Seit 405 Tagen steht VW am Pranger. 16 Milliarden Dollar muss der Konzern in den USA zahlen. Hier fordern auch viele Geld. Wenn wir so weitermachen, zerstören wir VW.
Ein Kommentar von Constantin Bergander Berlin – Endlich gibt es eine Zahl. 15,1 Milliarden Euro soll VW in den USA für den Abgasskandal bezahlen. Fast so viel wie BP für die Ölkatastrophe 2010. Viel, viel mehr als GM für lebensgefährliche Zündschlösser. US-Richter Charles Breyer hält es für „fair, angemessen und adäquat“. Doch hochgerechnet würde es das Ende von VW bedeuten. VW USA: Teure Entschädigungen für Diesel-BesitzerDer VW-Konzern entschädigt alle US-amerikanischen Skandaldiesel-Besitzer mit einer Summe von 4.700 bis 9.200 Euro, kauft Autos zurück oder rüstet diese um. Das kostet bis zu 9,2 Milliarden Euro. Mit Entschädigungen für Händler und Investitionen in US-Umweltprogramme bezahlt der Konzern allein in den USA für die Vierzylinder-Diesel bis zu 15,1 Milliarden Euro – immerhin 8,5 Prozent des aktuellen Unternehmenswertes. Zum Vergleich: Die Ölkrise kostete BP 17,2 Milliarden Euro. GM bezahlte für defekte Zündschlösser 825 Millionen, Takata für fehlerhafte Airbags (bis zu) 183 Millionen Euro. Man kann das vielleicht nicht vergleichen. Aber man muss es auch nicht ignorieren. Beim Umweltskandal von BP flossen nach einer Explosion fast drei Monate lang hunderte Millionen Liter Erdöl ins Meer. Die Küsten von fünf US-Bundesstaaten wurden verseucht, Millionen von Fischen und Lebewesen starben, noch heute leiden Fischer unter den Spätfolgen. Defekte Zündschlösser töteten nach US-Angaben 124 Personen und verletzten 275. Aber GM konnte das leicht erklären. Die fehlerhaften Airbags sollen für elf Todesopfer verantwortlich sein. Und was hat VW im Gegenzug getan? VW hat Autos gebaut, die im Straßenverkehr ihre angegebenen Emissionswerte deutlich überschritten. Opfer gibt es, wenngleich nur theoretisch. Man, wir müssen die Frage stellen: Ist so ein Vergleich fair? Und wie fair wird mit VW umgegangen? Lasst VW lebenVW muss für seine Fehler büßen, zahlen. Das ist unverzichtbar. Aber muss der Konzern in den Ruin getrieben werden? Deutsche Autobesitzer fordern Entschädigungen, am besten nach US-Vorbild. Warum? Weil VW betrogen hat? Weil die Umwelt leidet? Weil gebrauchte Diesel-Modelle zwei Prozent Wert verloren haben? Aus Prinzip? Würde VW deutsche Autofahrer genauso entschädigen wie amerikanische, müsste der Konzern zusätzliche 30 Milliarden Euro aufbringen. Weltweit wüchse die Summe auf knapp 210 Milliarden Euro. Was das zur Folgen hätte? Das Ende des VW-Konzerns. 600.000 arbeitslose Mitarbeiter, unzählige existenzbedrohte Zulieferer. Und bis zu elf Millionen wertlose VW stünden abgemeldet auf Parkplätzen. Seit 405 Tagen berichten weltweit Medien über den Abgasskandal. Es ist die schlimmste Krise seit der Firmengründung. VW hat im großen Stil betrogen. Jetzt muss der Konzern es wieder gutmachen. Aber es ist kein Schaden entstanden, der diese Konsequenzen rechtfertigt. Die Meinung des Autors ist persönlich und spiegelt nicht die Haltung des Unternehmens wider. Alle Autoren werden weiter kritisch über VW und den Dieselskandal berichten. |