• Online: 3.441

Classic Driving News

Was Traumklassiker wirklich kosten

verfasst am

Autos mit großem Namen und kleinen Preisschildern sind in der Klassik-Szene keine Ausnahme. Was ist davon zu halten? Motor Klassik recherchierte, wie teuer die Mitgliedschaft im Club der Traumwagen-Fahrer wirklich kommt.

Traumwagen gehören zur Kategorie derjenigen Autos, die einem den Schlaf rauben. Ihre Preise sind normalerweise in Regionen angesiedelt, die nur Empfängern von Topgehältern offen stehen. Doch manche dieser Elite-Fahrzeuge aus den 70er und 80er Jahren erscheinen heute plötzlich auch für die Normalverdiener unter den Auto-Fans erschwinglich, was natürlich die Fantasie anregt.

Den Hochadel der GT gibt es zum Preis eines VW Golf

Nehmen wir zum Beispiel einen Ferrari 400i - unbestritten ein Traumwagen der Achtziger. 1981 kostete dieses rassige Gefährt rund 125.000 Mark, was dem Gegenwert von etwa neun nagelneuen VW Golf GL entsprach. Heute genügt der Kaufpreis eines einzigen gut ausgestatteten VW Golf GTI mit DSG, um diesen mittlerweile zum Klassiker gereiften Ferrari zu kaufen. Machen wir die Probe aufs Exempel: Ein Blick in den Kleinanzeigenteil von Motor Klassik und in das Angebot von mobile.de ergibt am 24. Februar eine Auswahl an 29 dieser Traumwagen, zehn davon bis 30.000 Euro.

Den letzten Grund, schwach zu werden, liefert das Stöbern in alten Testberichten. Vom "Hochadel unter den Gran Turismo-Wagen" ist in auto motor und sport 1982 die Rede und von einem "vortrefflichen Kompromiss zwischen Sportlichkeit, Komfort und Gebrauchswert". Ein Blick auf die Fotos der zeitlos schönen Pininfarina-Karosse und den herrlichen Zwölfzylinder-Motor mit vier obenliegenden Nockenwellen, der wie "Samt und Seide läuft" und den Viersitzer in 6,8 Sekunden auf 100 km/h katapultiert, heizt die Kauflust für den Traumwagen weiter an.

Versicherung und Steuer bleiben im Rahmen

Kann man sich wirklich so ein Traumwagen leisten? Schließlich verschlingt doch die Versicherung solch eines Supersportlers schon Unsummen, oder etwa nicht? Nun ja, eigentlich nicht, denn bei den speziellen Tarifen für Old-und Youngtimer hält sich die Versicherungsprämie in Grenzen. Für einen 24.000 Euro teuren Ferrari 400i im Zustand 3 kostet die Haftpflichtversicherung inklusive Vollkasko unter 1.000 Euro. Einen ersten Dämpfer gibt es jedoch beim Finanzamt: Für den katlosen Traumwagen mit Zwölfzylinder sind pro Jahr 1.217 Euro Kraftfahrzeugsteuer zu entrichten.

Hohe Wartungskosten

Der nächste Anruf bringt weitere Ernüchterung. "Bei einem sehr billig gekauften Ferrari 400i kommt es fast einem Totalschaden gleich, wenn neue Reifen, Stoßdämpfer und ein kompletter Auspuff fällig sind", macht Jochen Frick von den Sportwagen Spezialisten in Frankfurt auf die hohen Wartungskosten aufmerksam. Allein die Michelin TRX-Reifen für 2.400 Euro verdeutlichen, in welcher Preisklasse der Traumwagen einst zu Hause war.

Solche ins Geld gehenden Erlebnisse sind nicht die Ausnahme im Leben eines Traumwagen-Besitzers. Bei 18 Litern Schmierstoff und zwei Filtern kostet selbst ein Ölwechsel so viel wie bei anderen Autos eine große Inspektion. Doch neben dem Material treiben die nötigen Arbeitszeiten die Kosten in die Höhe. Wenn laut Frick "ein Tag für den Austausch aller Keilriemen" verrinnt, so ist leicht vorstellbar, dass bei der Konstruktion des Ferrari die Wartungsfreundlichkeit nicht an oberster Stelle im Lastenheft stand. Wer einen Ferrari 400 mit Einspritzanlage wählt, spart immerhin einiges an Arbeitslohn gegenüber den Vergaser-Versionen.

Übrigens fährt sich ein Lamborghini Espada nicht viel billiger. Bei diesem Traumwagen gehen für eine große Inspektion auch locker 3.000 Euro über den Tisch. Und selbst wer sich in der gleichen Preiskategorie für ein Auto mit vier Zylindern weniger entscheidet, kann sehr schnell in finanzielle Bedrängnis geraten - zum Beispiel durch den Kauf eines Aston Martin V8 Saloon.

