V-Serien von Cadillac? Kennt kein Mensch (in Europa). Dabei lohnt es sich, die flottesten Kisten der US-Marke auszuprobieren. Das haben wir getan.
München – Amis cruisen auf dem Highway, Deutsche rasen auf der Autobahn. Soweit die Klischees. General Motors ist davon genervt. Und kämpft mit Cadillac in Europa um die Anerkennung als Alternative zur deutschen Oberklasse. Deshalb kommen jetzt die Caddys für die linke Spur: Die „V-Series“ soll Mercedes-AMG, der BMW M GmbH und Audis Quattro-Tochter Kunden abjagen. Gegen C-Klasse, Dreier und Vierer sowie gegen A4 und A5 fährt der ATS-V. In der Klasse darüber soll sich der CTS-V gegen E 63, M5 und RS6 behaupten. Für dieses PS-Duell haben die Amerikaner ihre Blechkisten gut geschminkt. Tiefe Spoiler und Schweller, Lufthutzen auf der Haube und bärenstarke Motoren. Im ATS tobt ein 3,6-l-V6, dem ein Doppelturbo 470 PS und bis zu 603 Newtonmeter Drehmoment abringt. Im CTS kommt ein V8-Motor zum Einsatz, bekannt aus der Corvette Z06. Quelle: Cadillac Statt auf Turbolader setzen die Amerikaner dort auf einen Kompressor, mit dem die Leistung auf 649 PS und das maximale Drehmoment auf 855 Nm steigt. Da machen Mercedes & Co zumindest auf dem Papier keinen Stich mehr – zumal der CTS in dieser Liga auch noch der leichteste ist. Wie ein Transrapid auf seiner SchwebebahnEntsprechend mühelos geht das Muscle-Car im feinen Zwirn zu Werke: Eingeleitet von einem dumpfen Grollen, das beim Kickdown zu einem wütenden Kreischen wird, schießt der CTS-V in 3,7 Sekunden vom 0 auf 100 km/h und fährt der deutschen Konkurrenz mit bis zu 320 Kilometern pro Stunde lässig davon. Obwohl der CTS-V das stärkere und schnellere Auto ist und sich auf der linken Spur anfühlt wie ein Transrapid auf seiner Magnetschwebebahn, ist der ATS-V die bessere Wahl. Klar, er erreicht Tempo 100 ein paar Wimpernschläge später, nämlich „erst“ nach 3,9 Sekunden. Und bei 304 km/h ist Schluss. Doch dafür ist das heckgetriebene Modell viel handlicher, fährt leichter um die Kurven und lässt sich enger an der Ideallinie führen. Beim Fahrverhalten haben sich die Amerikaner die Deutschen zum Vorbild genommen. Doch ansonsten bleiben ATS und CTS waschechte Amis. Und das ist gut so. Denn auch wenn Verarbeitung und Materialauswahl nicht ganz so hochwertig sind wie bei Audi & Co, das Infotainment reichlich verspielt wirkt, und der Verbrauch mit 11,6 Litern (ATS) und 13,0 Litern (CTS) alte Vorurteile bedient: Gimmicks für die Generation FacebookBeide bieten ein paar Gimmicks, die den Deutschen nie einfallen würden. Die Zahl der Fahrprogramme mit ihren feinen Verästelungen übersteigt die Phantasie des gemeinen deutschen Ingenieurs. Quelle: Cadillac Den „Performance Data Recorder“ kennt er allenfalls von den Spiele-Konsolen seiner Kinder. Dabei ist dieses aus der Formel 1 entlehnte Telematik-Tool nicht nur ein wichtiges Werkzeug im Kampf um die persönliche Bestzeit. Vor allem kann es die Generation Facebook wieder fürs Autofahren begeistern. Denn damit lassen sich schnelle Kurven mit virtuellen oder echten Freunden teilen. Auch das Verhältnis von Preis zu Leistung ist bei Cadillac unverschämt gut, im Vergleich zu unseren heimischen PS-Protzen. So startet der ATS als Limousine bei 69.900 und als Coupé bei 72.500 Euro. Wer den CTS-V bestellt, ist mit 98.500 Euro dabei. Stärker und schneller, dazu billiger und besser ausgestattet: beim Autoquartett sind diese Cadillacs Trumpf. Zittern müssen die süddeutschen Konstrukteure potenter Limousinen trotzdem nicht. Auch wenn Cadillac davon träumt, 2016 in neue Verkaufsdimensionen vorzudringen, reicht das in Affalterbach, Garching und Neckarsulm für kaum mehr als einen Schmunzler: Nächstes Jahr will Cadillac in Europa erstmals mehr als 10.000 Autos verkaufen. Cadillac ATS-V und CTS-V: Technische DatenCadillac ATS-V Limousine
Cadillac ATS-V Coupé
Cadillac CTS-V Limousine
Weitere MOTOR-TALK-News findet Ihr in unserer übersichtlichen 7-Tage-Ansicht |