Bei jedem dritten Gebrauchtwagen in Deutschland wird der Tachostand manipuliert. Ein Gesetz soll das ab 2016 ändern. Dabei könnten Hersteller heute schon etwas tun.
Quelle: Daimler & dpa/Picture Alliance Berlin – Neuwagen leiden unter erheblichem Wertverlust, Gebrauchtwagen oft unter erheblichen Mängeln. Viele Autokäufer verschmerzen das erste. Alle haben Angst vor dem zweiten. Besonders Laien sind Tricksereien am Tacho und Pfusch am Gebrauchten machtlos ausgeliefert. Die Münchener Polizei schätzt, dass bei 30 Prozent aller Autos auf dem deutschen Gebrauchtwagenmarkt die Tachos zurückgedreht wurden. Nachweisen lässt sich das im konkreten Fall kaum. Die Käufer sind schutzlos. Gesetze, die das verhindern könnten, gibt es bisher nicht. Jetzt plant die CDU/CSU-Bundestagsfraktion, das zu ändern. Im September möchte die Arbeitsgruppe Verkehr der Fraktion einen Antrag für ein entsprechendes Gesetz einbringen. Das Thesenpapier dazu liegt MOTOR-TALK vor. Mit drei Punkten gegen Gebrauchtwagen-BetrugThomas Jarzombek, CDU-Abgeordneter und Mitglied der Arbeitsgruppe sagt im Gespräch mit MOTOR-TALK: „Gebrauchtwagen-Käufer in Deutschland müssen die Möglichkeit bekommen, ruhigen Gewissens ein Auto zu erwerben. Unter den gegenwärtigen Umständen ist das kaum möglich.“ Das Thesenpapier der Fraktion schlägt drei Maßnahmen vor.
Werden Fahrzeug-Historien im Internet einsehbar?Härtere Strafen für Tachobetrüger haben keinerlei Konsequenzen für die Gebrauchtwagenkäufer. Sollen allerdings Informationen über das eigene Auto in einer Datenbank abgelegt werden (Punkt 2), berührt das Datenschutzbelange deutscher Autofahrer. Thomas Jarzombek versucht, Bedenken zum Datenschutz auszuräumen: „Datenschutzrechtlich sehe ich keine großen Probleme. Es gibt ein Bundesdatenschutzgesetz, das die entsprechenden Fahrzeugdaten auch weiterhin schützt. Es geht nicht um ein Modell, bei dem alle Daten jedes Fahrzeugs im Internet für alle einsehbar werden“, sagte er zu MOTOR-TALK. Auch, wenn die Fahrzeug-Identifizierungsnummer (FIN) nicht mehr als personenbezogenes Datum gilt, könnten entsprechende Daten geschützt werden. Hacker interessieren derartige Barrieren allerdings nicht. Arnulf Thiemel, Experte für Fragen der Tachomanipulation vom ADAC, hält die Datenbank für wenig sinnvoll: „Die dort eingetragenen Kilometerstände lassen sich nicht auf Richtigkeit überprüfen. Weil Tacho-Betrug heute so schnell, billig, einfach und allermeist spurenlos möglich ist, kann auch zwischen zwei Datenbankeinträgen problemlos manipuliert werden“, sagte er zu MOTOR-TALK. Die Chips sind bereits in den AutosRund sieben Millionen Gebrauchtwagen wechseln in Deutschland pro Jahr den Eigentümer, geschätzt ein Drittel davon mit einem manipulierten Tacho. Bei einem Schaden von durchschnittlich 3.000 Euro pro Fahrzeug ergibt sich laut CDU/CSU ein jährlicher Gesamtschaden von ca. sieben Milliarden Euro. Dem mit HSM-Chips vorzubeugen, sei dagegen schon für einen Euro pro Auto möglich. Quelle: Infineon Das bestätigt auch Arnulf Thiemel vom ADAC. „Geeignete Chips werden heute schon verbaut, aber nur zum Schutz gegen Chip-Tuning und Autodiebstahl verwendet, nicht aber gegen Tacho-Betrug. Vielfach wären also noch nicht einmal zusätzliche Chips nötig.“ Warum also, können Tachometer immer noch so leicht zurückgedreht werden? Der ADAC vermutet mangelndes Interesse der Hersteller. Die reagierten oft nur, wenn Imageverlust oder finanzieller Schaden drohen. Beides trifft sie bei Gebrauchtwagen nicht. (Update:) Ein BMW-Sprecher hingegen erklärte im Gespräch mit MOTOR-TALK: "Das Verhindern von Betrug – in diesem Fall Tachobetrug – ist ein Ziel, das auch die Hersteller verfolgen. Wir möchten nicht kommentieren, welche Maßnahmen wir exakt ergreifen, weil das den Betrügern wiederum eine Hilfe wäre. Klar ist aber, dass diese Daten mehrfach innerhalb der Fahrzeugarchitektur abgelegt werden, um einen Betrug erheblich zu erschweren. Ein autorisierter Händler kann mit wenigen Handgriffen einen Betrug identifizieren.“ „Hersteller haben kein Interesse, den Betrug zu stoppen“Verhindern kann den Betrug dagegen bisher niemand. Schon 2013 wies der ADAC in einer Studie mit der Uni Magdeburg nach, dass viele Tachos ab Werk über Funktionen verfügen, die das Manipulieren des Kilometerstandes erheblich erleichtern. „Das könnte beispielsweise benutzt werden, um Probefahrten im Werk „wegzudrücken“ oder aber um gebrauchte Tachos aufbereitet wieder als Ersatzteile zu verkaufen“, vermutet Thiemel. Ob das mutmaßliche Herstellerinteresse dem geplantem Tacho-Gesetz letztlich im Wege steht, wird sich zeigen. Nach der Besprechung in der Fraktion, muss eine Einigung mit dem Koalitionspartner stattfinden, erst dann kann ein entsprechendes Gesetz formuliert und im Bundestag abgestimmt werden. Thomas Jarzombek hält ein Inkrafttreten schon 2016 für möglich. "Wir hoffen, dass wir den Verbrauchern schon in einem Jahr mit einem neuen Gesetz mehr Sicherheit geben können“, sagt er zu MOTOR-TALK. Quelle: MOTOR-TALK |