Pontiac entwickelte seinen Sportflitzer Fiero GT mit extrem hohem Aufwand. Unter der Kunststoff-Karosserie steckt ein Spaceframe aus Stahlblech. Ein kräftiger V6 liefert genügend Power. Dennoch war nach nur vier Produktionsjahren Schluss. Die jüngere Geschichte von General Motors (GM) gleicht mit ihren vielen, teuren Modell-Pleiten dem "Untergang des Hauses Usher". Eine geradezu gespenstische Erfolgslosigkeit lastete besonders auf Coupés und Sportwagen wie den in Kooperation mit Pininfarina gebauten Cadillac Allanté. Oder die vierte, 1996 präsentierte, seifenartig abgerundete Camaro- und Firebird-Generation, die 2002 sogar zum vorläufigen Ende der einst heiß geliebten Baureihe geführt hat. Und dann gab es noch von 1984 bis 1988 das kleine Mittelmotor-Coupé Pontiac Fiero. Der Pontiac Fiero blieb uns vor allem als laienhafter Ferrari-Darsteller in nahezu legendärer Erinnerung. Dabei strengte man sich bei Pontiac mit dem sparsamen Flitzer besonders an und schuf ein fast vollkommen neues Auto. Für GM eine Herkules-Tat. Sportlicher und sparsamer Zweisitzer als Pendler-Auto Bereits 1979 dachten die Marketing-Strategen des US-Riesen als zeitgemäße Antwort auf die zweite Ölkrise an einen sportlichen, sparsamen Zweisitzer, der auch als "commuter car", als großstädtisches Pendler-Auto, seine Qualitäten unter Beweis stellen sollte. Die Marke Pontiac schien für dieses Vorhaben "Pontiac Fiero" prädestiniert zu sein, galt sie doch im Reigen der GM-Marken als die fortschrittlichste und (optisch) modernste. Schließlich war damals die Mittelmotor-Anordnung, mit der man ein besonders niedriges und leichtes Automobil realisieren wollte, für alle US-Großserien-Hersteller ein Novum. Und die Zeit war jetzt endlich reif dafür. Seit 1980 besaß die kompakte X-Body- Baureihe mit den Modellen Chevrolet Citation, Oldsmobile Omega und Pontiac Phoenix Frontantrieb. Die Vierzylinder-Reihen- und V6-Motoren waren quer vor der Vorderachse montiert. Im Pontiac Fiero wanderte zunächst nur der Vierzylinder mitsamt Getriebe, Antriebswellen und Teilen der Radaufhängung hinter das Cockpit und diente von nun an als Mittelmotor. Leider zählte der 2,5 Liter große, "Iron Duke" genannte Stoßstangen-Vierzylinder nicht zu den spritzigsten im Lande: 92 PS standen bei stoischen 4.000/min im Pontiac Fiero zur Verfügung. Die Querlenker-Vorderachse spendierten die Subkompakt-Modelle Chevrolet Chevette und Pontiac T 1000 mit Hinterradantrieb, beide US-Ableger des braven Opel Kadett C. Völlig neu und revolutionär gestalteten die Pontiac-Techniker unter der Leitung ihres in Istanbul geborenen Projektchefs Hulki Aldikacti das Chassis. Der rund 275 Kilogramm schwere "Spaceframe" besteht aus 280 Einzelstücken, die mit über 4.000 Schweißpunkten zusammengefügt sind. Hierfür wurden spezielle Produktionsmaschinen gebaut, die am Schluss auch jene 39 Löcher bohrten, mit denen die Kunststoff-Panele der Karosserie am Spaceframe befestigt sind. Ein Pontiac Fiero fährt auch ohne Karosserie und diente deshalb häufig als Basis für heiße Ferrari- und sogar Lamborghini-Replicas . Die Erwartungen an den Pontiac Fiero waren hoch Die Erwartungen an den neu entwickelten Sportwagen Pontiac Fiero waren entsprechend hoch. Das Fachmagazin "Motor Trend" schrieb: "Mit Ausnahme der neuen Corvette von 1984 hat in jüngster Zeit kein anderes Auto vor seiner Einführung mehr Spekulationen ausgelöst als der Fiero." Dann war er endlich da, und die Motor-Journalisten glücklich: Das kleine Coupé sei handlich und sparsam. Es biete genügend Platz, hätte bequeme Sitze und sei insgesamt gut verarbeitet. Die Tester von "Car & Driver" freuten sich besonders über die attraktiv gestylte Karosserie des Pontiac Fiero: "Wir parkten den Wagen auf dem Platz eines Einkauf-Centers für gerade mal fünf Minuten, schon waren Leute da und haben ihre Nasen an die Seitenscheiben gepresst. So viel Aufmerksamkeit erzielt normalerweise nur ein Ferrari. Dabei kostet ein Fiero nur etwas mehr als 10.000 Dollar." Bereits 1985 legte Pontiac mit einem optional angebotenen V6-Motor nach, der 137 PS leistete und die bisher kritisierten Fahrleistungen drastisch verbesserte: Von null auf 96 km/h beschleunigte der Pontiac Fiero jetzt in 8,5 statt bisher in elf Sekunden. Ein