Der Countdown zum GP Korea nähert sich dem Ende. Auf der nagelneuen Formel 1-Strecke in Yeongam könnte bereits eine Vorentscheidung im Titelkampf fallen. Vettel, Webber, Alonso oder doch McLaren? Wir sagen, wer auf dem neuen Terrain die besten Chancen besitzt. Über den GP Korea ist bereits viel gesagt und viel geschrieben worden, ohne dass die Formel 1-Piloten auch nur eine Runde gedreht haben. Entgegen allen Unkenrufen haben die Koreaner die neue Strecke schließlich doch noch soweit fertig bekommen, dass hier ein Grand Prix ausgetragen werden kann - zumindest in der Theorie. An welchen Stellen es noch hakt, wird sich für die Teams erst im Praxisbetrieb herausstellen. Klar ist jetzt schon, dass es keine schönen Fernsehbilder vom GP Korea geben wird. Anstelle üppiger Begrünung und moderner Architektur herrscht abseits der Piste tristes Baustellenflair. Das Ambiente dürfte den Fahrern allerdings egal sein. Für die fünf Titelanwärter gilt jetzt die ganze Konzentration auf den WM-Endspurt zu richten. Beim drittletzten Rennen der Formel 1-Saison kann jeder kleine Fehler bereits eine Vorentscheidung bringen. Nur Spitzenreiter Mark Webber darf sich dank seines 14 Punkte-Polsters auf Red Bull-Kollege Sebastian Vettel und Ferrari-Pilot Fernando Alonso noch einen kleinen Patzer erlauben. Für das McLaren-Duo Lewis Hamilton und Jenson Button könnte der WM-Traum nach dem GP Korea dagegen schon ausgeträumt sein, wenn es ganz dumm läuft. Vielleicht kommt es am Ende ja auch für alle ganz dumm. Der Asphalt bereitet den Organisatoren nach wie vor Kopfzerbrechen. Der oberste Fahrbahnbelag wurde erst vor zwei Wochen verlegt - so kurz vor einem Rennen wie noch nie. Hält die frische Piste den harten Brems- und Beschleunigungsmanöver der 750 PS starken Formel 1-Boliden stand? Bilden sich Wellen? Dünstet der Teer noch Öle aus? Antworten auf diese Fragen werden die Piloten erst nach dem Trainingsfreitag erhalten. Die Strecke: Den Korean International Circuit kennen die 24 Formel 1-Piloten bisher nur aus dem Simulator. Die 5,5621 Kilometer lange Strecke aus der Feder des deutschen F1-Architekten Hermann Tilke präsentiert sich mit einem abwechslungsreichen Layout. Der Beginn der Runde wird durch drei längere Geraden dominiert. Mit 1,2 Kilometern ist die Gegengerade sogar die längste im gesamten Kalender. Hier rechnet die Simulation mit Top-Speeds von bis zu 320 km/h.. Im mittleren Streckenabschnitt wird es deutlich langsamer. Viele enge und eckige Kehren zerstören den Rhythmus. Erst im letzten Drittel der Runde wird es dann wieder etwas flüssiger. In den schnelleren Kurven muss Red Bull die Zeit gutmachen, die man auf der Geraden wieder auf McLaren verliert. Im Gegensatz zu den meisten anderen Strecken fahren die Piloten beim GP Korea gegen den Uhrzeigersinn. Die Abstimmung: In den letzten Wochen liefen die Simulationsrechner in den Büros der Teams auf Hochtouren. Überdurchschnittlicher Reifenverschleiß, hohe Abtriebslevel (8/10), geringe Bremsbelastung und eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 197 km/h spuckten die Computer als Ergebnis aus. Auf jedes Detail können sich die Ingenieure jedoch nicht vorbereiten. Bodenwellen, Asphaltbeschaffenheit, Wind? viele Faktoren, die sich erst im Praxistest an der Strecke zeigen, können das Ergebnis beeinflussen. Im Freien Training zum GP Korea müssen die Teams die Grundlage für ein gutes Rennwochenende schaffen. Es geht darum, alle wichtigen Informationen zu finden, um im Qualifying und Rennen nicht böse überrascht