Britisches Sportwagendenkmal für unter 20.000 Euro

Dieses Spitzenprodukt britischer Automobilbaukunst war einst noch eine Ecke teurer als ein Ferrari. Bei Auktionen bleibt jedoch auch dieser Traumwagen mittlerweile oft unter 20.000 Euro, wenn er sich in Zustand 3 befindet. Doch selbst wer bereit ist, noch 5.000 Euro draufzulegen, erwirbt damit kein Sorglospaket. "Die Folge- und Wartungskosten werden immer wieder unterschätzt", warnt Beat Roos von Roos Engineering in Frauenkappelen bei Bern. Er rät, kein Auto zu kaufen, das nicht zuvor von einem Experten geprüft wurde. Denn die Kosten für solch einen Check zahlen sich sehr schnell aus.

Was nutzt es auch, wenn in der Garage ein britisches Sportwagendenkmal steht, in dessen Innenraum es nach exquisitem Leder duftet, das aber unter seiner edlen Aluminiumhülle tückische Korrosionsschäden am stählernen Unterbau verbirgt? Die Beseitigung dieser Schwachstellen an dem Traumwagen kann Tausende von Euro kosten, weshalb es besser ist, einen Spezialisten mit einem Endoskop in die Hohlräume blicken zu lassen. Ist das Auto in Ordnung, sollte man es nach dem Kauf möglichst von allen Hindernissen fern halten. Wer nämlich aus Unachtsamkeit beispielsweise den Vorderkotflügel kräftig ramponiert, bekommt diesen nicht separat, sondern muss gleich einen halben Vorderbau bestellen - und dieses Teil kostet mal eben ohne Anbau und Lackierung 5.300 Euro.

Eine Motorüberholung kann den Kaufpreis deutlich übertreffen

Auch der Zustand des 5,3 Liter großen Triebwerks mit den vier obenliegenden Nockenwellen und den vier Weber-Doppelvergasern verdient eine eingehende Prüfung. Es soll zwar tatsächlich Aston-Fahrer geben, die sich seit 400.000 Kilometern an dem 304 PS starken V-Achtzylinder begeistern, aber oft genug steht eine komplette Motorüberholung früher ins Haus: Die fälligen 30.000 bis 40.000 Euro wären dann schon deutlich mehr als ein Wermutstropfen in unserer ansonsten vielleicht glücklichen Beziehung zu diesem Traumwagen.

Das beste Auto der Welt gibt es für unter 10.000 Euro

Möglicherweise haben wir uns aber auch schon davon abschrecken lassen, dass zum Wechseln der Handbremsbeläge an dem Traumwagen die Hinterachse ausgebaut werden muss. Oder dass eine große Inspektion mit Ölwechsel mit etwa 3.500 Euro zu Buche schlägt - und wir suchen unser Heil in einer preisgünstigeren Traumwagen-Kategorie. Wie wäre es zum Beispiel mit einem Mercedes-Benz 450 SEL 6.9, einst von auto motor und sport als "das beste Auto der Welt" beschrieben?

Einzelne Topexemplare dieses Luxusliners bringen derzeit zwar schon mehr als 35.000 Euro, aber es gibt auch welche für 5.000 Euro, wie ein Blick auf mobile.de verrät. Mit TÜV und in Zustand 3 sind rund 10.000 bis 15.000 Euro für diesen Traumwagen fällig. Nehmen wir einmal an, es findet sich sogar ein weitestgehend rostfreier 6.9er zu diesem Preis. Wäre das nicht ein Grund zu jubeln? Klaus Kienle von Kienle Automobiltechnik in Heimerdingen bei Stuttgart holt uns wieder auf den Boden der Tatsachen: "Alles, was den Motor betrifft, erfordert einen großen finanziellen Einsatz."

Speziell, wenn es um die Komplettrevision des mit Trockensumpfschmierung, hydraulischem Ventilspielausgleich und Bosch-K-Jetronic ausgestatteten Aggregats geht, überschreitet der Aufwand für Teile und Arbeitslohn schnell die 30.000-Euro-Grenze.

Herr über mehr als 500 Newtonmeter

Überhaupt wartet der Traumwagen mit Stern mit dem gigantischen Hubraum mit ebensolchen Unterhaltskosten auf. Eine Tankfüllung kostet bei aktuellen Benzinpreisen knapp 150 Euro, der Verbrauch beträgt meist mehr als 20 Liter auf 100 Kilometer, und die Jahressteuer hinterlässt mit 1.750 Euro ein großes Loch im Portemonnaie. Es hat eben seinen Preis, Herr über mehr als 500 Newtonmeter zu sein und den "durch aufwendige Hydropneumatik hervorragenden Federungskomfort sowie die sicheren Fahreigenschaften" genießen zu können, wie ein zeitgenössischer Testbericht dem Traumwagen bescheinigt.

Komplexer Franzose: Citroen SM

Dieses extravagante Federungssystem hat er übrigens mit einem Auto gemein, das derzeit in einer ähnlichen Preisklasse rangiert - dem Citroën SM. Für den noch heute futuristisch wirkenden Traumwagen stellt sich die Beschaffung von Ersatzteilen nicht ganz so einfach dar, andererseits sind diese meist günstiger. Die Auswahl an Fachwerkstätten ist für SM-Fahrer relativ gering. Doch wer als Besitzer dieses Autos zwei linke Hände hat, muss sich eh warm anziehen. "Der Ausbau des Radios beginnt mit der Demontage der Sitze", vertraute einmal Wolfgang Weiß vom Citroën SM Club einem Motor-Klassiker an. Muss man also generell auf fremde Hilfe zurückgreifen, werden dank der mangelnden Wartungsfreundlichkeit des Citroen SM die Lohnkosten schnell zu einem das Konto belastenden Thema.

