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125 Jahre Selbstzünder: Das Diesel-Prinzip - Viel heiße Luft um einen guten Wirkungsgrad

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Vor 125 Jahren reichte Rudolf Diesel sein Patent für einen selbstzündenden Motor ein. Heute steht das Prinzip in der Kritik. Wir schauen kurz zurück und nach vorn.

Vor 125 Jahren reichte Rudolf Diesel das Patent für den ersten Dieselmotor der Welt ein. Wir blicken zurück Vor 125 Jahren reichte Rudolf Diesel das Patent für den ersten Dieselmotor der Welt ein. Wir blicken zurück Quelle: dpa/Picture Alliance

Berlin – Ein Geburtstag sollte ein schöner Anlass sein. Vor allem ein dreistelliger. Doch eine große Party wird es für den Dieselmotor nicht geben. Denn seine Zukunft kippelt: Zum 125. Jahrestag ist unklar, ob und wie es weitergeht. Erst war da der Skandal mit Epizentrum Wolfsburg. Bald kommen in Stuttgart temporäre Fahrverbote für dreijährige (und ältere) Autos. Es sieht finster aus für den Antrieb.

Trotzdem wollen wir uns heute erinnern. An günstige Mobilität, zuverlässige Dauerläufer und sportliche Erfolge. Denn am 27. Februar 1892, vor genau 125 Jahren, stellte Rudolf Christian Karl Diesel seine Idee einer „Neuen rationellen Wärmekraftmaschine“ dem Patentamt in Berlin vor. Die Patentnummer 67 207 gilt als der Ursprung des Selbstzünders.

125 Jahre Diesel: So sollte der Motor funktionieren

Erfinder und Ingenieur Rudolf Diesel (1858-1913) Erfinder und Ingenieur Rudolf Diesel (1858-1913) Quelle: dpa/Picture Alliance In seinem ersten Patent führte Diesel die Nachteile des Verbrennungsmotors auf. Er monierte die unkontrollierte Verbrennung. Sie sei nach der Zündung „sich selbst überlassen“. Außerdem störte ihn der Wärmeverlust. Der Motor müsse gekühlt werden, heiße Abgase würden Energie vergeuden. Das gelte für alle üblichen Motoren.

Diesel übernahm das Viertakt-Prinzip des Benziners. Sein Plan: Ein neuartiger Motor mit möglichst geringen Temperaturunterschieden vor und während der Verbrennung. Er wolle Luft im Brennraum stark komprimieren und damit erwärmen. Bei 64 Atmosphären (65 bar) erwarte er Temperaturen von 700°, bei 91 bar 800°. Nun solle „fein vertheilter Brennstoff“ eingebracht werden und sich an der heißen Luft selbst entzünden.

Über die Menge des Treibstoffes ließen sich Druck, Temperatur und Volumen genau steuern. Einen Temperaturanstieg während der Verbrennung habe er nicht erwartet. Die gesamte Energie werde in Bewegung umgewandelt. Den heißesten Punkt erreiche der Motor durch die Kompression der Luft.

Es war noch sehr theoretisch, was Diesel damals einreichte. Der Motor existierte in seinem Kopf, aber nicht in der Praxis. Seine berechneten Drücke empfand man vor 125 Jahren als nicht beherrschbar. Doch das Patent wurde bestätigt. Und Diesel begann mit dem Bau eines Prototyps. Zunächst mit Petroleum und Benzin als Treibstoff. Und immer mit dem Problem, Treibstoff in den unter Druck stehenden Brennraum zu pressen.

1892 bis 1897: Die Entwicklung des ersten Dieselmotors

Gemeinsam mit Heinrich von Buz (Maschinenfabrik Augsburg, später MAN) und mit finanzieller Hilfe von Krupp brachte Diesel am 10. August 1893 seinen ersten Motor zur Bewegung: ein luftgekühlter Selbstzünder mit Benzin als Kraftstoff. Er lief nicht, aber Diesel wies mit einer Explosion die Möglichkeit der Selbstzündung nach.

1,6-Liter-Diesel im Peugeot 307 Hdi 90 FAP: Der erste Diesel mit Partikelfilter in dieser Klasse 1,6-Liter-Diesel im Peugeot 307 Hdi 90 FAP: Der erste Diesel mit Partikelfilter in dieser Klasse Diesel erkannte: Einen Wirkungsgrad von 100 Prozent wird er nicht erreichen. Er baute eine neue Maschine, drei Meter hoch und 4,5 Tonnen schwer. Ein Kompressor spritzte Petroleum in den einzigen Zylinder des 6,3-Liter-Motors. Er gilt als der erste funktionsfähige Dieselmotor (1895). Sein Wirkungsgrad nach einem 17-tägigen Versuchslauf lag bei 16,6 Prozent. Er wich bereits stark von Diesels erstem Patent ab.

