Peugeot 208 T16 Pikes Peak -
Wie ein Peugeot 208 nach dem Bad im Zaubertrank
verfasst am 01.07.2013
Spezielle Strecken brauchen spezielle Autos: Um den Rekord beim Gipfelsturm zum Pikes Peak zu brechen, hat Peugeot einen 208 gebaut, wie es ihn vorher noch nie gegeben hat. Rallye-Champion Sébastien Loeb ist ihn gefahren.
Colorado - Pro Kilo ein PS und bessere Sprintwerte als ein Formel-1-Rennwagen – mit einem Auto wie dem Peugeot 208 T16 Pikes Peak ist man nahezu unschlagbar. Das hat Sébastien Loeb am Wochenende eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Mit einer Fabelzeit von 8 Minuten und 13 Sekunden gewann er in dem blau-weißen Tiefflieger den legendären Hill Climb. Damit konnte er an die spektakulären Siege von Ari Vatanen und Robby Unser anknüpfen, die das berühmteste Bergrennen der Welt 1988 und 1989 auf einem Peugeot 405 gewonnen haben.
Für Loebs Sieg, mit dem er den aktuellen Streckenrekord für die fast 20 Kilometer lange Achterbahn auf den 4.301 Meter hohen Gipfel um mehr als 90 Sekunden unterboten hat, hat Peugeot tief in die Trickkiste gegriffen und ein spektakuläres Auto gebaut. Breit und bullig wie ein 208 nach dem Bad im Zaubertrank, sieht das Coupé schon im Stand zum Fürchten aus. Und kaum lässt Loeb den Motor an, bricht die Hölle los. Ein Gasstoß genügt, schon lösen sich am Pikes Peak kleine Gerölllawinen und ein Krach erfüllt das Tal, der so gar nichts mit der Sonntagsruhe gemein hat.
875 PS für 875 Kilogramm
Der Fahrersitz ist in die Mitte des Autos gewandertQuelle: Peugeot
Schuld daran ist der 3,2 Liter große V6-Motor direkt im Nacken des Fahrers. Mit tatkräftiger Turbo-Hilfe mobilisiert er wahnwitzige 875 PS und hat mit dem ebenfalls 875 Kilo schweren Prototypen buchstäblich leichtes Spiel. Und weil die ausgefeilte Aerodynamik samt des imposanten Heckspoilers den Wagen auf den Asphalt drückt und der Allradantrieb ihn dort auch hält, stürmt Loeb zum Gipfel, als wäre er aus einer anderen Welt. Kein Wunder, dass ihn auch von der kaum minder stark motorisierten Konkurrenz an diesem Wochenende keiner stoppen kann.
Der stärkste Motor im Peugeot-Programm und dazu das geringste Gewicht – das führt zu Fahrleistungen, bei denen selbst die Formel-1-Piloten schlucken müssen. Von 0 auf 100 beschleunigt der Tiefflieger mit dem in die Mitte gerückten Einzelsitz in weniger als zwei Sekunden, Tempo 200 hat der Wagen nach kaum mehr als vier Sekunden auf der Uhr und mit dem richtigen Getriebe sollten knapp 350 km/h drin sein.
Es zählt nur die Beschleunigung
Hier und heute allerdings fährt „Super-Séb“ mit einer anderen Übersetzung: Weil die Geraden zischen den insgesamt 156 Kurven ziemlich kurz sind und die Steigung bei rund 1.500 Höhenmetern auf kaum 20 Kilometern heftig ist, kommt es dem Champion vor allem auf die Beschleunigung und nicht auf die Endgeschwindigkeit an. Langsam ist er deshalb natürlich trotzdem nicht.
Im Gegenteil: Das Spitzentempo liegt bei knapp 250 km/h und der Schnitt bei mehr als 120 Sachen – nicht schlecht für eine Bergstraße, auf der Touristen nicht einmal Tempo 40 fahren dürfen. Aber dafür brauchen die ja auch eine knappe Stunde und nicht nur acht Minuten bis auf das zugige Plateau von Amerikas meistbesuchtem Berg.
Der Spoiler des Prototypen ist gewaltigQuelle: Peugeot
Loeb hat bei seinem Höllenritt nicht nur mit der Strecke, den Temperaturen und drei verschiedenen Wetterzonen zu kämpfen. Am meisten zu schaffen macht Fahrern und Fahrzeug die Höhe: Die Menschen fürchten auf mehr als 4.000 Metern um ihre Konzentration und blasen sich Sauerstoff in den Helm. Und den Motoren geht irgendwann genauso die Puste aus. Da können die Turbos noch so blasen – wenn Loeb oben ins Ziel kommt, fehlt seinem Motor ein Drittel der Leistung. Doch selbst dann hat der Peugeot noch genügend Power, dass er auf dem letzten Stück zum Gipfel kaum langsamer wird.
Die Technik kommt nicht auf die Straße
Zwar hat Peugeot beim 208 gerade erst den GTI eingeführt. Doch gemessen an dem Pikes Peak-Racer ist das kaum mehr als ein Spielzeugauto. Nicht nur die Teammitglieder werden sich deshalb wünschen, dass irgendetwas vom Bergrennwagen auch in das Serienfahrzeug übernommen wird.
Doch Motorsportchef Bruno Famin muss die Fans enttäuschen – schon weil das Auto samt Team und Logistik kaum weniger als fünf Millionen Euro gekostet hat. Sondern vor allem, weil der Rennwagen und das Straßenauto nicht einmal ansatzweise vergleichbar sind: „Wir haben uns für die Karbon-Karosserie zwar den gleichen Designer ausgeliehen“, sagt Sportchef Famin. Aber das sei es dann auch schon gewesen mit den Ähnlichkeiten. „Denn egal wo man hinschaut, man wird in dem Rennwagen kein einziges Teil aus dem Straßenauto finden.