Britisch-elegantes Schnäppchen - Jaguar XJ

Doch wir geben die Hoffnung nicht auf. Traumwagen lassen sich sogar für weniger als 10.000 Euro finden, auch mit zwölf Zylindern. Die Preise für Jaguar XJ beginnen bei mobile.de schon bei knapp über 1.000 Euro, im Zustand 3 sind für das Topmodell mit Zwälfzylinder rund 7.000 bis 10.000 Euro fällig - das muss nicht zwangsläufig ein schlechter Kauf sein. "Wenn der Wagen regelmäßig gewartet und nicht über längere Strecken mit mehr als 4.000/min über die Autobahn gejagt wurde, halten die Motoren sehr lange", weiß Dieter Lemke von Lemke und Schöne in Frankfurt. Natürlich sollte nach der Probefahrt mit dem Traumwagen keine Öllache unter dem Auto entstehen - was auf deutlichen Verschleiß der bekannt heiklen hinteren Kurbelwellenabdichtung hinweist, für die es zwar modernen, aber teuer zu montierenden Ersatz gibt.

Und auch die Wartung dieses Traumwagens ist nicht ganz billig - selbst ein Zündkerzenwechsel kann einen Monteur 1,5 bis zwei Stunden beschäftigen. Aber beim Ersatzteilpreisvergleich mit anderen Exoten schneidet der XJ recht gut ab. Eine Frontscheibe für rund 200 Euro oder eine komplette Nirosta-Auspuffanlage für etwa 900 Euro bereiten ähnlich wenig Herzklopfen wie das entspannte Dahingleiten auf dem Highway mit dieser noblen Limousine. Wer eine der späteren Kat-Versionen erwischt, kann sogar noch die Steuerbelastung senken. Vor Rostschäden oder launischen Defekten ist man aber dennoch nicht gefeit.

Der mit dem ellenlangen Zahnriemen  - Porsche 928

Als deutlich zuverlässiger gilt der Porsche 928. Die frühen Versionen dieses Traumwagens spielen derzeit höchstens bei Sammlern eine Rolle, gefragt sind eher die leistungsstärkeren S- und besonders die S4-Modelle. Bleiben wir beim S, so bietet sich die letzte Version mit 310 PS an, die zu etwas sparsamerem Umgang mit dem Kraftstoff erzogen wurde. "Allerdings lässt sich am Vorgänger mit 300 PS leichter arbeiten, was Wartungskosten spart", meint Gunther Kussauer, Präsident des Porsche Club 928. Für den Porsche 928 S4 spricht, dass katlose Versionen mit dem Saubermann nachgerüstet werden können und dann in die steuerlich erträglichere Schadstoffklasse Euro 2 aufrücken.

In jedem Fall ist es aber ratsam, "vor dem Kauf das Service-Heft zu studieren", sagt Gerhard Dechow vom Porsche Zentrum Paderborn, der noch etliche 928-Fahrer zu seinem Kundenkreis zählt. Versäumte Wartungstermine können den neuen Traumwagen-Besitzer teuer zu stehen kommen. Gern werden die Fahrzeuge vor einem anstehenden Zahnriemenwechsel abgegeben, der laut Dechow nach 100.000 Kilometern beziehungsweise alle sechs Jahre durchgeführt werden sollte und rund 750 Euro kostet.

Günstiger Hochleistungs-Maserati

Eine der günstigsten Möglichkeiten, zum Traumwagen-Besitzer zu werden, bietet der Maserati Biturbo. Die laut Biturbo-Club-Chef Arno Teschinsky ausgereifteste und zuverlässigste Variante ist der 1989 erschienene 224. Diese Vierventiler-Version mit zwei Litern Hubraum und 245 PS wurde zwar in Deutschland nie angeboten, ist aber leicht aus Italien zu beschaffen und kostet im Zustand 3 etwa 7.000 bis 10.000 Euro. Wer auf das ab 1991 erhältliche Fahrwerk mit elektrisch verstellbarer Härte verzichtet, bekommt für diese Summe sogar einen guten Dreier.

Allerdings braucht das südländische Heißblut ab und zu ein pflegendes Händchen, und es gibt schon die ersten Teileprobleme wie beim Kotflügel oder der Verteilerkappe. Ein Traumwagen für kleines Geld lässt sich letzten Endes nur schwer finden. Interessenten minimieren allein mit Hilfe eines Spezialisten das Risiko beim Kauf und informieren sich vorab schon über Ersatzteillage sowie Wartungskosten, um einem finanziellen Desaster zu entgehen. Denn es gibt in dieser Kategorie Autos, die einem den Schlaf rauben, sobald man sie besitzt.

 

Quelle: Motor Klassik

Avatar von MotorKlassik
8
Diesen Artikel teilen:
8 Kommentare: