Autos wissen inzwischen selbst, wenn sie Probleme mit der Technik haben und können gleich die Werkstatt informieren. Künftig soll das sogar präventiv funktionieren.
Quelle: picture alliance / dpa Bonn/München - Sprechende Autos waren in den 80ern ein Stoff aus dem Kultserien gebastelt wurden. Alberne Dauerwellen-Frisur, LED-Leuchtband, Turbo-Boost oder Super Pursuit Mode mal beiseite: K.I.T.T. konnte etwas, das bei heutigen Autos immer wichtiger wird. Der Pontiac Firebird war zur Selbstdiagnose fähig und informierte Michael Knight, wenn er Probleme mit der eigenen Technik hatte. So ähnlich funktioniert das in der Realität auch schon. Der Datenverkehr bestimmt immer stärker den Alltag in den Werkstätten. Bereits heute ist es normal, bei einer Inspektion Daten im Rahmen einer Fahrzeugdiagnose auszulesen. Über eine Standard-Schnittstelle schließt der Mechaniker ein Diagnosegerät per Kabel an. Immer mehr Autos verfügen aber bereits über eine fest eingebaute SIM-Karte. Der Datenaustausch wird zunehmenDamit sind sie in der Lage, via Mobilfunk mit der Werkstatt zu kommunizieren. "Das sind häufig SIM-Karten, die nicht für Sprachverbindungen ausgelegt sind, sondern nur für das Übertragen von Daten", erläutert Nicolaus Gollwitzer, Leiter des globalen Telematik-Bereichs bei Vodafone. Über die SIM-Karte können diverse Informationen übertragen werden, angefangen von technischen Daten bis hin zur Anzahl der Insassen, was etwa bei einem Unfall über die Airbag-Sensoren registriert werden kann. Einen automatischen Datenfluss jedoch gibt es nur bei der Notruf-Funktion, dem eCall. "Bei allen anderen Anwendungen muss der Autobesitzer zunächst zustimmen, dass Daten seines Autos über die SIM-Karte verschickt oder empfangen werden dürfen", sagt Gollwitzer. Zusammengefasst wird diese Datenkommunikation unter dem Begriff Telematik. Ist der Fahrer damit einverstanden, kann sich zwischen dem Auto auf der einen Seite sowie Autohersteller und Werkstatt auf der anderen Seite ein reger Austausch entwickeln. BMW etwa verschickt über die SIM-Adresse Updates für sein Navigationssystem. Weniger Standzeiten, genauere KostenanalyseUmgekehrt können die Fehlercodes des Autos von den Werkstätten empfangen werden. "Werden bestimmte Fehlercodes priorisiert, meldet das Fahrzeug dies automatisch dem Servicebetrieb, und der wiederum kann den Kunden wegen eines Termins kontaktieren", erzählt Gollwitzer. Zum Werkstatttermin selbst sind dann eventuell notwendige Ersatzteile bereits am Lager. "Der gesamte Werkstattablauf kann besser geplant werden und der Kunde erhält schon bei der telefonischen Terminvereinbarung eine genauere Kosteneinschätzung", sagt Joseph Schloßmacher von Audi. "Die Arbeit am Fahrzeug selbst wird sich nicht groß verändern, die Werkzeuge und Servicegeräte hingegen entwickeln sich weiter", sagt Ulrich Köster vom Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK). Vor allem werden die Mechatroniker in den Werkstätten künftig in der Lage sein, mehr Arbeiten sozusagen per Fernwartung durchzuführen. "Der Autofahrer hat die Möglichkeit, technisch fundierten Rat zu einem Fehler im Fahrzeug zu bekommen, ohne gleich die Werkstatt aufsuchen zu müssen", erläutert Johannes Boos vom ADAC. "Der Techniker in der Werkstatt kann mit dem Netzwerk des Fahrzeugs kommunizieren, Fehlercodes zurücksetzen oder Aktoren ansteuern, um das Problem einzugrenzen und die Reparatur zielgerichtet vorzubereiten", so Boos. Unter dem Strich spart der Autofahrer Zeit. "Reparaturen können statt nach festen Wechselintervallen noch mehr nach Bedarf ausgeführt werden, was die Kosten für Wartung und Reparatur sinken lassen kann." ADAC fordert herstellerunabhängige PlattformQuelle: picture alliance / dpa Davon geht auch der Fahrzeugzulieferer Continental aus. "Zukünftig wird es noch mehr um eine präventive Wartung gehen und darum, einen Fehler anhand der Daten so früh zu erkennen, dass das eigentliche Problem verhindert werden kann", meint Patricia Stich von Continental. Entscheidend sei die Qualität der Daten, die in jedem Fall über Standardinformationen wie Geschwindigkeit und Drehzahl hinaus gehen müssten. Allerdings gibt es bislang noch keine einheitliche Telematik-Plattform, weshalb Autobesitzer meist noch auf das Werkstattnetz ihrer Marke angewiesen sind. Hier fordern sowohl der ADAC als auch der ZDK eine standardisierte Plattform. "Falls die Telematik-Schnittstelle von einem einzigen Interessensvertreter, zum Beispiel einem Fahrzeughersteller kontrolliert wird, gibt es keine Wahlfreiheit für den Verbraucher", warnt Boos. "Der Kunde soll darüber entscheiden, welchem Anbieter er Zugang zu seinem Fahrzeug gewähren will", meint auch Köster. Ausblick: Mehr Leistung für den UrlaubstripFür die Hersteller bieten sich auch neue Geschäftsmodelle an, wie etwa ein Chiptuning auf Zeit. "Plant ein Autofahrer eine Fahrt im voll besetzten Auto in die Berge, kann er sich von seinem Hersteller ein elektronisches Motor-Tuning via SIM-Karte einspielen lassen", nennt Gollwitzer ein mögliches Zukunftsszenario. Dieses Upgrade kann für vier Wochen gelten, dann wird das System wieder zurückgesetzt. Spätestens mit Einführung des eCall-Systems 2018 werde die Zahl der SIM-Karten noch einmal deutlich steigen und damit auch die Verbreitung von Telematik-Diensten zunehmen, meint der ADAC. |