Bei Porsche ging bislang nichts über den 911. Das ändert sich jetzt. Mit dem Cayman GT4 baut Porsche das sportlichere Auto. Sagen nicht nur wir, sondern sagt auch Walter Röhrl.
Portimão/Portugal – Der Porsche-Mann überlegt. Wägt jedes Wort genau ab. Er will jetzt nichts Falsches sagen, aber was ist das Richtige? Obwohl er die Frage schon so oft gehört hat. Sie lautet: „Welches Konzept ist sportlicher, Mittelmotor oder Heckantrieb?“ Bei der Präsentation des Cayman GT4 in Portimão bedeutet das nichts anderes als: „Welches Auto bietet mehr Potenzial, Cayman oder 911?“. Es folgen viele verschachtelte Sätze, aber keine klare Antwort. Quelle: Porsche Einige Minuten später, in der Boxengasse des Autódromo do Algarve, beantwortet Walter Röhrl die gleiche Frage. Kurz, knapp, geradeheraus: „Wenn es um sportliches Fahren geht, ist das Mittelmotor-Konzept des Cayman die erste Wahl. Der 911 ist vor allem so beliebt, weil er zur Sportlichkeit noch etwas mehr Platz bietet.“ Cayman erstmals stärker als Porsche 911Die Frage, ob Porsche endlich von der ewigen Elfer-Überhöhung ablassen sollte, wurde tausendfach gestellt. Sinnlos. Porsche wird den 911 stets als Ikone der Marke erhalten. Doch mit dem Cayman GT4 baut die Marke ein Auto, das dem Elfer zeigt, wie die ursprüngliche Idee des Firmengründers sich mit der Technik des Jahres 2015 zu einer einzigartigen, dynamisch überragenden Idee verbindet. Mit dem 3,8-Liter-Boxer aus dem dem 911 Carrera S leistet der Cayman GT4 385 PS und damit als erster seiner Art mehr als ein Basis-Elfer. Diese fünf Pferde bedeuten für Porsche einen Schritt, weit größer als es Unbedarfte vermuten könnten. Auf der Nordschleife fährt der GT4 eine Runde in 7:40 Minuten – genauso schnell wie der alte 911 GT3 (Baureihe 997). Dafür setzt Walter Röhrl sogar den Helm auf. Eifel oder AlgarveDie Algarve-Strecke ist ähnlich fordernd wie die in der Eifel. Highspeed-Doppelkurven, enge Kehren, schlecht einsehbare Kuppen. Doch der Cayman GT4 liegt so satt, dass die Zunge aus dem Schnalzen nimmer rauskommt. Das Fahrwerk ist so straff, dass Kukident gleich als Abo-Prämie zum Auto verkauft werden sollte. Bei 85.000 Euro Basispreis passt das vom Alter der potenziellen Kunden. Aktive Dämpfer und dynamische Getriebelager wiegeln jedes Wanken ab. Vollschalensitze (2.802 Euro) verschweißen Fahrer und Auto. Der GT4 fühlt sich vertraut, präzise an. Ein Auto zum Einsteigen und Wohlfühlen. Kein Wunder, denn im kleinen Cayman steckt Technik vom großen 911. Die Vorderachse besteht in vielen Teilen aus 911-GT3-Komponenten. Die Bremse ebenfalls. Querlenker und Stabilisatoren sind verstellbar, falls ein Fahrer mehr oder weniger Sturz fordert. Die Hinterachse wurde neu konstruiert und mit Hilfsfedern ausgestattet, wie beim 911 GT2. Weniger PS, mehr AbtriebHinter dem Fahrer krächzt der 3,8-Liter-Boxer. Im Cayman baut Porsche den Motor um 180 Grad gedreht ein. Ein für den Cayman entworfener Ansaugtrakt und das angepasste Motormanagement bringen den Motor auf 385 PS und 420 Newtonmeter Drehmoment. Das bedeutet, der Motor darf hier 15 PS weniger leisten als im Carrera S. Quelle: Porsche Völlig egal. Die Sauger-Kraft entfaltet sich mit der Harmonie eines exzellent eingespielten Orchesters. In 4,4 Sekunden geht es auf 100 km/h. Bis 200 km/h dauert es 10 Sekunden länger. Weil sich der Cayman leichter anfühlt, als er mit 1.415 Kilogramm Leergewicht ist, merkt der Fahrer kaum, wie schnell der GT4 schneller wird. Der feststehende Flügel und die Frontschürze erzeugen bei Höchstgeschwindigkeit 100 Kilogramm Abtrieb. Per manueller Einstellung (Luftkanäle in der Front und Heckflügel) lässt er sich um ca. 20 Prozent steigern. Die Kurvengeschwindigkeiten auf dem Autodromo sind enorm. Wenn man mit dem Schalten nicht fertig wirdDer Cayman lässt sich enorm leicht kontrollieren und verzeiht Fehler, selbst wenn am Kurveneingang der Schaltvorgang noch nicht abgeschlossen ist. Mit aktivierter Sporttaste gibt es beim Herunterschalten einen deutlichen Zwischengasstoß. Nicht, weil das geil klingt, sondern, um die Drehzahl des Motors an den nächsten Gang des verstärkten Sechsgang-Getriebes anzupassen. Es gibt keinen ruckartigen Lastwechsel am Hinterrad. Das hält das Heck ruhig und wird manchen Cayman-Fahrer vor ungewollten Kreiselbewegungen schützen. Quelle: Porsche An die Möglichkeit, in eine eben solche zu geraten, sollte man sich gewöhnen. Denn Porsche bietet im Cayman GT4 kein PDK an - obwohl der Cayman damit auf der Rennstrecke schneller wäre. Beim Porsche 911 dagegen hält sich hartnäckig das Gerücht, dass es bald gar kein manuelles Getriebe mehr geben wird. Kompromisse muss man überall machen. Oder wie Walter Röhrl sagt: „Wenn ich einsteige, und meine Jacke nicht hinter den Sitz schmeißen kann, dreh ich durch. Aber zum Glück geht das beim Cayman GT4 auch.“ Allerdings darf es nur eine sehr dünne Jacke sein.
Lest hier Infos zum Getriebe und Preis des Porsche Cayman Clubsport. Technische Daten – Porsche Cayman GT4
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