Ab September 2018 berechnet sich die Kfz-Steuer nach einem neuen Verbrauchszyklus. Was das ganz konkret für Neuwagenkäufer bedeuten könnte? Wir haben nachgerechnet.
Berlin – NEFZ heißt jetzt WLTP, sonst ändert sich nichts. So könnte man zusammenfassen was geschieht, wenn ab September 2018 der neue Verbrauchszyklus WLTP für die Berechnung der Kfz-Steuer von Neuwagen gilt. Doch laut Finanzminister Wolfgang Schäuble ändert sich durchaus etwas: Er rechnet mit höheren Steuereinnahmen, weil der CO2-Ausstoß im WLTP höher ausfalle. Um 1,1 Milliarden Euro sollen dadurch die Einnahmen von 2018 bis 2022 steigen. Diese "Steuerschätzung" ist derzeit nur eine grobe Annahme. Schäuble geht davon aus, dass der CO2-Ausstoß der in Deutschland zugelassenen Autos durch die Berechnung nach WLTP steigt. Dass Neuwagenkäufer mehr zahlen müssten, wenn ihr Auto auf dem Papier mehr CO2 ausstößt ist logisch - schließlich berechnet sich die Steuer teilweise anhand des CO2-Ausstoßes. Aber zahlen einige auch weniger? Möglich, sagen Experten. Beim TÜV Süd etwa hatte man schon 2015 einige Fahrzeuge nach WLTP („Worldwide harmonized Light Vehicle Test Procedure“) gemessen und kam zu dem Ergebnis, dass der Verbrauch nicht zwangsläufig steige. Vor allem größere Dieselmotoren könnten im WLTP-Zyklus weniger CO2 ausstoßen. Theoretische Kfz-Steuer nach WLTP: Zwei Autos bleiben stabilEine konkrete Datenbasis dafür fehlt bisher. Den besten Anhaltspunkt bieten Daten des ADAC. Der Automobilclub ermittelt für seinen Ecotest seit Ende letzten Jahres auch die WLTP-Werte. Bislang wurden 45 aktuelle Modelle auf den Prüfstand geschickt. Der nächste Schwung soll im Frühjahr folgen. Wie hoch die Kfz-Steuer auf Basis der ADAC-Daten für einige der getesteten Modelle wäre, wenn der WLTP jetzt schon gelten würde, haben wir ausgerechnet (Kfz-Steuer-Rechner des Finanzministeriums). Demnach bleibt die Kfz-Steuer nur für zwei Modelle stabil: Für den Toyota Prius und den Mazda2 mit 105-PS-Diesel. Auch sie stoßen nach WLTP zwar mehr CO2 aus, bleiben aber unter dem derzeitigen "CO2-Freibetrag" von 95 Gramm. Erst darüber werden pro Gramm zwei Euro Steuer fällig. Darunter richtet sich die Kfz-Steuer nur nach dem Hubraum und nach der Kraftstoffsorte. Auf den ersten Blick wirken die Daten erschreckend. Egal ob City-Mini wie der Smart Fortwo oder Power-SUV wie der Audi SQ7 - die Steuer steigt von den beiden Ausnahmen abgesehen überall. Zum Teil erheblich, wie die folgende Tabelle mit ausgewählten Modellen zeigt (die vollständige Liste aller 45 Modelle findet Ihr in der Galerie):
Der Schreck relativiert sich bei genauerer Betrachtung. Der ADAC ermittelt die WLTP-Werte schließlich nicht für die Steuerberechnung, sondern als Teil seiner Ecotest-Wertung. Bei Beschleunigung, Geschwindigkeit und Standzeiten hält er sich an die Vorgaben des Zyklus. Allerdings legt er das tatsächliche Leergewicht der Autos zugrunde und lädt noch 200 Kilo zu. So sollen möglichst realitätsnahe Werte herauskommen. Welche Maßgaben hier ab September 2018 tatsächlich gelten, steht noch nicht fest. Quelle: Daimler Abgesehen davon befinden sich in der Liste logischerweise nur aktuelle Modelle. Der WLTP gilt jedoch erst ab September 2018 für neu zugelassene Autos, die nach dem 1. September 2017 ihre Typzulassung erhalten. Das betrifft keines der getesteten Fahrzeuge. Die Hersteller haben also noch ein wenig Zeit, den CO2-Ausstoß ihrer Modelle zu drücken. Die Phase ist relevant: Große Streuung beim WLTP-VerbrauchDie WLTP-Werte des ADAC könnten irgendwo zwischen dem Best- und dem Worst-Case-Szenario liegen. Das legen Daten nahe, die Opel veröffentlicht hat. Für den Astra gibt der Hersteller seit Sommer 2016 WLTP-Verbräuche an. Die Spanne dabei ist enorm. Je nachdem, welche Phase des WLTP (langsam, mittel, schnell, sehr schnell) und welche Ausstattung zugrunde gelegt wird. Im schlimmsten Fall würde beispielsweise ein Astra 1.4 nach WLTP 9,0 Liter Benzin verbrauchen, im besten Fall kommt er auf den gleichen Wert wie nach NEFZ (5,4 l/00 km). Da die Bedingungen für die künftige Zertifizierung noch nicht final feststehen, existiere kein gemittelter Normwert, sagte uns ein Opel-Sprecher. Profitieren große, kräftige Motoren vom WLTP?Quelle: Audi Die Annahme, dass großvolumige Motoren nach WLTP günstiger werden als derzeit nach NEFZ, stützen die ADAC-Daten nicht. Allerdings wurden bislang nur zwei größere Diesel getestet. In der Theorie sollten sie profitieren: Beim WLTP wird dynamischer beschleunigt als beim NEFZ. Die Endgeschwindigkeit liegt bei 130 km/h, während Autos auf dem NEFZ-Prüfstand maximal 120 km/h erreichen. Die Durchschnittsgeschwindigkeit steigt von 33,4 km/h auf 47 km/h, der neue Zyklus ist um zehn Minuten länger (30 statt 20 Minuten). Allerdings sinkt die Standzeit von 25 Prozent auf 13 Prozent. Damit sollten Autos mit wenig Leistung im neuen Zyklus öfter in höheren Lastbereichen fahren als im NEFZ. Außer beim Smart Fortwo sind jedoch bei kleineren Motoren keine signifikant größeren Abweichungen nach oben feststellbar als bei mittleren und großen Motoren. Offenbar gibt es also genügend Stellschrauben für die Hersteller, den CO2-Ausstoß zu beeinflussen. Hauptsache, sie sind legal. |