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China hängt Europa bei der Elektromobilität ab - So wird Chinas Mittelschicht zum E-Auto "überredet"

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China fährt Europa bei der E-Mobilität davon. Mit hohen Zuschüssen, aber auch mit Zwang: Vielen Großstadt-Chinesen bleibt keine Alternative zum Elektroauto.

Dichter Smog in Peking: Die Regierung fördert Elektroautos mit hohen Subventionen und handhabt die Neuzulassung von Verbrennern in vielen Großstädten restriktiv Dichter Smog in Peking: Die Regierung fördert Elektroautos mit hohen Subventionen und handhabt die Neuzulassung von Verbrennern in vielen Großstädten restriktiv Quelle: dpa/Picture Alliance

Peking - Hätte Ju Zhanpeng die Wahl gehabt, würde er jetzt einen VW Tiguan fahren und kein chinesisches Elektroauto. Der markenbewusste Pekinger mag deutsche Autos. Aber aus Jus Traum wurde nichts.

Knapp sechs Millionen Autos fahren in Peking. Zu viele: Die Straßen platzen aus allen Nähten, die Luft ist schlecht. Daher greift die Regierung durch. Nummernschilder für Autos mit Benzinmotor werden in den größten Städten seit Jahren nur noch verlost. Die Chance, eine der begehrten Lizenzen zu ergattern, liegt bei weniger als fünf Prozent.

Wer ein E-Auto kauft, ist von der Regel ausgenommen. Ju versuchte es drei Jahre lang mit der Verlosung. Dann gab er auf und entschied sich für einen Stromer des heimischen Anbieters BAIC. Batterie mit 160 Kilometer Reichweite. „Er ist okay“, sagt Ju emotionslos über den Wagen.

Wie dem 35-Jährigen geht es vielen Chinesen. Weil sie keinen Benziner zulassen dürfen, kaufen sie ein E-Auto - weil sie sonst komplett auf Bus oder U-Bahn angewiesen wären. Eine Horrorvorstellung für die chinesische Mittelschicht, wo Autos noch als Statussymbol gelten. Auch, wenn man damit meist im Stau steht.

Deutsche werden abgehängt

Elektroauto von BAIC auf der Pekinger Automesse 2016. Der Hersteller kooperiert mit Daimler Elektroauto von BAIC auf der Pekinger Automesse 2016. Der Hersteller kooperiert mit Daimler Quelle: dpa/Picture Alliance

„Die Beschränkung der Nummernschilder ist der wichtigste Grund, warum sich der Elektro-Markt so rasant entwickelt“, sagt Cui Dongshu von der Vereinigung der chinesischen Personenwagenhersteller. Bis 2020 will die Regierung fünf Millionen E-Autos auf der Straße haben. Vergangenes Jahr vervierfachte sich die Zahl verkaufter Elektro- und Plug-in-Hybrid-Pkw auf rund 180.000. China ist damit noch vor den USA der größte Markt für Stromer.

Auf der am Montag gestarteten Pekinger Automesse werben die Hersteller offensiv mit ihren Elektrokonzepten. Sie wissen: Die Elektro-Revolution ist politisch gewollt, ausweichen können in den großen Städten nur wenige Autofahrer. Es warten also fette Geschäfte.

Deutsche Hersteller fürchten zu Recht, dass sie dabei abgehängt werden. „Aus meiner Sicht ist das eine Gefahr für Europa“, sagt VW-Markenchef Herbert Diess. Ohne einen starken Heimatmarkt können sich die Hersteller in Europa im Wettbewerb der Kosten und Technologien nicht durchsetzen.

Diese Subventionen gibt es in China

Während Deutschland noch diskutiert, fährt China bei der E-Mobilität davon. Von dem Fahrverbot einmal die Woche, das in Peking für Benziner gilt, sind Elektroautos ausgenommen. Autokäufer bekommen bis zu 45.000 Yuan (6.140 Euro) von der Zentralregierung erstattet. Einige Lokalregierungen zahlen das Gleiche noch einmal obendrauf. Jus BAIC kostete ihn so statt 186.000 Yuan (25.500 EUR) nur 96.900 Yuan (13.220 EUR) . Auch die Steuern fallen weg. Experten glauben dennoch: die hohen Subventionen sind nicht entscheidend, sondern die Restriktionen bei Verbrennern.

In Städten wie Shenzhen oder Hangzhou gibt es keine Nummernschild-Beschränkungen. Dort kauft niemand Elektroautos – trotz der Zuschüsse. In den acht Megastädten mit Losverfahren oder Nummernschild-Auktionen wie Peking, Shanghai und Guangzhou boomt das Geschäft mit Elektroautos dagegen.

E-Auto-Fahrer helfen sich gegenseitig

In Peking gibt es fast sechs Millionen Autos. Die Stadt zog daher die Notbremse und verlost nur noch eine kleine Zahl an Neuzulassungen In Peking gibt es fast sechs Millionen Autos. Die Stadt zog daher die Notbremse und verlost nur noch eine kleine Zahl an Neuzulassungen Quelle: dpa/Picture Alliance

Fünf Monate nach dem Kauf weiß jedoch auch der Pekinger Zhang Haibo: Die Alltagsprobleme mit den Elektroautos lösen die Zuschüsse nicht. „Die Situation ist absurd“, sagt er. Zwar übernimmt die Regierung sogar die Kosten für eine private Ladestation direkt vor der Haustür. Zhangs Hausverwaltung hat ihm den den Bau jedoch untersagt.

Wenn Zhang seinen Wagen über Nacht landen will, muss er ihn an einer der öffentlichen Ladesäulen stehen lassen, die kilometerweit von seiner Wohnung entfernt liegen. „Die Stationen sind fast immer überfüllt, oft muss man Schlange stehen.“

Die Regierung hat zwar Abhilfe versprochen und angekündigt, in Städten und auf Autobahnen Zehntausende neue Ladestationen zu errichten. Aber das kann dauern. Bei Wechat, Chinas WhatsApp, unterstützen sich daher Pekings Elektroauto-Besitzer gegenseitig. Sie informieren sich, wo es in der Stadt neue Ladestationen gibt und vor allem, wo gerade mal eine Station nicht besetzt ist.

BAIC-Besitzer Ju sagt im Nachhinein, er hätte lieber länger auf ein Los gewartet. Am Wochenende will er mit seiner Familie einen Ausflug zur Chinesischen Mauer machen. Die rund 170 Kilometer für Hin- und Rückfahrt kann er mit seinem eigenen Wagen vergessen. „Wir mieten uns ein Auto, was bleibt uns anderes übrig?“

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