Verkehrsüberwachung mit ständiger Videoaufzeichnung ist oft rechtswidrig. Das hat jetzt das Bundesverfassungsgericht unter Hinweis auf Datenschutzrechte entschieden. Möglicherweise werden bis zur Schaffung einer Rechtsgrundlage etliche Bußgeldverfahren eingestellt. In dem Fall ging es um einen Autofahrer, der im Jahr 2006 auf einem auf 100 km/h begrenzten Teilstück der BAB 19 mit 129 km/h erwischt worden war. Deshalb wurde gegen ihn ein Bußgeld in Höhe von 50 Euro festgesetzt. Die eingelegten Rechtsmittel gegen den Bußgeldbescheid, mit denen der Mann insbesondere rügte, dass die Video-Aufzeichnung des Verkehrsverstoßes mangels konkreten Tatverdachts ohne ausreichende Rechtsgrundlage angefertigt worden sei, hatten keinen Erfolg. Als ausreichende Rechtsgrundlage für die vorgenommene Geschwindigkeitsmessung wurde von den Gerichten ein Erlass des Wirtschaftsministeriums Mecklenburg-Vorpommerns aus dem Jahr 1999 angesehen. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat in seiner jetzt veröffentlichten Entscheidung (Beschluss vom 11.08.2009, - 2 BvR 941/08 -) das Urteil des seinerzeit urteilenden Amtsgerichts und den Beschluss des Oberlandesgerichts Rostock aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Amtsgericht zurückverwiesen. Die Rechtsauffassung dieser Gerichte, die den Erlass als Rechtsgrundlage für den Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung herangezogen haben, sei "unter keinem rechtlichen Aspekt vertretbar", heißt es in der Begründung. Sie sei insofern willkürlich und verstoße gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 GG. Zwar könne das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung im überwiegenden Allgemeininteresse eingeschränkt werden. Eine solche Einschränkung bedürfe aber einer gesetzlichen Grundlage, die dem rechtsstaatlichen Gebot der Normenklarheit entspreche und verhältnismäßig sei. Dies treffe auf den ministeriellen Erlass jedoch nicht zu, so die Richter. Es handele sich hierbei lediglich um eine Verwaltungsvorschrift und damit um eine verwaltungsinterne Anweisung. Sie sei kein Gesetz und könne deshalb nur Gegenstand, nicht Maßstab der richterlichen Kontrolle sein. Weil die angegriffenen Gerichtsentscheidungen (also das Bußgeld) auf dem festgestellten Verfassungsverstoß beruhen, muss neu verhandelt werden. Dabei wird nun zu klären sein, ob aus dem Beweiserhebungsverbot auch ein Beweisverwertungsverbot folgt. Dies könne nach allgemeinen strafprozessualen Grundsätzen der Fall sein, heißt es in der BVerfG-Entscheidung. Der ADAC sieht das offenbar strenger: In einer Mitteilung des Clubs heißt es, aufgrund dieser Entscheidung müssten nun alle entsprechenden noch laufenden Verfahren von der Bußgeldstelle oder dem Gericht eingestellt werden. Der Fall bezieht sich nur auf Abstands- und Geschwindigkeitsmessungen, bei denen nicht nur bei konkretem Tatverdacht geblitzt, sondern generell jeder vorbeifahrende Verkehrsteilnehmer aufgezeichnet wird. Rechtlich einwandfrei sind dagegen Messungen, bei denen nur vom Verkehrssünder selbst Aufzeichnungen gemacht werden.
Quelle: Autokiste |
verfasst am 21.08.2009
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