Die Politik erhöht den Druck: Alte Diesel sollen nachgerüstet werden. Das geht, doch Betroffene müssen aktuell dafür kräftig draufzahlen
Hamburg – Der Diesel ist verdammt unter Druck und dafür sind leider nicht die Turbolader verantwortlich. Mit dem VW-Skandal rückten die Abgase ins Zentrum der Aufmerksamkeit. Jetzt reagieren die deutschen Verkehrsminister der Bundesländer. Sie wollen wirksame Maßnahmen gegen Stickoxide aus Dieselmotoren. Und zwar nicht nur für künftige. Sondern vor allem für bereits auf den Straßen eingesetzte. Sprich: Ein Nachrüstprogramm für ältere Diesel soll her. Aktuell ist es nur ein vager Vorschlag. Aber kann so ein Vorschlag technisch überhaupt massenhaft umgesetzt werden? Die Antwort lautet ja. Theoretisch und technisch lassen sich alte Diesel auf die Euro 6-Norm aufrüsten. Wie es geht, und was es am Ende wen kostet, lest Ihr hier. Nachrüsten heißt aktuell SCR-Kat, sprich AdBlueWas die Euro-6-Abgasnorm von ihren Vorgängern maßgeblich unterscheidet, sind die Höchstwerte für den Stickoxidausstoß. Früher kämpften Gesetzgeber und Hersteller noch um Feinstaub (Partikelfilter) und Kohlendioxid-Emissionen (CO2). Die Reduzierung der Stickoxide ist komplexer, sie erfordert den Einsatz von SCR-Katalysatoren. Die brauchen eine Harnstofflösung, die vielen unter dem Namen AdBlue bekannt ist. Für 1.500 Euro zur Euro-6-Norm. Zumindest theoretischVon Seiten der Autohersteller heißt es, eine Umrüstung von Euro 5 auf Euro 6 sei technisch und wirtschaftlich kaum sinnvoll. Ein Zulieferer behauptet das Gegenteil: Twintec Baumot entwickelte ein System, das AdBlue über einen Zerstäuber in die Abgasanlage schickt. Und ältere Diesel so Euro-6-tauglich machen soll. 1.500 Euro werden für das BNOx-System fällig, hinzu kommen die Kosten für den Einbau. Ein halber Tag in der Werkstatt wird veranschlagt.
Eine Kopie seitens der Automobilhersteller werden wir nicht sehen, Twintec hält das Patent. Aus Unternehmenskreisen heißt es, die großen Player seien bereits vorstellig geworden. Ein Kauf des Patents erscheint wohl weniger wahrscheinlich als eine Partnerschaft. Noch ist das nicht spruchreif. Dass Autos mit Umrüstung Euro-6-Werte erreichten ist die eine Sache. Die Anerkennung durch den Gesetzgeber eine andere. Dies ist vor allem dann Thema, wenn Innenstadtfahrverbote umgangen werden sollen. Brancheninsider sprechen im Zusammenhang mit dieser Lösung außerdem von Platzproblemen in kompakteren Fahrzeugen. Wer kommt für die Kosten auf?Zu den vielen unfertigen technischen Fragen rund um eine Euro-6-Aufrüstung kommt noch eine für die Verbraucher besonders wichtige: Nämlich die nach den Kosten. Wer bezahlt die Umrüstung. Der ADAC positioniert sich klar an der Seite der Autofahrer. „Die Verbraucher sollten nicht für Versäumnisse der Hersteller zahlen müssen“, kommentiert eine Sprecherin. Verbraucherverbände und die Politik sehen eher die Autohersteller in der Pflicht, diese hoffen eher auf staatliche Unterstützung. Schließlich entsprechen die meisten der betroffenen Motoren den gesetzlichen Vorgaben. Quelle: Twintec BNOx Bei der Partikelfilter-Nachrüstung für die Euro-4-Plakette beteiligte sich der Staat mittels einer Steuerbefreiung von 330 Euro. Doch die Summen sind nicht vergleichbar. Der Einbau eines Partikelfilters ist ab 650 Euro möglich, inklusive Montage. Beim SCR-Kat wird die Nachrüstung nach aktuellem Stand mehr als doppelt so viel kosten. Fazit: Schlechte Aussichten für Fahrer älterer DieselStand heute würden Halter von Dieselfahrzeugen zusätzlich sehr belastet. Das kann in Folge zu einem massiven Preisverfall der nicht umgerüsteten Fahrzeuge führen. Unzählige Millionen Wertbestand würden so vernichtet. Neben der Umrüstung kommen die Folgekosten für das AdBlue. Die Hersteller geben derzeit einen Verbrauch von 0,1 bis 0,2 Liter pro 100 Kilometer an. Beim Twintec-System wäre der Verbrauch höher, sagt Twintec. Denn die Systeme der Autohersteller stoppen die AdBluezufuhr bei niedrigen Außentemperaturen. Das Twintec-System zerstäubt Ad-Blue permanent. Für den Kunden hieße das: Sauberes Abgas, aber sicher mehr Kosten, als die rund 0,14 Cent pro 100 Kilometer bei Systemen ab Werk. |