Jahr danach ergänzte das Schrägheck-Modell Fiero GT (nur mit V6) die weiterhin angebotenen, ursprünglichen Stufenheck-Varianten SE (Vierzylinder und V6). Der Pontiac Fiero GT war "the best fiero ever" Beide erhielten außerdem eine aerodynamisch optimierte Frontpartie - der GT einen Tick windschnittiger - und ein modernes Fünfgang-Schaltgetriebe von Getrag. Schließlich bekam der Pontiac Fiero 1988, ausgerechnet zum letzten Produktionsjahr, ein neu überarbeitetes Fahrwerk mit vier innenbelüfteten Scheibenbremsen. The best fiero ever, der jetzt für eine Ausfahrt bereit steht. Und die Tester von damals lagen weitgehend richtig: Der Pontiac Fiero sieht auch heute noch gut aus, präsentiert sich als typisches Kind der sachlich-dynamischen Achtziger. Dazu zählen die integrierten Stoßfänger, Klappscheinwerfer, kein Quadratzentimeter Chromglanz, ein schwarzer Heckabschluss mit versteckten Leuchteinheiten sowie schwarze Kunststoff-Zierleisten und -Blenden. Ein bisschen übertrieben wirken die vier gewaltigen Auspuff-Endrohre in extra dafür geformten Karosserie-Ausschnitten. Selbst der große V8-Bruder Trans Am GTA gab sich da bescheidener und verzichtete komplett auf zur Schau gestellte Endrohre. Immerhin brabbelt der V6 des Pontiac Fiero GT erstaunlich brünstig und basslastig aus seiner Vierkanal-Anlage. Die weit vorn angeschlagene Fahrertür ermöglich einen problemlosen Zugang in das geräumige Cockpit und zeigt im Schloss- sowie im Scharnierbereich den Stoff, aus dem die Tür eigentlich gemacht ist: schwarz verzinktes Stahlblech. Bei jedem Pontiac Fiero sind nur die von außen sichtbaren Kunststoff-Panele in Wagenfarbe lackiert, während das dazwischen oder dahinter sichtbare Spaceframe-Chassis in schlichtem Schwarz gehalten ist. Die Tür fällt ohne großen Kraftaufwand satt ins Schloss - und los gehts. Zuvor muss noch das wie ein Steinbruch zerklüftete Cockpit ins Bewusstein dringen, wo es ein inneres Lächeln auslöst: Ja, so war damals die Mode, ein Kästchen hier, ein Kästchen da, und das Hauptinstrumente- Modul, so scheint es, zum Herausnehmen, damit es keiner klaut. Das Ganze dann noch in hellbraunem Hartplastik, das ständig nach "Armor All" schreit. Einfach grandios dagegen das vom großen Firebird-Bruder übernommene Sportlenkrad des Pontiac Fiero GT mit dickem Lederkranz für starke, brutale Rambo-Oberarme. Für einen Ami straff abgestimmt Doch die braucht man im Pontiac Fiero GT nun wirklich nicht. Die servounterstützte Zahnstangenlenkung geht leichtgängig und trotzdem relativ direkt. Für einen Ami ist der kleine Pontiac erstaunlich straff abgestimmt und zeigt in Kurven nur wenig Seitenneigung. Die 137 PS des 2,8-Liter- V6 reißen zwar keine Pflastersteine raus, haben aber mit den 1.265 Kilo Wagengewicht kaum Mühe. Seine gleichmäßige Leistungsentfaltung ohne giftige Leistungsspitze wirkt wie eine eingebaute Traktionskontrolle. Heckschlenker lassen sich eigentlich nur auf nasser Straße provozieren. Und immer mit dabei: das beruhigende Grummeln aus dem Achterdeck. Trotzdem war der Pontiac Fiero ein Flop. Die Verkäufe fielen zwischen 1984 und 1988 kontinuierlich von 136.840 auf 26.401 Einheiten pro Jahr. Der Markt für einen kompakten Mittelmotor-Sportler war in den USA wohl zu klein - und es gab zeitgleich ab 1984 den Toyota MR2, der bereits von Anfang an alles deutlich besser konnte. Und er ließ sich nicht als Vorstadt-Ferrari verkleiden. Der Fiero im Ferrari-Kleid Dank seines Spaceframe-Chassis lassen sich beim Pontiac Fiero die originalen Kunststoff- Karosserieteile leicht austauschen. So entstanden viele Ferrari- und auch Lamborghini-Replicas: die Modelle 308, 328, F 355, Testarossa und sogar F 40. Für den Lamborghini Diablo und Ferrari F 355 musste das Chassis verlängert werden. Hinzu kamen Phantasiemodelle wie offene Ferrari Testarossa Spider. In der Regel erhielt auch das verräterische Pontiac Fiero-Interieur mehr oder weniger das Aussehen der kopierten Originale. Stärkere Motoren aus dem GM-Regal einschließlich Corvette-V8 verbesserten die Fahrleistungen. Ferrari ging juristisch gegen die Karosserie- Firmen vor, weshalb heute kaum mehr Teile erhältlich sind. Quelle: Motor Klassik |
verfasst am 17.02.2012
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