Berlin/Oberpfaffenhofen - Es fing langsam an, mit wenigen Autos, die unbeachtet am Rande der Großstadt-Trottoirs parkten. Heute stehen Carsharing-Autos in Städten wie Berlin und Hamburg an jeder Ecke. Ein Smart mit Car2go-Logo hier, ein Mini von Drive Now dort und dazwischen ein Citroen C-Zero von Multicity.
Der Bundesverband CarSharing hat Anfang dieses Jahres 11.250 Fahrzeuge und 453.000 Nutzer in Deutschland gezählt. So viel Zuwachs hatte das Teil-Programm bislang noch nie. Doch wie attraktiv ist Carsharing für die Autoindustrie? Kann man mit „einem Auto für alle“ Geld verdienen?
Eine Milliarde Euro pro Jahr
Sowohl Mercedes als auch BMW wollen mit ihren Carsharing-Programmen genau das: Geld verdienen, viel Geld. Ab dem Jahr 2020 sollen Car2go und Drive Now jeweils eine Milliarde Euro pro Jahr einbringen, das berichtet das Onlinemagazin „Automotive News Europe“. BMW rechnet bereits dieses Jahr mit Profit, sagte Marketing-Chef Tony Douglas.
Für den BMW-Dienst Drive Now sind viele Mini im Einsatz Quelle: BMW
Car2go soll in drei von 21 Städten bereits profitabel sein, in Hamburg, Wien und Vancouver. Das liege daran, dass das Programm dort bereits seit 2009 laufe. „Es dauert drei bis vier Jahre, bis das System Geld abwirft“, sagte Car2go-Chef Robert Henrich zu Automotive News Europe. Noch in diesem Jahr soll die Zahl der Fahrzeuge auf insgesamt 10.000 steigen, erwartet Daimler. Im vergangenen Jahr waren es noch 6.100 Fahrzeuge. BMW hat laut dem Bericht derzeit 1.600 Autos in fünf Städten im Einsatz.
26 Millionen Nutzer bis 2020
Neben den beiden deutschen Premium-Herstellern bieten auch viele andere Hersteller wie Volkswagen, Renault und Toyota ein entsprechendes Programm an. Bis zum Jahr 2020 werden laut dem Marktforschungsinstitut Frost and Sullivan 26 Millionen Menschen zu Auto-Teilern. In Europa soll die Zahl der Nutzer von heute einer Million auf 15 Millionen im Jahr 2020 steigen.
Mehr Carsharing-User könnten aber auch weniger verkaufte Neuwagen für die Hersteller bedeuten. Der Bundesverband Carsharing geht davon aus, dass ein geteiltes Auto sechs bis zehn private Pkw ersetzt. Im Gegenzug werden bis 2020 laut Frost and Sullivan rund 500.000 Carsharing-Autos auf den Straßen der Welt unterwegs sein. Diese Zahl werde jedoch nicht ausreichen, um die Produktionsstätten der Hersteller auszulasten, meint das Marktforschungsunternehmen.
Teures Parken in Innenstädten
Einer der Gründe, warum Carsharing bislang noch wenig profitabel ist, sind die hohen Parkplatz-Gebühren. Laut Henrich betragen sie bis zu 200 Euro pro Fahrzeug und Monat. Allerdings sind sie von Stadt zu Stadt sehr verschieden. In Berlin wird beispielsweise die tatsächliche Parkzeit bezahlt, indem jeder Smart über Mobilfunk übermittelt, wann er wo abgestellt wurde und wann es wieder weitergeht. Andere Städte wie Wien hingegen erheben eine Jahrespauschale.
Doch auch ohne Profit ist Carsharing für die Autoindustrie von Nutzen. Die Hersteller können eine Beziehung zu jungen Kunden aufbauen, die sich später vielleicht selbst ein Auto kaufen. Und die Hersteller können neue Techniken wie beispielsweise Elektrofahrzeuge im Alltagsbetrieb testen und sie bekannter machen.