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Eltern von acht Kindern starben bei Unfall - Fahrer vor Gericht - Warum passierte dieser Unfall

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Ein tragischer Unfall kurz vor Weihnachten tötete die Eltern von acht Kindern. Ab Dienstag muss der Unfallgegner sich vor Gericht verantworten.

Pottiga - Frische Sonnenblumen stecken neben dem Kreuz an der Landstraße bei Zoppoten. "André und Heike" steht darauf, "Für immer in unserem Herzen". Das Datum ist der 29.11.2013. Es ist der Tag, der die Familie Kipsch aus Pottiga in Thüringen aus der heilen Welt riss. Die Eltern, tot, hinterließen acht Kinder und ein Pflegekind. "Am Anfang haben die drei Kleinen täglich nach ihnen gefragt. Inzwischen ist es seltener geworden", erzählt Romy Hinz. Die Tante der Kinder kümmert sich um die Waisen. Doch nun kommt vieles wieder hoch - am Dienstag (12.8.14) ist der Gerichtstermin.

Das Gutachten schließt Alkohol, überhöhtes Tempo und Müdigkeit aus

Angeklagt am Amtsgericht in Bad Lobenstein ist ein Transporterfahrer. Er war mit seinem Wagen in einer Kurve auf die andere Straßenseite geraten und in den Kleinbus der Familie gekracht. Warum ist unklar. Gutachten stellten keinen technischen Defekt fest; Alkohol, Drogen oder Übermüdung konnten nicht nachgewiesen werden. Mit etwa Tempo 100 sei der Transporter nicht schneller unterwegs gewesen als erlaubt. Er selbst habe sich bisher nicht zu dem Unfall geäußert. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm fahrlässige Tötung vor. Dafür sieht das Gesetz bis zu fünf Jahre Haft vor.

Einer der Söhne, der 18-jährige Sebastian Zien, ist als Zeuge geladen. Ihn brachte seine Mutter mit in die neue Beziehung. "Es war schon dunkel, wir kamen von einem Familienausflug", erzählt der junge Mann. "Ich sah plötzlich das grelle Licht eines Scheinwerfers und da hat es schon gekracht." Sein Zwillingsbruder Tobias habe sich noch schützend auf die Rückbank vor die kleinen Geschwister geworfen. "Ich selbst habe aus Reflex den Gurt gelöst und bin zur Seite gerutscht - sonst wäre ich auch tot", sagt Zien. "Ich weiß noch: Kurz nach dem Unfall fing es an zu schneien."

Im Auto überleben sechs Kinder, nur die Eltern sterben

Während die sechs Kinder im Auto überlebten, kam für Heike und André Kipsch jede Hilfe zu spät. Heikes Schwester Romy Hinz hatte schon zuvor mit im Haus gewohnt und ihr mit den beiden Kleinsten, den inzwischen vier und sechs Jahre alten Jungs, sowie dem Pflegekind geholfen. Über Nacht wurde sie zur Ersatzmama. Getragen wurde die Familie dabei von einer Welle der Anteilnahme. Ein Uhrmacher habe jedem eine Uhr geschenkt, ein Imker zwei Kartons Honig vorbeigebracht, berichtet Pottigas Bürgermeister Wolfgang Sell. Andere schickten Süßigkeiten oder spendierten Öl und Brennholz. "Es kamen Pakete nicht nur aus Thüringen, sondern aus etlichen Bundesländern." Auch Geldspenden gingen auf das Spendenkonto ein.

Von dem Prozess erhoffen sich die Hinterbliebenen eine Entschuldigung

Sebastian Zien hatte lange mit dem Verlust zu kämpfen. Es sei damals eine große Wut, aber auch Leere in ihm gewesen, erzählt er. "Ich war froh, dass ich arbeiten gehen konnte. Das hat mich etwas abgelenkt." Wenn alles wieder hochkomme und es ihm schlecht gehe, steige er auf sein Fahrrad und fahre eine Runde. Weil es mit der Lehrstelle nicht geklappt hat, arbeitet er in einem Fastfood-Restaurant. Lieber würde er Lackierer werden, doch trotz zig Bewerbungen gab es keine Zusage.

Von dem Prozess erhoffe er sich ein Wort der Entschuldigung von dem Transporterfahrer, sagt er. Dieser habe sich nie bei ihm und seinen Geschwistern gemeldet. Das ärgere ihn besonders, sagt der 18-Jährige. "Da kam keine Karte, kein Anruf, gar nix."

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