zu werden. Es ist zu erwarten, dass die koreanischen Formel 1-Fans viel Betrieb auf der Strecke sehen, wenn sich die Piloten auf die Suche nach einem guten Setup machen. Technische Updates: Drei Rennen vor Saisonende haben alle Teams ihre Entwicklungsressourcen bereits auf das Auto für 2011 verlagert. Für das Saisonfinale sind nur noch leichte Modifikationen der bisherigen Teile geplant. Red Bull hatte in Japan sein letztes größeren Updates gebracht. Auch McLaren war mit einem komplett neuen Heck in Suzuka. Nach dem Trainingscrash von Lewis Hamilton und dem vielen Regen musste man die neuen Teile vor dem Rennsonntag aber wieder abbauen. Beim GP Korea hoffen Hamilton und Button nun auf einen großen Sprung mit den modifizierten Updates. Die Favoriten: Spannung ist beim GP Korea garantiert. Wenn bei McLaren die neuen Teile endlich funktionieren, muss man Hamilton und Button bei den Favoriten ganz vorne aufführen. Auf den langen Geraden kann der MP4-25 seinen Top-Speed-Vorteil ausspielen. Red Bull muss versuchen die Zeit in den kurvigen Abschnitten aufzuholen. Präzise Prognosen lassen sich aber erst nach dem Trainingsfreitag abgeben. Im Mittelfeld präsentierte sich zuletzt Williams deutlich verbessert. Vor allem im Qualifying ging es regelmäßig in die Top Ten. Auf dem neuen glatten Asphalt sollte auch Sauber gute Chancen auf Punkte besitzen. Für Force India wird es dagegen wieder schwer. Die letzten Rennen gaben nicht gerade Anlass zu Optimismus und auch Pilot Adrian Sutil erwartet keine große Steigerung in Korea. Mehr Spannung herrscht im Duell der Silberpfeile. Nico Rosberg verlor das Duell in Japan gegen Teamkollege Michael Schumacher. Kann der Altmeister den Aufwärtstrend auf der für alle Piloten neuen Strecke fortführen? Expertenmeinung zum GP Korea: James Key (Technikchef Sauber) "Alle Vorbereitungen auf den neuen Kurs basieren auf den Informationen zur Streckenführung. Wir können erste Simulationen durchführen und Annahmen treffen, aber letztlich bleiben Vorhersagen schwierig. Wir haben CAD-Daten anhand deren wir eine Ideallinie herleiten und für unsere Simulation nutzen können. Wir beschäftigen uns mit unterschiedlichem Abtriebs- und Grip-Niveau, Bremsbeanspruchung und, bis zu einem gewissen Maß, mit mechanischer Abstimmung und Bodenfreiheit." "Aber das bleibt natürlich sehr allgemein, weil wir nicht wissen, welche Unebenheiten es gibt, wie griffig der Asphalt ist, wie hoch der Reifenverschleiß, ob der Fahrer eine andere Linie wählt usw. Auf diese Unbekannten kann man sich nicht vorbereiten, aber man muss sicherstellen, dass man mit vielen verschiedenen Szenarien umgehen kann. Für andere Strecken, die neu in den Kalender kamen, hatten wir Daten von anderen Rennserien, aber das ist hier nicht der Fall. Es liegt an den Teams und Fahrern, schnell zu lernen und bestmöglich zu reagieren, um das Auto zu optimieren. Das wird eine schöne Herausforderung." "Der Kurs sieht sehr interessant aus: drei Geraden mit harten Bremsmanövern am Ende und eine sehr gewundene Streckenführung für die zweite Hälfte der Runde. Es sieht nach einem technischen Kurs aus und nach einem, für den man einen Kompromiss beim Abtriebsniveau finden muss. Anscheinend haben wir es mit einer High-Downforce-Strecke zu tun, die zum Ende der Runde engere Abschnitte hat. Es wird für alle ein spannendes Wochenende, und wir freuen uns auf unseren ersten Besuch in Korea."
Quelle: Auto Motor und Sport |
verfasst am 20.10.2010
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