Opel nennt seine neuen Selbstzünder „Flüster-Diesel“. In zweifacher Hinsicht ist das nicht korrekt. Wir haben den Insignia mit dem 170-PS-Diesel getestet.
Berlin – Moderne Dieselmotoren sollen nicht nageln, nicht laut sein, nicht stinken. Aus diesem Grund hat Opel nach den 1,6-Liter-Motoren auch die 2,0-Liter-Aggregate modernisiert und sie "Flüster-Diesel" getauft. Wir haben ganz genau hingehorcht. 1. Gang – die BasisSeit dem Start des Kadett D 1982 mit seinem 1,6-Liter-Diesel und 54 PS hat sich bei Opels Selbstzündern viel getan. Aus den lauten Vierzylindern mit Kaltstart- und Leerlaufnageln sowie dicker Rußwolke sind schnurrende Motoren mit Turbo und viel Leistung geworden. Im Insignia kommen nun drei neue Leistungsvarianten zum Einsatz. Alle erfüllen die Euro-6-Norm. Beim Fünftürer kostet der Basisdiesel 1.6 CDTI mit 120 PS 27.060 Euro, die 136-PS-Variante kostet mindestens 28.460 Euro und für den von uns getesteten 2.0 CDTI mit 170 PS verlangt Opel mindestens 32.645 Euro (Ausstattung Edition). Den 2.0 BiTurbo CDTI mit 195 PS musste Opel aus dem Programm nehmen. Warum, lest Ihr später. Der intern B20DTH genannte Motor mit Aluminium-Zylinderkopf zerrt ab 1.750 Umdrehungen mit 400 Newtonmeter Drehmoment an der Kurbelwelle (bisher: 360 Nm, mit Overboost 380 Nm). Aus dem Stand beschleunigt er den Insignia in 9 Sekunden auf Tempo 100. Erst bei 225 km/h beruhigt sich die Tachonadel. Schon ab 1.200 Touren bringt der VTG-Turbolader ordentlich Leistung. Statt einer Unterdruckdose verstellt Strom die Leitschaufeln der einzeln ausgewuchteten Schaufelräder des Turbos. Das geht schneller. Der Turbo sitzt näher am Zylinderkopf, verringert die Wege und baut deutlich schneller Druck auf als der Vorgänger. Neu gestaltete Einlasskanäle und Brennräume sowie der angehobene maximale Einspritzdruck von bis zu 2.000 bar tragen zu einer besseren Verbrennung bei. Das Turboloch wird zum Löchlein. Wasserkühlung für niedrigere Lufttemperaturen (für eine bessere Verbrennung) und ein separater Ölfilter für den Lader sollen die Lebensdauer erhöhen. 2. Gang – das BesteDer Diesel arbeitet leise und laufruhig. Nach roten Ampeln schaltet die serienmäßige Start-Stopp-Funktion sanft in den Betriebsmodus und zieht aus dem Drehzahlkeller lässig und leise hoch. Das sind wir bisher nur von Dieseln mit Biturbo gewohnt. Der ruhige Lauf entsteht durch den Einsatz zweier gegenläufiger Ausgleichswellen und einer zweiteiligen Ölwanne. Die Ölwanne besteht aus Aluminium und aus einem stark dämmenden Akustikblech. Zudem teilt sich die Einspritzmenge pro Verbrennungszyklus auf bis zu zehn Einzeleinspritzungen auf. Der Vorteil: Der Druck im Brennraum steigt und fällt weicher, die Verbrennungsgeräusche nehmen ab. Außerdem knirscht der Zahnriemen durch eine neu gestaltete Verzahnung weniger. Trotzdem: Von Flüstern kann keine Rede sein. Die Vibrationen dringen bei höherer Drehzahl ans Lenkrad, die Ohren vernehmen ein leichtes Nageln. Jeder erkennt sofort, dass hier ein Diesel am Werk ist. Zudem verbraucht der Opel trotz zurückhaltender Fahrweise viel mehr als angegeben. Nach 1.600 Kilometern durch Stadt, über Land und über die Autobahn stand statt der offiziellen 4,3 Liter ein Wert von 6,4 Liter Diesel im Bordcomputer. Was der Insignia richtig gut kann: Direkt und gefühlvoll einlenken und komfortabel einfedern. Die Sitze zwicken auch nach langer Fahrt nicht. Dazu kommt in der Fließheckvariante ausreichend Platz für vier Erwachsene und ein Ladevolumen von mindestens 530 Litern. 3. Gang – das SchwächsteDie Ernüchterung folgt beim ersten Bedienen des Navis. Anders als bei den meisten Herstellern üblich, tippt man zuerst die Straße ein. Dann schlägt das Navi den Ort vor. Vertippt sich der Fahrer, sucht sich das System müde und findet den Ort nicht. Klar, nach ein paar Tagen hat man den schnellsten Weg zum Eingeben der Straße gefunden. Aber das geht bei anderen Marken schneller. 4. Gang – das ÜberflüssigsteHäufiges Schalten fördert zwar die Durchblutung, aber zu viel Sport ist ungesund. Beim manuellen Getriebe wechselt die rechte Hand ständig vom Lenkrad zum Schaltknüppel. Durch das üppige Drehmoment von 400 Newtonmeter landet der Fahrer rasch in den höheren Gängen. Vierter und fünfter Gang liegen schnell an. Das macht auf Landstraßen Spaß, nervt aber in der Stadt. Zum Motor passt deshalb besser die Sechsgang-Automatik für 1.650 Euro Aufpreis. 5. Gang – das WissenswerteOpels 2,0-Liter-Dieselmotor der „Family B-Generation“ stammt noch aus der Kooperation zwischen GM und Fiat und ist damit keineswegs ein neuer Motor. Die Ingenieure mussten den Vierzylinder jedoch gründlich überarbeiten, damit er die Euro-6-Hürde packt. Schön, dass der Selbstzünder gleichzeitig stärker und leiser wurde. Durch die neue 170 PS-Variante fiel der Biturbo mit 195 PS aus dem Sortiment. Denn der beschleunigt nur 0,3 Sekunden schneller auf Tempo 100 und fährt nur 5 km/h schneller. Dafür stößt er mehr Schadstoff aus und erreicht nur Euro 5. 6. Gang – das BesondereUm beim neuen, alten Motor die Schadstoffe weiter zu reduzieren, wird Harnstoff ins Abgas hinter dem Partikelfilter eingespritzt. Im Insignia ist der Adblue-Tank 7,9 Liter groß. Das soll für 7.000 bis 10.000 Kilometer reichen – je nach Fahrweise. Mit einem leichten Nageln im Ohr. Ausrollen und FazitMit dem Motor hat Opel vieles richtig gemacht: Der Antrieb ist leise, kraftvoll und sparsam. Aus unserer Sicht die beste Wahl beim Insignia. Doch vom Begriff "Flüster-Diesel" ist der Motor weit entfernt. Es sei denn, man hat was auf den Ohren. Technische Daten: Opel Insignia 2.0 CDTI Fünftürer
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