Mini-Espace? Nein, neuer Scénic: Optisch rückt der Kompakt-Van nah an seinen großen Bruder. Sein Innenraum bleibt variabel und wird digitaler. Erster Test.
Bordeaux – Erst gründet er eine Fahrzeugklasse, dann mag er sie selbst nicht mehr. Vor 20 Jahren war der Renault Mégane Scénic einer der ersten Kompaktvans in Europa. Aber ein richtiger Van soll er heute nicht mehr sein. Renault schubst Generation vier in Richtung SUV, aus dem Hochdachkombi wird ein Crossover. Mit mehr Bodenfreiheit und riesigen Rädern. Van klingt eben unsexy, und kompakt ist ohnehin relativ: der neue Scénic ist größer als der erste Espace. Geschenkt, der Trend geht zu mehr Bodenfreiheit. Renault stellt den Scénic deshalb mit dem Modellwechsel serienmäßig auf 20-Zöller. Renault Scénic: Staufächer und ein größerer KofferraumQuelle: Renault Im Inneren bleibt das Wichtigste gleich: An allen Ecken gibt es Staufächer. Insgesamt passen 63 Liter Firlefanz in die Ablagen unter dem Boden, in der Mittelarmlehne, in den Türen und im Handschuhfach. Das Modul zwischen den Frontsitzen lässt sich (wie beim Scénic II, optional) verschieben. Je nach Position wird daraus eine Mittelarmlehne für vorn oder eine Trennwand für freche Kinderbeine. Mit dem Modellwechsel wird der Scénic vier Zentimeter länger und zwei Zentimeter breiter. Der gewonnene Platz vergrößert vor allem den Kofferraum. Je nach Position der Rückbank passen jetzt 506 bis 637 Liter Gepäck hinein – mindestens 36 Liter mehr als beim Vorgänger. Wer die Rückbank für maximales Ladevolumen um 16 Zentimeter nach vorn verschiebt, darf aber höchstens Kleinkinder mitnehmen. Selbst in der Komfort-Position wird es für Erwachsene hinten eng. Sitzriese Constantin (1,90 Meter) hat beim Probesitzen Kontakt mit Vordersitz und Dachhimmel. Die Konkurrenz kann das besser. Ein flacher Boden würde helfen – auf Kosten eines Staufachs. Etwas mehr Platz gibt es im deutlich größeren, aber technisch gleichen Renault Grand Scénic. Touchscreen für die meisten FunktionenQuelle: Renault Vorn wird es komfortabler. Sitzposition und Ergonomie stimmen, viele Knöpfe verschwinden aus dem Cockpit. Navigation, Fahrmodi, Infotainment und einige Fahrzeugfunktionen steuert der zentrale Touchscreen. Das funktioniert weitgehend intuitiv und selbsterklärend. Einige wenige Optionen verstecken sich in Untermenüs, zum Beispiel die (optionale) Massagefunktion für die Vordersitze.Erstmals bietet Renault im Scénic ein Head-up-Display an. Bekannt ist der zweite Innenspiegel, mit dem der Fahrer die Kinder im Auge behält. Einige Mängel muss Renault vor dem Serienanlauf noch abstellen. Im getesteten Vorserienfahrzeug wackelte das Schaltschema am Knauf, der Schalthebel selbst fühlt sich ungenau an. Außerdem saßen die Kopfstützen nicht fest genug. Bei jeder Berührung mit dem Kopf wackelten sie – das nervt schon nach ein paar Kilometern. In einem zweiten Fahrzeug passte die Verarbeitung. Mehr Bodenfreiheit durch 20-Zoll-FelgenQuelle: Renault Im Vergleich zum Vorgänger wächst der Scénic nicht in der Höhe. Trotzdem nimmt die Bodenfreiheit um vier Zentimeter zu. Die Differenz ergibt sich ausschließlich durch die großen Räder. Renault setzt eine exotische Reifengröße ein: Bisher bieten nur drei Hersteller die Dimension 195/55 R20 an. Ein Reifen kostet aktuell etwa 130 Euro. Verglichen mit den 17-Zöllern des alten Scénic (205/55 R17) steigt der Preis um etwa 30 Euro; bei 