1974 debütierte der VW Golf und ist mittlerweile in der sechsten Generation am Markt. Lange Zeit galt der Golf als das meistverkaufte Auto aller Zeiten und liegt nach wie vor auf Rang drei dieser Statistik. Mit ein Grund dafür war sicher über die Generationen hinweg das eigenständige Design des Namensgebers der Golfklasse. In der ewigen Topseller-Liste wurde der VW Golf mittlerweile vom Toyota Corolla und der Ford F-Serie überholt. Beim Design aber gibt es keine objektive Rangliste, sondern nur mehr oder weniger gute Entwürfe. Golf I: Die Definition Der zu seiner Zeit beinahe kubisch anmutende VW Golf I war sicher ein Guter: Zwischen 1974 und 1983 wurden 6,78 Millionen Exemplare der ersten Generation des VW Golf verkauft. Zuvor hatte die Firma Italdesign Giugiaro mit Sitz in Mailand den Auftrag bekommen, einen Nachfolger für den Ur-Volkswagen, auch Käfer genannt, zu zeichnen, der den Porsche-Entwurf aus den 30er Jahren ersetzen konnte und sollte. Inhaber Giorgio Giugiaro, mittlerweile 72, verpasste dem Wolfsburger Volkswagen-Konzern der 70er Jahre seine grundlegende, kantige Formensprache. Seine Firma designte den damaligen Passat, Scirocco und eben den Golf. Für ihn stellte die Geschichte des Vorgängers keine Belastung dar, der Käfer sei schließlich als Vorlage ohnehin überholt gewesen. Vielmehr sei es einfach nur um mathematisch berechenbare, gute Proportionen gegangen. Offensichtlich war dies gelungen. Golf IV: Der erste im 21. Jahrhundert Hartmut Warkuß, 70 Jahre alt, war bis zu seinem Ruhestand im Jahr 2003 Chefdesigner der Volkswagen AG. Mit seinem Team schuf Warkuß die Golf-Generationen IV und V. Insbesondere der VW Golf IV, als erster Golf für das neue Jahrtausend, gilt in Wolfsburg heute als ähnlich wegweisend wie der Golf I. Das Vorbild war dabei der Giugiaro-Entwurf aus den 70ern, so Warkuß: „1993 fingen wir mit dem Golf IV an. Ich überlegte mir damals, wie Giorgio Giugiaro ihn gestalten würde. (…) So schufen wir erneut eine sehr zeitlose Form und schärften unter anderem mit den unverwechselbaren C-Säulen den Charakter des Golf.“ Für Hartmut Warkuß muss Automobildesign, wie jedes Design, im Lot sein. Es muss eine Ausgewogenheit haben und vor allem auch in die Zeit passen, in der es gültig sein soll. Ist man seiner Zeit zu weit voraus, schafft man womöglich einen Klassiker, aber nicht zwingend einen wirtschaftlichen Erfolg. Ist das Design dagegen rückwärtsgewandt, ist die Grenze zwischen zeitlos und altbacken ein gefährlicher Stolperstein. In Zukunft erkennbar bleiben Der derzeitige Chefdesigner des Volkswagen Konzerns, Walter de Silva (59), ist seit 2007 im Amt. Er nimmt für sich in Anspruch, mit dem VW Golf VI die gestalterischen Gene des Golf bewahrt zu haben und will dies auch in Zukunft tun: „Die Grundnoten der ‚Golf-Musik’ sind geschrieben. Es ist eine Weiterentwicklung, die wir da fortführen“. De Silva selbst lebt in der Zukunft, ist in Gedanken schon im nächsten Golf unterwegs. Und auch der wird der im Ursprung von Giugiaro definierten Partitur folgen. Volkswagen will stilistisch erkennbar bleiben und seine Formensprache behutsam entwickeln. Walter de Silva: „Wer ständig ändert, schafft bei den Kunden keine Sicherheit.“ Von Bianca Oertel
Quelle: MOTOR-TALK |
verfasst am 22.10.2010
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