mühe mit dem Campster, kann das Gewicht von 2,3 Tonnen ohne Gepäck aber nicht überspielen. Geschaltet hat unser Campster noch per Sechsgang-Automatik, ab dem Modelljahr 2019 steckt ein Wandler mit acht Gängen im Auto. Auch so hat uns nichts gefehlt. Der Verbrauch pendelte sich bei typischem Reisetempo mit viel Landstraße und einigen Autobahnetappen knapp unter 8 Liter ein. Mit dem 70-Liter-Tank lassen sich also lange Strecken ohne Tankstopp abreißen. Wobei wir Geschwindigkeiten über 140 km/h gemieden haben. In der Stadt steigt der Verbrauch deutlich, da schlägt sich das Gewicht nieder. Der Campster ist sehr weich abgestimmt. Dadurch federt er zwar komfortabel, neigt sich in Kurven aber weit nach außen. Da drosselt man lieber das Tempo. Bei großen, langen Buckeln schwingt der Aufbau stark nach. Die Lenkung ist indirekt und gefühllos, wie in der Klasse nicht unüblich. Die Gewichtung ist jedoch gut gelungen. Den Pössl Campster kaufenQuelle: mobile.de Der Campster startet bei sehr günstigen 37.999 Euro. Dafür bekommt man kaum ein anderes Camping-Mobil in der Klasse. Allerdings gibt es dafür nur 102 PS aus einem 1,5-Liter-Diesel mit Fünfgang-Handschaltung. Das könnte zu wenig Kraft sein, unsere Variante mit 177 PS ist aber auch nicht nötig. Vermutlich reicht der 150-PS-Diesel für 39.999 Euro. Dann müsste man auf die Automatik verzichten oder den 2,0-Liter-Motor mit 120 PS und Achtgang-Automatik wählen. Unser Test-Campster kostete 50.527 Euro, bei einem Basispreis von 42.599 Euro. Viele Extras sind jedoch entbehrlich. Metallic-Lack zum Beispiel. Das Aufstelldach muss nicht in Wagenfarbe lackiert werden. Getönte Scheiben Reihe 2 (200 Euro) sind wegen des Blickschutzes sinnvoll, die Kühlbox für 699 Euro können wir ebenfalls empfehlen. Die Schiebetür links für 550 Euro ist fast unentbehrlich, schon wegen des luftigen Gefühls. Vor allem aber, weil der Küchenblock sonst nicht so gut ausbaubar und außerhalb zu betreiben ist (kostet 199 Euro). Wer nicht draußen kochen will, kann auf die Tür verzichten. Wer öfter im Winter campt, sollte die Standheizung kaufen. Sie kostet allerdings 2.199 Euro. Fazit: Günstiger als mit dem Campster geht es kaumWer sich einschränkt, bekommt mit dem Campster für um die 40.000 Euro ein voll funktionales Campingmobil. Das gibt es sonst nur sehr selten. Einige Ausbauspezialisten starten in ähnlichen Regionen, mit etwas mehr Leistung und ein paar Komfort-Extras landen aber auch die günstigsten Alternativen schnell darüber. Bei den Klassikern California (VW T6) oder Marco Polo (Mercedes V-Klasse) muss man gar nicht erst gucken. Schon der VW California Beach mit Minimal-Ausstattung kostet mehr als 45.000 Euro. Der Marco Polo startet als abgespeckter Activity bei 46.700 Euro. Viel mehr als Bett und Tisch gibt es dafür nicht. Der Pössl hingegen ist für den gleichen Preis ein vollwertiges Heim auf Rädern. Pössl Campster Citroën Spacetourer: Technische Daten
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