Toyota ist nicht mehr der größte Autohersteller der Welt. Kein Problem, sagt Chairman Takeshi Uchiyamada. Er erklärt Europa derzeit Toyotas Elektro- und Konzernstrategie.
Köln – Gigant auf Abwegen? Jahrelang war Toyota der größte Autobauer der Welt. Nun wurde der japanische Konzern gleich mehrfach überholt. Erst von Volkswagen, zuletzt von der Renault-Nissan-Allianz. Verliert Japans größter Autobauer den Anschluss? Nicht im Geringsten. Vielmehr läuft alles nach Plan, findet Toyotas Aufsichtsratschef Takeshi Uchiyamada (71). In verschiedenen Interviews mit europäischen Medien will er Verständnis dafür wecken, dass man sich an VWs und Renaults neuer Größe nicht stört – und erläutert Toyotas Sicht auf künftige Antriebstechnologien. Intern hat sich in Toyota City die Überzeugung durchgesetzt, dass der Konzern schlanker und schneller werden muss – zu viel Größe habe Toyota langsam gemacht. Beim Weltmarkt-Absatz vorne zu liegen, ist nicht mehr das Ziel des Konzerns. Seit 2016 versucht Toyota stattdessen, viele Startups zu werden. Die japanische Dachorganisation wurde in kleine Einheiten aufgespalten. Investments flossen in kleine, japanische Startups – auch aus Interesse an deren Unternehmenskultur. E-Auto in China schädlicher als HybridQuelle: picture allianceAusgerechnet der Pionier der Elektrifizierung von Antrieben begegnete dem reinen Elektroauto jahrelang mit maximaler Zurückhaltung. Das überraschte viele. Immerhin hatte Toyota mit dem Prius das erste elektrifizierte Großserien-Auto der Neuzeit auf den Markt gebracht. Zu Beginn mit hohen Kosten und geringem Erfolg. Die Beharrlichkeit zahlte sich aus. Heute ist der Prius ein Millionen-Bestseller, in Europa verkauft Toyota 40 Prozent seiner Autos mit Hybridantrieb. Und die Elektromobilität, von der alle reden? Im November 2016 kündigte Toyota für 2020 eigenständige Elektroautos an. Entwickeln wird sie ein Joint-Venture mit Mazda und Denso. An dem Gemeinschaftsunternehmen hält Toyota 90 Prozent. Ein komplett neuer Elektrobaukasten soll dort entwickelt werden, aus dem sich alle drei Partner künftig bedienen wollen. Die Skepsis gegenüber dem reinen Stromantrieb hat Toyota trotzdem nicht aufgegeben, wie Takeshi Uchiyamada dem „Spiegel“ sagte. Der Ingenieur hat einst den Hybridantrieb bei Toyota verantwortet und sagt heute: Ein Elektroauto muss nicht zwingend ein reines Batterieauto sein. Man könne diese Autos bauen, wenn der Gesetzgeber es fordere (wie in Kalifornien oder China). Aber in China sei ein Elektroauto aufgrund des hohen Kohlestrom-Anteils schädlicher als ein Hybrid. Tesla kein VorbildQuelle: picture alliance Bei der Elektrifizierung sieht Uchiyamada Toyota vorne. Schon vor 20 Jahren hat der Konzern damit begonnen, die anderen Hersteller seien erst jetzt an den Start gegangen, sagte Uchiyamada dem „Handelsblatt“. Nach seiner Ansicht zwingen nicht etwa neue Player wie Tesla die Konzerne zur Bewegung. Das Tempo geben vielmehr die Chinesen vor. „Die deutschen Autohersteller sind stark von China abhängig“, so der Manager. Wenn China E-Autos verlangt, müsse VW reagieren. Toyota offenbar auch. 2020 sollen in China batteriebetriebene Autos angeboten werden. Neue Konkurrenten wie Tesla seien weder ökonomisch noch technisch wegweisend: „Tesla ist nicht unser Vorbild“, sagt Uchiyamada. Rein batterieelektrische Autos mit hoher Reichweite benötigten einen schweren Akku, dessen Produktion viel Energie verbrauche. Der Akku lade zudem lange und sei sehr teuer. Doch das kann sich ändern. Bei Feststoffbatterien deute „einiges auf einen Durchbruch hin“, sagt der "Prius-Vater". Toyota will jedoch erst untersuchen, wie es um die Lebensdauer dieser Batterien bestellt ist. Eine Massenproduktion halten die Ingenieure frühestens in 4-5 Jahren realistisch. Laut Toyota-Entwicklungschef Seigo Kuzumaki hält Toyota die meisten Patente an der neuen Akkutechnik. Brennstoffzelle hat mehr PerspektiveDennoch sieht Uchiyamada im Wasserstoff langfristig die bessere Perspektive. Weil die Hinwendung zu regenerativen Energien zu großen Mengen überschüssiger Energie führen wird, wie Uchiyamada glaubt. Für deren Speicherung und Transport, sei Wasserstoff sehr interessant. Dass sich die Brennstoffzelle deshalb im Auto schnell durchsetzt, glaubt Uchiyamada trotzdem nicht: Anders als die Hybridtechnik, benötigt Wasserstoff eine eigene Infrastruktur. Aber: „Wenn sich niemand bewegt, passiert nichts.“ Deshalb will Toyota die Brennstoffzelle möglichst schnell marktreif machen. Deutlich weniger Lust als auf die Brennstoffzelle haben die Japaner offenbar auf harten Wettbewerb innerhalb der Branche. Toyota will Wettbewerber am liebsten umarmen – auch das ist Teil der neuen Strategie. Beim Diesel kooperiert man mit BMW, beim Elektroantrieb mit Mazda, bei Kleinstwagen oder Nutzfahrzeugen mit PSA. Man sehe Marktteilnehmer nicht als Gegner, sagt Uchiyamada. Wenn die bessere Technologie haben als man selbst, müsse Toyota mit ihnen zusammenarbeiten. Bei Tesla ist das nach Meinung der Japaner offenbar nicht der Fall. |