16-Zöllern um etwa 40 Euro. Mit schmalen Reifen, hohem Schwerpunkt und französisch-weicher Abstimmung fährt der Scénic lieber langsam um Kurven. Flotte Manöver verhindert spätestens die weiche Lenkung. Dafür rollt er leise ab. Schnell genommene Schlaglöcher kommen allerdings etwas grob im Innenraum an. Fünf Motoren mit 110 bis 160 PSAuch wenn Fahrzeuge dieser Klasse gern „Sport“ oder „Active“ heißen, der Renault Scénic mag es eher ruhig. Große Motoren bietet Renault nicht an. In Deutschland starten Scénic und Grand Scénic zunächst mit zwei Dieseln (1,5 bzw. 1,6 Liter Hubraum) und drei Benzinern (1,2 Liter Hubraum). Die Motoren leisten 110 bis 160 PS und fahren einen Tick langsamer, als man vermutet. Quelle: Renault Mit dem stärkeren Benziner (132 PS, 205 Nm) bewegt sich der Scénic trotzdem angemessen. Sprints sind nicht seine Stärke, aber der kleine Direkteinspritzer fährt überraschend drehfreudig. Auf unserer Testrunde mit hohem Landstraßenanteil errechnete der Bordcomputer einen Durchschnittsverbrauch von 6,9 Litern pro 100 Kilometer. Laut Norm sollen es 5,8 Liter sein. Im Spritspar-Modus streicht die Motorsteuerung allerdings spürbar Kraft. Der Hybrid-Scénic kommt Ende 2016Ende 2016 ergänzt Renault den wohl wichtigsten Motor im Scénic-Duo. Denn erstmals bieten die Franzosen dann einen Diesel-Hybrid an. Ganz ohne Verbrenner fährt er nicht, aber ein Elektromotor hilft mit seinem Drehmoment aus. Renault nennt das Hybrid-System „Hybrid Assist“. Der Elektromotor mit einer Leistung von zehn Kilowatt ist per Riemen mit der Kurbelwelle des 1,5-Liter-Selbstzünders (110 PS) verbunden. Im Schubbetrieb und beim Bremsen lädt er einen 48-Volt-Akku. Beim Beschleunigen gibt er seine Kraft wieder ab. Der Elektromotor läuft immer mit, Renault koppelt ihn nicht ab. Nachteile sollen dadurch nicht entstehen. Quelle: Renault Auf dem Papier liegt das maximale Drehmoment etwas früher an als beim Diesel ohne Strom. An den Fahrleistungen ändert das nichts. Tatsächlich fällt der Elektromotor nur dann auf, wenn er Strom generiert. Offizielle Verbrauchswerte gibt es noch nicht. Auf unserer Testfahrt in der Stadt verbrauchte der Mild-Hybrid etwa 5,3 Liter pro 100 Kilometer. Renault hofft auf einen NEFZ-Wert von 3,5 Litern Diesel. Zum Vergleich: Ohne Elektromotor spritzt der Selbstzünder durchschnittlich 3,9 Liter ein. Renault Scénic: Ab 19.990 EuroDer neue Renault Scénic startet am 15. Oktober und kostet in der Basisversion 19.990 Euro. Knapp 1.700 Euro unter dem Citroen C4 Picasso, der allerdings mit 15 PS mehr startet. Mit dem größeren Benziner kostet der Scénic schon 25.090 Euro, da er erst ab der mittleren Ausstattung angeboten wird.
Stahlfelgen in 20 Zoll, vier elektrische Fensterheber, elektrische Außenspiegel, eine Klimaanlage und ein MP3-Radio mit USB-Anschlüssen und Bluetooth gibt es serienmäßig. Der Grand Scénic kommt einen Monat später und kostet 1.300 Euro Aufpreis. Renault Deutschland gewährt auf beide Autos fünf Jahre bzw. 100.000 Kilometer Garantie. Der kleinste Diesel startet bei 24.590 Euro (Ausstattung „Experience“). Für ihn bietet Renault optional ein Doppelkupplungsgetriebe an (1.900 Euro). Zum Hybrid nennt der Hersteller noch keine Preise. Anfang 2017 ergänzt Renault außerdem die Smartphone-Standards Apple CarPlay und Android Auto. Renault Scénic und Grand Scénic: Technische Daten
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