Nissan will das 24h-Rennen in Le Mans mit Frontantrieb gewinnen. Experten vermuteten einen Helfer an der Hinterachse. Doch der Hersteller widerspricht.
Le Mans – Für viele Fans gehört Frontantrieb nicht in den Motorsport, schon gar nicht in die Le-Mans-Königsklasse. Er gilt als unsportlich. Die meisten Hersteller stimmen zu, schrauben den Motor vor die Hinterachse und treiben alle oder zumindest die Hinterräder an. Nur Nissan spielt in Le Mans den Hipster: Im LMP1-Renner GT-R LM Nismo treibt ein Front-Mittelmotor die Vorderachse an. Angeblich soll das sogar Vorteile haben. Bei der Vorstellung des Rennwagens diskutierten viele MOTOR-TALKer über das Konzept. Einige Medien berichteten, dass nur der Verbrenner die Vorderachse antreibt. Ein KER-System an den Hinterrädern mache aus dem Nissan streng genommen einen Allrader. Nissan widerspricht, all diese Meldungen seien Spekulation. V6-Benziner und KERS treiben ausschließlich die 14 Zoll breiten Vorderräder an – mit insgesamt etwa 1.250 PS. Nissans LMP1-Renner: Frontantrieb für die AerodynamikQuelle: Nissan Jetzt erklärt Nissan das Antriebskonzept. Frontmittelmotor und Frontantrieb würden die Aerodynamik verbessern. In einem Video spricht ein Nissan-Rennfahrer über die Vorteile: Die Luftführung über die lange Motorhaube maximiere den Anpressdruck und ermögliche hohe Kurvengeschwindigkeiten. Zusammen mit einer Traktionskontrolle gebe es fast kein Untersteuern. Gleichzeitig ermögliche die Karosserieform eine hohe Endgeschwindigkeit. Die ist besonders in Le Mans wichtig – auf 75 Prozent der Strecke geben die Fahrer Vollgas. Audi tritt aus diesem Grund mit einem umgestalteten R18 an. Jason vom Youtube-Kanal „Engineering Explained” betrachtet den GT-R LM Nismo im Detail. Er erklärt, dass das LMP1-Reglement die Variationen von Heckspoiler und -diffusor stark einschränkt. Dadurch falle es schwer, genug Abtrieb über dem Schwerpunkt des Fahrzeugs zu erzeugen, wenn dieser hinter dem Cockpit sitzt. Das ist jedoch Voraussetzung für ein neutrales Fahrverhalten. An der Fahrzeugfront hätten die Ingenieure mehr Möglichkeiten. Bei Nissan sitze der Schwerpunkt des Autos vor dem Cockpit. Der Hersteller könne den Abtrieb besser darüber positionieren. Zudem erlaube das Heck ohne Motor und mit schmalen Reifen eine bessere Luftführung. Die frontlastige Gewichtsverteilung verbessere außerdem die Effizienz des KER-Systems: Mit mehr Last auf der Vorderachse könne man besser rekuperieren. Mehr Strom, weniger KraftstoffMorgen wird Nissan weitere Details zum GT-R LM Nismo bekanntgeben. An der Antriebsart soll sich nichts ändern. Aber der Hersteller verrät, in welcher Energieklasse der LMP1-Renner antreten wird. Zum Vergleich: Auf dem Wiener Motorensymposium sagte Porsche-Entwicklungschef Wolfgang Hatz, dass kein anderes Team in der Lage sei, acht Megajoule pro Runde zu rekuperieren. Audi fährt mit vier Megajoule pro Runde. Wir vermuten, dass Nissan sechs Megajoule zurückgewinnen will. Das Langstrecken-Reglement lässt den Herstellern bei der Balance zwischen Verbrenner und Elektromotor viele Freiheiten. Mehr Strom im Antrieb bedeutet jedoch schärfere Verbrauchsgrenzen. Bildlich gesprochen: Wer viel rekuperiert, darf weniger verbrennen.
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