So richtig funktionierte Diesels Erfindung erst am 17. Februar 1897. Laut offiziellen Messungen kam der Prototyp auf einen Wirkungsgrad von 26,2 Prozent und eine Leistung von 20 PS. Zur Einordnung: Eine Dampfmaschine mit gleicher Leistung erreichte damals einen Wirkungsgrad von 10 Prozent. Eine Sensation!

Doch Entwicklung, Kritik und Konkurrenz machten Diesel krank. Seine Erfindung funktionierte in stark abgewandelter Form. Aber die Lizenzfertigungen hielten nicht. Am 30. September 1913 starb der Entwickler bei einer Bootsfahrt nach London. Die Umstände sind bis heute ungeklärt.

Erfolg des Dieselmotors: Die Entwicklung ab 1897

Sein Motor wurde trotzdem zum Erfolg. Das Prinzip ist bis heute geblieben: Kraftstoff wird in komprimierte, heiße Luft eingebracht. Der Wirkungsgrad liegt höher als bei allen anderen Verbrennungsmotoren, mittlerweile bei mehr als 50 Prozent.

Im Jahr 1900 zeigte Nicolaus Otto auf der Weltausstellung in Paris einen Dieselmotor, der mit Pflanzenöl lief. 1910 reiste Roald Amundsen mit einem Dieselschiff („Fram“) zur Antarktis. 1912 startete das erste dieselbetriebene Ozeanschiff („Selandia“), ein Jahr später die erste Diesel-Lokomotive. 1919 baute Cummins den ersten eigenen Dieselmotor.

Audi gewann mit Diesel- und Diesel-Hybrid-Rennern oft in LeMans Audi gewann mit Diesel- und Diesel-Hybrid-Rennern oft in LeMans Quelle: dpa/Picture Alliance Seit 1922 gibt es Dieselmotoren in Traktoren, seit 1924 in Lkws, seit 1928 in Flugzeugen, seit 1930 in Pkws. 1954 baut Volvo den ersten Großserien-Turbodiesel in einem Lkw. 1968 setzt Peugeot einen Diesel in einem Kleinwagen (204) ein. 1988 stellte Fiat den Croma TD i.d. vor, den ersten Pkw mit Turbodiesel und Direkteinspritzung. 2006 gewann Audi mit dem Rennwagen R10 TDI das 12h-Rennen in Sebring, später oft in Le Mans.

Dieselmotoren sind seit vielen Jahren beliebt. Taxifahrer schätzten sie wegen ihrer simplen Mechanik. Viele verkaufen ihre Autos nach 300.000 pannenfreien Kilometern. MOTOR-TALKer pietsprock fuhr einen Skoda Fabia TDI eine Million Kilometer. Der VW Passat TDI von MOTOR-TALKer Schrepfer zählte im Juli 2016 1,3 Millionen Kilometer. In den großen Dieselmärkten Deutschland und Frankreich wird der Kraftstoff subventioniert.

Verbrauchsvorteil und Schadstoffnachteil

Der höhere Energiegehalt von Diesel gegenüber Benzin und der bessere Wirkungsgrad der Motoren macht Diesel in den letzten Jahren wichtiger, denn die EU gibt CO2-Ziele vor. Viele Hersteller rechnen fest mit dem Selbstzünder, um sie zu erreichen. Doch spätestens seit dem VW-Skandal um manipulierte Abgase weiß jeder: So ein Diesel hat Nachteile. Jeder gesparte Zehntelliter ist mühsam erkauft.

Im neuen Modelljahr verkauft Ford den Pick-up F150 erstmals mit einem Dieselmotor Im neuen Modelljahr verkauft Ford den Pick-up F150 erstmals mit einem Dieselmotor Je sparsamer die Diesel werden, je weniger Kraftstoff sie einspritzen, desto mehr Stickoxide und Rußpartikel entstehen bei der Verbrennung. Abgase werden nur durch teure Nachbehandlung sauber. Für Kleinwagen lohnt sich das bald nicht mehr. Die Antriebsart steht in der Kritik und wird unter anderem für die hohe Feinstaubbelastung in Stuttgart verantwortlich gemacht. Dort dürfen ab 2018 an Tagen mit Feinstaubalarm nur noch Diesel ab Abgasnorm Euro 6 fahren. Eine blaue Feinstaubplakette ist in der Diskussion. Bald gibt es Partikelfilter für Ottomotoren.

Ausgedient hat der moderne Diesel trotzdem nicht. Peter Mock, Europa-Chef jener Umweltorganisation, die den VW-Skandal mit aufdeckte, betont: „Ihn sauber zu bekommen, ist absolut möglich.“ Ähnlich optimistisch gibt sich Matthias Wissmann, Chef des Autoverbands VDA: „Wir werden 2030 noch hocheffiziente Verbrenner brauchen.“ 2016 war in Deutschland knapp jedes zweite neue Auto ein Diesel. Der Marktanteil sank zuletzt von 48 auf 45,9 Prozent. Doch für viele Diesel-Fahrer gibt es weiterhin keine echte Alternative.

Trotz aller Kritik: Happy Birthday, du oller Ölbrenner!

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