Berlin/München - Camellos, Kamele, nannten die Einwohner Havannas die Ungetüme des Personentransports wegen ihrer eigentümlichen Form mit zwei "Höckern". Bis vor einigen Jahren gehörten sie zum Stadtbild der kubanischen Metropole: Aus ausrangierten Bussen zusammengeschweißte Auflieger, die von Lastzugmaschinen geschleppt wurden. Es war ein Notbehelf, weil für neue Busse auf dem Höhepunkt der Wirtschaftskrise kein Geld da war.
So schlimm ist die Lage in deutschen Städten bei weitem nicht. Engpässe gibt es jedoch auch in Ballungsräumen wie München, Frankfurt und Berlin. Das zeigt sich an übervollen Bussen und Bahnen im Berufsverkehr morgens und spätnachmittags.
Buszug: Bis zu 150 Sitz- und Stehplätze
Busse mit Anhänger sollen Abhilfe schaffen. Auf zusammen 23 Metern gibt es bis zu 150 Sitz- und Stehplätze. "Der Markt verlangt zunehmend nach solchen Konzepten", sagt der Betriebsleiter der Kieler Verkehrsgesellschaft (KVG), Thomas Mau.
Einen Monat lang hat Mau deshalb einen Buszug, wie die Fahrzeuge auch heißen, auf den Straßen Kiels testen lassen. Obwohl fünf Meter länger als die bekannten Gelenkbusse, habe es im Alltag keine Probleme gegeben, sagt Mau. Denn die hintere Achse des Anhängers lenkt mit. "Er läuft hervorragend in der Spur", lobt der Betriebsleiter die Fahreigenschaften des zweiteiligen Busses. Über einen Kauf hat die KVG aber noch nicht entschieden.
Probewoche in Berlin
In Berlin ist für kommendes Frühjahr ein einwöchiger Test geplant. "Wir müssen sehen, wie das im betrieblichen Ablauf funktioniert", sagt Sprecher Markus Falkner von den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG). Das Fahrzeug für die Probewoche kommt aus München.
In der bayerischen Landeshauptstadt ist die bundesweit größte Flotte von Buszügen unterwegs. Mit dem Fahrplanwechsel an diesem Montag werden es 22 sein, die ersten 10 sind seit Herbst 2013 im Einsatz. Die extralangen Busse werden im Berufs- und Schülerverkehr sowie bei Großveranstaltungen eingesetzt. Sie bieten 133 Plätze, davon 69 im Zugfahrzeug und 64 im Anhänger - insgesamt rund 30 Plätze mehr als ein Gelenkbus und etwa 20 mehr als ein Doppeldecker, wie sie etwa in Berlin fahren.
Die Fahrzeugeinführung habe "reibungslos funktioniert", sagt der Geschäftsführer der Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG), Herbert König. Punktuell gibt es aber auch Probleme. An einer großen Kreuzung in München etwa versperren die langen Doppelbusse Fußgängern bei grüner Ampel immer wieder den Übergang, weil sich die Bushaltestelle direkt dahinter befindet.
Buszüge sparen Geld und Personal
Die Anhänger lassen sich abkoppeln und die Sitzplätze so an den Bedarf anpassen. Anders als bei den Gelenkbussen müsse man bei geringer Nachfrage "keine heiße Luft durch die Gegend fahren", sagt Betriebsleiter Klaus Dieregsweiler von der Fürther Nahverkehrsgesellschaft. Sein Unternehmen spare mit dem Einsatz der drei Hänger 90.000 Euro pro Jahr, weil weniger Busse und Fahrer gebraucht werden.
Nur eines macht Dieregsweiler Sorgen: Einer der beiden Anhänger-Hersteller, Göppel aus Ostthüringen, hat vor wenigen Wochen Insolvenz angemeldet. Von nur einem Anbieter will der Manager aus Fürth nur ungern abhängig sein.