Während die DDR-Bürger auf Trabi und Wartburg warteten, bestellte Staatschef Honecker seine Autos beim Klassenfeind. Sein exklusives Jagdmobil steht jetzt zum Verkauf.
Berlin – Mitten in Berlin, oder besser, mitten in West-Berlin, kann man deutsche Blechgeschichte kaufen. Unweit des Ku'damms, in einer Filiale der Autohaus-Kette Dinnebier, parkt ein Fahrzeug, das es offiziell nicht gab. Der Range Rover des ehemaligen DDR-Staatsratsvorsitzenden Erich Honecker. Der Range kostet 330.000 DMWas heute im Herzen Berlins probiert und gekauft werden kann, kannte damals kaum jemand: Honecker ließ sich 1985 einen Jagdwagen anfertigen. Als Basis diente dazu ein 132 PS starker Range Rover, den Honecker in England bestellte. Das Auto selbst genügte nicht allen Ansprüchen des Regierungschefs. Darum erhielt der westberliner Karosseriebauer Friedrich Rometsch den Auftrag, das britische Blech zu verbessern. Er streckte den Range um 50 Zentimeter, um den Innenraum bequemer zu gestalten. Dann ersetzte er das Blechdach durch das hydraulische Stoffverdeck eines Rolls-Royce Corniche. Allein diese Maßnahme kostete 68.000 DM, der ganze Umbau 330.627,80 DM. Für die Wege und die recht unwegsame Wildnis des Jagdguts in der Schorfheide bekam Honeckers Range Stollen-Reifen und, für alle Fälle, eine Seilwinde. Suchscheinwerfer (von Bosch) sollten die eigens aus Ungarn importierten Hirsche aufscheuchen. Honecker selbst und der ZK-Sekretär Günter Mittag nahmen auf der Lammfell-bezogenen Rücksitzbank Platz, elektrisch verstellbare Gewehrhalter ersetzten eine ruhige Hand. Insgesamt ließ Honecker vier Range Rover zu Jagdwagen umbauen. So investierte er insgesamt fast 1,3 Millionen DM aus der DDR-Staatskasse. Da wirkt es fast übertrieben zurückhaltend, dass der Range Rover ohne Embleme auf dem Blech ausgeliefert wurde. Nicht einmal die Reifen tragen einen Markennamen. Keiner sollte auf den ersten Blick erkennen, was jeder doch längst wußte. Das Auto war nicht aus dem Osten, sondern für den Osten gemacht. Der Range bekam nie eine offizielle Straßenzulassung. Wenn er mal durch Ost-Berlin fuhr, dann mit Diplomatenkennzeichen. 2. Hand, neuwertigNach der Wende kaufte Gebrauchtwagenhändler Wenzel Nowak den Range Rover von Honecker. Mit nur 9.800 gefahrenen Kilometern, das zweite von insgesamt vier gebauten Exemplaren. Normalerweise parkt dieses Stück DDR-Geschichte in einer Tiefgarage. Für die Premiere des neuen Range Rovers kam es ans Tageslicht. Seitdem steht der alte Range im Autohaus zwischen Neu- und Jahreswagen, optisch und technisch in ordentlichem Zustand. Die Gewehrhalter fahren immer noch geräuschlos auf und ab, nur die Scheibenwischer hat Nowak gewechselt. Die originalen hat er noch. Ebenfalls zeitlos blieb der Preis. Der Autor des Buches „Range Rover – Luxus als Standard“ Stefan Thiele bezeichnet Honeckers Range als den „interessantesten und geschichtsträchtigsten Range Rover“. Ein Gutachten attestiert den Wert von 175.000 Euro. Genau so viel soll der Range kosten. Besitzer und Verkäufer Nowak ist das kommende Heim des Range Rovers wichtiger als der zu erzielende Verkaufspreis. Dem richtigen Liebhaber oder Sammler würde er deshalb beim Verkauf entgegenkommen. Nur so viel sei dazu angemerkt. Zum Jagen will er den Range auf keinen Fall verkaufen.
Quelle: MOTOR-TALK |