Hinter manchem Inserat verbergen sich besondere Fundstücke. Einige stellen wir Euch auf MOTOR-TALK vor. Diesmal ein Saab 900 Vollturbo: Vor 30 Jahren der Porsche-Schreck.
Quelle: die-motorjournalisten.com | Haiko Prengel für mobile.de Von Haiko Prengel Berlin - Aua, was ein Krater! Schlaglöcher sind auf Berlins Straßen ein Thema, uns zieht aber etwas Anderes herunter. Ein tiefes Turboloch. Aus dem Stand kommt dieser Saab nur schwer in die Hufe. Ab etwa 3.000 Umdrehungen, geht dann plötzlich die Post ab. „Da fliegt das Auto einfach weg“, sagt Daniel Nepelski. Wir fahren ja auch das Produkt eines Flugzeugbaukonzerns. Der erste Eindruck nach ein paar Kilometern Testfahrt: Alter Schwede! Es ist ein frostiger Januarmorgen. Ideales Wetter, um einen Saab zu testen. Die Marke aus dem frostigen Skandinavien ist zwar seit einigen Jahren mausetot. Viele ihrer Autos sind aber quicklebendig und haben teils Kultstatus, allen voran der Saab 900. Quelle: die-motorjournalisten.com | Haiko Prengel für mobile.de Viele Saab 900 überwintern gerade in Tiefgaragen, denn sie werden nur noch als Sommerauto genutzt. Insbesondere die Cabrios. In Berlin traut sich ein Exemplar zur Probefahrt heraus: ein Saab 900 Turbo. Eigentümer Daniel Nepelski will seinen Youngtimer verkaufen, für stolze 14.900 Euro. Viel Geld für ein fast 30 Jahre altes Auto mit mehr als 200.000 Kilometern auf der Uhr. Ob der Wagen sein Geld wert ist? Der Saab war seiner Zeit vorausEtwas Besonderes ist der Saab 900 in jedem Fall. Mit Turbolader und bis zu 185 PS unter der langen Haube war der Schwede in den 1980er-Jahren der Abfangjäger auf den Autobahnen. Die Frage ist, ob der Wagen auch heute noch beeindrucken kann. Zunächst einmal müssen wir das Zündschloss finden. Das befindet sich beim Saab 900 auf der Mittelkonsole zwischen den Vordersitzen. Das mag nach sonderbaren Gimmick klingen, für die Saab-Ingenieure hatte das Feature aber seinen Sinn. Bei einem Unfall sollte der Fahrer so nicht durch den Zündschlüssel am Knie verletzt werden. Nicht nur in diesem Punkt war der Saab 900 seiner Zeit voraus. Als er 1978 auf den Markt kam, hießen die Konkurrenzmodelle Mercedes W123 oder auch BMW 7er (E23), Autos mit klassischem Stufenheck. Der Saab 900 irritierte mit einer lang gezogenen, schrägen Heckklappe und einem aerodynamischen, für damalige Verhältnisse futuristischen Design. Quelle: die-motorjournalisten.com | Haiko Prengel für mobile.de Die Kunden waren trotzdem oder deswegen begeistert vom Saab 900. In den 1980er-Jahren avancierte der elegante Schwede zum Auto wohlhabender Individualisten, die nicht BMW oder Mercedes fahren wollten. Rechtsanwälte, Hochschulprofessoren und Ärzte fuhren zumindest dem Klischee nach den Saab 900, der schon in der Basisausstattung sündhaft teuer war. So kostete ein 900 Turbo Coupé mit drei Türen knapp 40.000 Mark. Für ein 900 Cabrio musste man bei Markteinführung 1987 ab 60.000 Mark berappen. Für den gleichen Preis bekam man vor 30 Jahren eine Mercedes S-Klasse. Schwedenstahl kann rostenDaniel Nepelski ist zwar kein Hochschulprofessor, aber immerhin Wissenschaftler. Im spanischen Sevilla arbeitet der 40-Jährige für die EU-Kommission, in seiner Freizeit fährt und bastelt er gerne an alten Autos herum. Aus Spanien stammt auch sein Saab 900 Turbo, was ein Plus ist. Schnee und Salz habe das Coupé nie gesehen, weswegen man das Fahrzeug getrost als „rostfrei“ bezeichnen könne, versichert er. Eine gute Nachricht, denn Schwedenstahl kann rosten. Neuralgische Stellen sind der Antriebswellentunnel und die Stoßdämpferaufnahmen hinten. Wenn es hier blüht, wird die Instandsetzung aufwändig und teuer (beim Antriebswellentunnel etwa 850 Euro pro Seite). Auch die Türunterkanten gammeln gerne. Beim Berliner Test-Saab sind sie sauber. Im Innenraum fällt eigentlich jedem Saab-900-Fahrer früher oder später der Himmel auf den Kopf. Auch hier zeigt sich der Wagen von Daniel Nepelski in gutem Zustand. Der Dachhimmel wurde neu bezogen, die Ledersitze wirken gepflegt. 2013 hatte Nepelski seinen 900 Turbo in Valencia gekauft und seitdem nach eigenen Angaben einiges in den Wagen investiert. Unter anderem wurde der Unterboden konserviert, was bei zeitweisen Aufenthalten im winterlichen Deutschland sinnvoll ist. Der Wagen bekam eine neue Lackierung, denn nach vielen Jahren in der spanischen Sonne war das Außenkleid verblichen. Das Armaturenbrett zeigt dagegen auch fast drei Dekaden nach Auslieferung des Wagens keine Risse. Im Herbst darf der Wagen mit einen H-Kennzeichen geschmückt werden und in Umweltzonen einfahren. Vollturbo, Softturbo?Quelle: die-motorjournalisten.com | Haiko Prengel für mobile.de Inzwischen haben wir auch das Zündschloss in der Mittelkonsole gefunden, der Zweiliter-Vierzylinder springt nach kurzem Leiern kernig an. Schon die Saugmotoren im 900 sind flott. Am robustesten ist der 16V-Benziner, der mit seinen 126 PS ordentlich Leistung bietet. Unter Saab-Fans gilt dieser Motor als Einstiegsdroge. Richtig spaßig wird es dann mit den Turbo-Aggregaten. Am häufigsten ist der 16V-Turbo mit G-Kat und 160 PS, es gab aber auch eine abgespeckte Version („Softturbo“) mit 141 PS. Vom „Vollturbo“ gibt es auch Versionen ohne Kat und 175 PS, zu diesen gehört der Wagen von Daniel Nepelski. Zum Super-Jet wird der Saab 900 mit Turbo-Tuning ab Werk, erkennbar an einem roten Steuergerät. Dann leistet der Zweiliter-Motor 185 PS. Als der Saab 900 auf den Markt kam, steckte die Turbo-Technik noch in den Kinderschuhen. Wer in den 1970er Jahren ein Auto mit Ladetechnik fahren wollte, hatte wenig Auswahl. Man musste schon auf einen Porsche 911er oder einen BMW 2002 zurückgreifen. Der Saab 900 machte den Turbo praktisch alltagstauglich. Und er lehrte Fahrer deutscher Fabrikate das Fürchten. „Er heißt nicht umsonst Porsche-Killer“, betont Daniel Nepelski. Der alte Schwede braucht nur eins: hohe Drehzahlen. Dann fliegt er über die Schlaglöcher. 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Technische Daten: Saab 900 Turbo
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