Gut für die Firma, schlecht für die Umwelt: Der SUV-Erfolg gefährdet die Erreichung der EU-CO2-Ziele der Hersteller. In Deutschland sinkt der Flottenverbrauch kaum noch.
Bergisch Gladbach – Finanziell sind SUV eine feine Sache für die Autohersteller. Die Kunden geben mehr Geld für sie aus als für vergleichbare Limousinen oder Kombis, die Hersteller machen mehr Gewinn. Ein Gewinn mit Schmerzen: Bei der Reduzierung des CO2-Ausstoßes bremsen die Blechburgen. Und das könnte teuer werden, wenn dadurch CO2-Ziele verfehlt werden. Laut einer Studie des Center of Automotive Management (CAM) in Bergisch-Gladbach sind SUV mitverantwortlich dafür, dass in Deutschland neu zugelassene Autos im vergangenen Jahr nur 1,1 Prozent weniger CO2 ausstießen als 2015. Das ist der geringste Rückgang seit dem Abwrackprämienjahr 2009/2010. Im Schnitt waren es 127,4 Gramm pro Kilometer. In den fünf vorausgegangenen Jahren konnten die Emissionen jeweils um jährlich 3,2 Prozent reduziert werden (siehe Grafik in der Bildergalerie). Der Marktanteil von SUV und Geländewagen steigt. 2007 betrug er noch 7,3 Prozent, 2015 lag er bei 18,7 Prozent, 2016 schon bei 21,3 Prozent. Der CO2-Ausstoß der zugelassenen Geländewagen und SUV liegt mit durchschnittlich 162,8 g/km und 132,5 g/km über dem Gesamtschnitt und zum Teil weit über dem anderer Klassen. So stoßen Mittelklasse-Autos 125,6 g/km aus, Kompaktwagen 116,7 g/km. CO2-Ausstoß von SUV überdurchschnittlichDas Kraftfahrt-Bundesamt weist Geländewagen und SUV getrennt aus. So werden Ford Kuga und Opel Mokka als SUV geführt, VW Tiguan und Audi Q3 als Geländewagen. Keine nachvollziehbare Unterscheidung, nebenbei - und all diese Modelle treiben den CO2-Schnitt ihrer Hersteller: Die 2016 neu zugelassenen Ford Kuga stießen im Schnitt 137 g/km CO2 aus, beim Opel Mokka waren es 142 g/km, 147 beim VW Tiguan und 142 beim Audi Q3. Laut der CAM-Studie ist der SUV-Trend nicht allein verantwortlich für steigende CO2-Emissionen. Die weiterhin mangelnde Akzeptanz von Elektroautos spiele ebenfalls eine Rolle, außerdem die niedrigen Spritpreise. Für die Zukunft kommt nach Einschätzung des CAM hinzu, dass die sparsameren Diesel wegen des Abgasskandals an Relevanz verlieren dürften. Ab 2020 gilt in der EU ein CO2-Grenzwert von 95 g/km für 95 Prozent der Fahrzeugflotte, ab 2021 gilt er für alle neu zugelassenen Autos. Jedes Gramm mehr bedeutet Strafzahlungen. Die CO2-Werte in Deutschland sind dafür zwar nicht entscheidend, aber ein Gradmesser. Für jeden einzelnen Hersteller gelten allerdings andere Grenzwerte. Sie werden individuell berechnet, damit Hersteller größerer Fahrzeuge Chancen haben, die Ziele zu erreichen. Außerdem gibt es CO2-Boni für Elektroautos. Peugeot und Toyota mit niedrigem FlottenausstoßAuf dem deutschen Markt reicht einzig Smart an den EU-Grenzwert für 2020 heran. Fahrzeuge des Nischenherstellers stoßen im Schnitt 96,2 g CO2 aus. Peugeot kommt als zweitbeste Marke auf 105,8 g/km, Toyota (inkl. Lexus) liegt bei 107,9, dann folgt Renault (inkl. Dacia) mit 115,4 g/km. Vor allem Toyota konnte den CO2-Ausstoß im Vergleich zum Vorjahr erheblich reduzieren. Um 6,4 Prozent ging es abwärts. Bei Peugeot waren es immerhin noch 3,4 Prozent. Auch Volkswagen gelingt mit einer Verringerung von 125,2 auf 123,6 g/km eine leicht überdurchschnittliche Reduktion um 1,3 Prozent. Ford und Kia erhöhten als einzige Volumenhersteller ihren Flottenausstoß. Ford liegt mit 128,5 g/km sogar nur knapp unter dem Wert von 2014 (128,9) und deutlich über dem Vorjahr (125). Kia konnte zwar den CO2-Ausstoß von 2014 auf 2015 stark reduzieren (141,9 auf 131,1 g/km). Der Erfolg des Sportage, dessen Verkaufsanteil zuletzt von 23 auf 30 Prozent stieg, macht sich aber laut CAM bemerkbar (Grafik und Tabelle in der Bildergalerie). Bei Fiat steigt der CO2-Ausstoß seit 2010Komplett gegen den Trend bewegt sich Fiat. Die Marke stand in der CAM-Auswertung im Jahr 2010 noch am besten da (131,9 g/km), seitdem ging es fast jedes Jahr nach oben. Aktuell konnten die Italiener ihren CO2-Ausstoß wieder reduzieren. Mit 137,9 g/km stoßen Fiat unter den Volumenherstellern am meisten CO2 aus. Der einzige Premiumhersteller, der die CO2-Bilanz nicht verbessern konnte, war Mercedes (inkl. Smart). Der Anstieg von 130,6 auf 131,9 fiel allerdings trotz diverser neu in den Markt gekommen SUV gering aus. Da BMW (inkl. Mini) und Volvo ihre Werte weiter verbessern konnten, verlor Mercedes allerdings die Spitzenposition. Audi liegt mit 132,8 g/km knapp über Mercedes. Jaguar hat zwar große Fortschritte gemacht, mit 149,4 g/km CO2 ist der Abstand zu Audi aber groß. Die meisten Hersteller werden sich etwas einfallen lassen müssen, um den CO2-Ausstoß künftig zu drücken. Dass der SUV-Boom abflaut, ist nicht in Sicht. Sollte der Dieselabsatz tatsächlich zurückgehen, bleibt neben weiterer Optimierung der Benziner noch die Hybridtechnik. Und: Die Hersteller werden vor allem ihren Absatz an Elektroautos erhöhen müssen. Einige E-Mobile sind ja schon angekündigt. Hier weiterlesen: Messung nach WLTP - Einfluss des CO2-Ausstoßes auf die Kfz-Steuer |