Aus Bologna kommt das erste Motorrad der Welt mit integrierter Airbag-Jacke. Unser Reporter Ralf Schütze wagte den Selbstversuch mit Fall und Knall.
Von MOTOR-TALK-Reporter Ralf Schütze Bologna – In nur 45 Millisekunden ist alles vorbei. Das sind 45 Tausendstelsekunden. Ein Wimpernschlag dauert neunmal so lang. So blitzschnell reagiert das erste System mit Funkverbindung zwischen Motorrad und Jacke. So fix werden zwei Airbags aufgeblasen, um den Biker zu schützen. Sicherer war Motorradfahren noch nie. Denn die beiden Luftsäcke schlucken 72 Prozent der Aufprall-Energie. Sie schützen vor allem die Brust, die Schlüsselbeine und den Rücken. Das Bike, das diese Technik weltweit als erstes serienmäßig anbietet, heißt Ducati Multistrada 1200 S D-Air. Die D-Air-Jacke kostet rund 900 Euro mehr als ein ähnlich hochwertiges ExemplarQuelle: Ducati Sicherheit kostet: 700 Euro die Sensoren-Technik in der Ducati Multistrada, 1.400 Euro für die spezielle Ducati-Dainese-Jacke. Das sind etwa 900 Euro mehr als für eine ähnliche Jacke ohne Luftsack. Das gute Stück ist natürlich zweilagig, wasserdicht, atmungsaktiv und mit Kältefutter ausgestattet. Einmal ausgelöst, kann die Airbag-Jacke für 299 Euro aufbereitet werden. Ein Motorrad kann zwei Jacken ansteuern. Der Sozius wird ergo auch elektronisch geschützt. Ducati-Boss Claudio Domenicali strahlte voller Euphorie bei der Weltpremiere in Bologna: „Die Airbag-Jacke ist ein Schritt in eine neue Motorrad-Welt. Sie wird bald für alle unsere Modelle erhältlich sein.“ Nach 25 Tausendstelsekunden geht der entscheidende Impuls an die AirbagsEinen im Motorrad installierten Airbag bietet Honda an. Und IXS stellt Jacken mit Airbags her, die beim Sturz von einer Reißleine auslöst werden. Das integrierte Ducati-System D-Air arbeitet sensibler und schneller: Sensoren im Motorrad registrieren nach 5 Millisekunden den Aufprall. Zur Erinnerung: Ein Wimpernschlag dauert 400 Millisekunden. 12 Millisekunden nach dem Aufprall analysiert das System, ob die Airbags aktiviert werden müssen. Nach 25 Millisekunden werden via Funk die zwei Gaspatronen gezündet. Alles doppelt gemoppelt, damit beim Unfall nichts schiefgeht. Quelle: Ducati Das gesamte System bringt der Maschine nur ein Kilogramm zusätzliches Gewicht. Bewährt hat sich D-Air im Crashtest-Zentrum der Ducati-Mutter Audi. Der Mailänder Trauma-Chirurg Prof. Osvaldo Chiara, Spezialist für Motorrad-Unfälle, sagt: „Das System reduziert radikal das bei Motorrad-Kollisionen besonders hohe Risiko an Brust und Oberbauch.“ Mit ausgelöstem Airbag fühlt man sich dick und etwas beengt – aber sehr sicherDabei fühlt sich die D-Air-Jacke trotz 1,5 Kilo Airbag-Ballast fast normal an. Lediglich am unteren Rückenprotektor sitzt die Jacke ungewohnt, dort befinden sich die Gaspatronen. Ich selbst wage den Versuch, streife die Jacke über und lasse die Luftsäcke per Simulation füllen. Der Knall ist erstaunlich dumpf, klingt fast wie ein Silvesterböller. Es riecht verbrannt und während ich noch diesem Gedanken nachhänge, spüre ich den Unterschied zu vorher. Mein Oberkörper wirkt plötzlich wie der eines Michelin-Männchens. Dick, aufgeblasen, aber wohlbehütet. Auffällig gut wird der Nacken unterstützt, das fühlt sich ein wenig wie HANS an, der Sicherheitskragen der besseren Rennserien. Wie das neue System bei Ducatisti ankommt? Das ist wohl eine Altersfrage. Mehr Geld für mehr Sicherheit zahlen meist erst Menschen, die man nicht mehr zu den Haudraufs zählen würde. Ducati selbst ist beseelt von der Idee. Und entwickelt mit Dainese gerade einen Ganzkörper-Airbag samt D-Air-Hose. |