Angekündigt ist ein zweites Elektroauto von Tesla schon lange, Details hat der Autobauer bisher jedoch höchst geheimnisvoll behandelt. Jetzt aber haben die Kalifornier die Katze aus dem Sack gelassen: Wenn die elektrische Autozukunft so aussieht wie das Tesla Model S, muss sie einem keine Angst machen. Im Gegensatz zum bisher einzig verfügbaren Roadster, der auf der Lotus Elise basiert, ist das Model S eine Eigenentwicklung von Tesla. Der weiß lackierte Prototyp dürfte mit seinem eleganten Äußeren viele verwundert haben - positiv die potentiellen Kunden, negativ die Wettbewerber der Branche. Entstanden ist ein ebenso sportlich wie elegant anmutendes Auto mit vier Türen und Heckklappe, dessen Erscheinungsbild Assoziationen an Jaguar und Aston Martin weckt. Das kann man Abkupfern nennen, sollte aber nicht übersehen, dass diese "me too"-Konzepte auch den renommierten Herstellern nicht fremd sind. Die Antriebstechnik inklusive der Lithium-Ionen-Batterien sitzt im Boden des Fahrzeugs, was viel Platz schafft. So gibt es nicht nur den üblichen Kofferraum im Fond, sondern auch ein zweites Gepäckabteil im Bug. Das freilich bleibt die einzige Parallele zu einem Porsche 911 oder Boxster, schon weil der Tesla nicht zwei oder vier Personen Platz bietet, sondern derer nicht weniger als sieben. Im Heck befinden sich zwei Extra-Sitze für Kinder mit Blickrichtung nach hinten - ganz so, wie es früher bei amerikanischen Kombis und etwa beim Mercedes T-Modell ein beliebtes Extra war (und noch heute lieferbar ist). Genaue Größenangaben zu den Kofferräumen macht Tesla noch nicht, schwärmt aber schon von mehr Platz als in den meisten SUVs auf dem Markt: Ein 50-Zoll-Fernseher, ein Mountainbike und ein Surfboard sollen sich transportieren lassen - gleichzeitig, wohlgemerkt (aber ohne die Kinder). Auch beim Antrieb lassen sich die Ingenieure aus dem Silicon Valley noch nicht recht in die Karten gucken. Klar ist aber, dass auch das Model S näher an einem Aston Martin als an einem Toyota Prius positioniert wird. In weniger als sechs Sekunden soll sich die Schrägheck-Limousine aus dem Stand auf 60 Meilen pro Stunde (96 km/h) beschleunigen lassen, eine spätere Sportvariante sogar in fünf Sekunden. Die Höchstgeschwindigkeit soll zumindest ersterenfalls auf 130 mph (210 km/h) begrenzt werden. Die Reichweite hängt von der georderten Batterie ab: Geplant sind drei Varianten, die Wegstrecken von umgerechnet rund 250, 370 und 480 Kilometern erlauben. Sie lassen sich an einem herkömmlichen Stromanschluss mit 120 oder 220 Volt aufladen. Dort, wo ein 480-V-Anschluss verfügbar ist, dauert das alles nur 45 Minuten. Wer das nebenbei beim Mittagessen erledigt, so die Rechnung von Tesla, hat auch auf langen Strecken keine Zeit-Nachteile gegenüber einem herkömmlichen Auto mit Verbrennungsmotor. Zudem soll sich der Akku in wenigen Minuten ausbauen lassen, womit der Wagen kompatibel zu entsprechenden Plänen hinsichtlich des Aufbaus einer Akkutausch-Infrastruktur wäre. Auch sonst spricht natürlich manches für das EV (eletric vehicle): Ein aufwändiges und schweres Getriebe ist nicht vonnöten (das Model S hat nur einen Gang mit fester Übersetzung), Wartungsarbeiten wie Ölwechsel und dergleichen sind obsolet, und bisherige Selbstverständlichkeiten wie Motorlärm oder Auspuff gibt es erst gar nicht. Im Innenraum fällt das Auge auf einen zentralen Monitor, der selbst das 10,2 Zoll große Display im neuen 7er-BMW mickrig erscheinen lässt: 17 Zoll lautet die Größenansage, ein vollwertiger 3G-Onlinezugang ist ebenfalls vorgesehen. Das alles klingt zu schön, um wahr zu sein? Nein, selbst der Preis verdirbt die Laune nicht: Mögen auch 50.000 Dollar (inklusive eines Ökoauto-Rabatts in den USA) kein Sonderangebot sein, so markiert die Zahl doch eine deutliche Trendwende, wenn man den mehr als doppelt so hohen Preis des Roadsters gegenüberstellt. Selbst wenn das Auto in Euro genauso teuer wäre, dürfte es mehr als genug Käufer finden. Und doch gibt es einen Wermutstropfen: Die Produktion soll - einen Zuschuss der US-Regierung vorausgesetzt - erst Ende 2011 in den USA beginnen, so dass es nach jetzigem Stand wohl 2013 werden dürfte, bis das Auto in Europa ankommt. Mindestens, wenn man sich die bisherigen Verzögerungen bei Tesla ansieht, wo noch nicht einmal 300 Roadster die Werkshallen verlassen haben. Bis dahin droht Tesla das Schicksal anderer innovativer, aber kleiner Anbieter: Überrollt zu werden von den Branchenriesen - "me too", wenn man so will. Good luck, guys.
Quelle: Autokiste |
verfasst am 05.04.2009
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