Den Charme des Neuen hat der Audi TT längst verloren – er ist die Weiterentwicklung einer mutigen Idee. Unter seinem Blech steckt ein Golf GTI mit hübschen Details.
Berlin – Bei seiner Markteinführung war der Audi TT eine Sensation: mutig gezeichnet, flink motorisiert – ein sportlich gepresster Audi A3. Endlich gab es in Ingolstadt ein kompaktes Coupé – ein schickes noch dazu! Auf den ersten Versuch folgte jedoch nur Evolution. Der Mut verschwand aus dem TT, wurde ersetzt durch Mega-Grill und Konzern-Diktat. In der dritten Generation wird das Coupé leichter, schneller, gleicher. Zeit für ein Resümee. 1. Gang: Die BasisQuelle: MOTOR-TALK Wie bisher steckt die TT-Karosse auf einer Kompaktwagen-Basis. Früher PQ35, also das Golf-5-Chassis. Heute heißt die Plattform MQB, bezeichnet aber dasselbe: VW Golf, Audi A3, Seat Leon und Skoda Octavia stiften die Grundlage für den schnell aussehenden Flitzer. Sportlich klingt das wohl nur in den Ohren der Marketing-Abteilung. Deshalb bekommt der TT eine leichtere Hülle aus Aluminium, eine straffere Abstimmung und viele hübsche Details. 2. Gang: Das BesteTatsächlich wirkt der TT im Vergleich zum Golf definierter. Auf seinen Muskeln lagert kein Fett – der Schwerpunkt sinkt, das Tempo steigt. Resonanzverstärker lassen den Innenraum sportlich, aber synthetisch schwingen. In der Stadt trank der 2,0-Liter-Turbo bei uns rund acht Liter, im Berufsverkehr kaum mehr als zehn. Unter Last knallt der Auspuff beim Gangwechsel („Dein Auto hat sich verschluckt“, sagt Mutti bei der Probefahrt), 230 PS und 370 Newtonmeter Motordrehmoment zerren und rupfen an der Vorderachse. Ein mechanisches Sperrdifferenzial wie beim Golf GTI Performance (230 PS) oder Seat Leon Cupra (265 bzw. 280 PS) gibt es nicht, nicht einmal gegen Aufpreis. Vollgas mag der Front-TT deshalb nur bei höheren Geschwindigkeiten. Beim schnellen Start hüpfen die Vorderräder über Spurrillen, die Dämpfer schlagen an und die Elektronik kastriert das Moment. Das fühlt sich nicht sportlich an, besonders bei Nässe. 3. Gang: Das SchwächsteQuelle: MOTOR-TALK Überhaupt: Der TT fährt nicht so sportlich, wie er aussieht. Ja, schnelle Kurven kann er besser als ein Golf GTI. Aber lange nicht so gefühlvoll wie ein (12.000 Euro günstigerer) Mazda MX-5. Quermotor und Frontantrieb bleiben für flinke Autos ein Kompromiss. Bremseingriffe und Regelsysteme kompensieren das Antriebssystem. Unnötig in der Stadt, gut und flott auf der Landstraße, problemlos und schnell auf der Autobahn. Kurven fährt der Audi TT ohne Allradantrieb trotzdem lieber diesseits des Grenzbereichs. Hinzu kommt die aufgezwungene Sportlichkeit im Innenraum: Wenig Raum trotz (beinahe) Golf-Maßen und ein zu straffes Fahrwerk. In unserem Testwagen klapperte das Armaturenbrett auf Höhe der Frontscheibe. Unschön: Nach einer Nacht unter Linden verhärtete die Scheibendichtung auf der Fahrerseite. Beim Öffnen des Fensters quietschte die Dichtung fortan, auch nach der Wäsche, laut über das Glas. 4. Gang: Das ÜberflüssigsteEs ist das Gefühl von Sportlichkeit, das der TT vermittelt. Er sieht schnell aus, schiebt stark an und kann flink wedeln. Das reicht für fast alle Fahrsituationen, aber nicht für sein Image. Der Frontantrieb passt nicht ins Konzept. Haldex-Allrad der fünften Generation kostet 2.350 Euro Aufpreis. Der bringt etwa eine halbe Sekunde in der Beschleunigung, lässt sich aber nicht mit einem manuellen Getriebe kombinieren. Das würde gegenüber dem Doppelkupplungsgetriebe auf dem Papier übrigens fast einen halben Liter Sprit sparen. Quelle: MOTOR-TALK Ein Golf 7 GTI Performance wiegt ein paar Kilogramm mehr, hat dafür aber größere Bremsen (340 statt 312 mm) und ein serienmäßiges mechanisches Sperrdifferenzial. Zudem kostet er fast 5.000 Euro weniger als der TT mit Frontantrieb. 5. Gang: Das BesondereIm neuen Audi TT gibt es kein klassisches Infotainment-Display, dafür aber einen digitalen Tacho. Navi-Karten, Radio-Station und alle Fahrdaten sieht ausschließlich der Fahrer. Dieses Konzept hat Audi im TT vorgestellt. Mittlerweile gibt es virtuelle Rundinstrumente bei Audi Q7, dem neuen A4 und VW Passat. Weitere Audi-Modelle und der VW Golf sollen folgen. Beim TT sind die Instrumente serienmäßig. Nach kurzer Eingewöhnung fehlt der Zentralbildschirm nicht mehr. Die Bewegungen auf dem Display könnten allerdings harmonischer ablaufen. 6. Gang: Das WissenswerteDerzeit leistet der „EA888“-Vierzylinder im Serien-TT 230 bis 310 PS. In TT-Studien war der 2,0-Liter-Turbobenziner bereits 400 bzw. 420 PS stark. Die Top-Motorisierung des Audi TT wird jedoch ein größeres Aggregat: Analog zum RS3 bekommt der TT RS voraussichtlich einen Fünfzylinder mit rund 370 PS. Der wiegt mehr als ein gleich starker Vierzylinder, klingt aber kerniger und ist derzeit ein Alleinstellungsmerkmal von Audi. Ausrollen: Fazit und PreisZum TT würden ungehobelte Manieren und ein schwankendes Heck passen. Tatsächlich fährt er wie ein Kompaktwagen nach einem Probetraining bei McFit. Zu straff für den Alltag, zu lieb für seine sportliche Optik. Bei einem Basispreis von 35.000 Euro lohnt ein Blick auf die Alternativen. Der schnellere Seat Leon Cupra 280 kostet in der Basisversion fast 2.500 Euro weniger. Mazda liefert im MX-5 für 22.990 Euro weniger Performance, dafür das knackigere Fahrwerk und mehr Unvernunft. Unser Testwagen mit MMI-Navi, LED-Scheinwerfern, Leder-Sportsitzen und S-Line-Paket kostete 58.330 Euro. Dafür gibt es bereits einen Porsche Cayman (51.385 Euro) und fast einen Alfa Romeo 4C (62.200 Euro). Audi TT 2,0 TFSI: Technische Daten
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