BMW hat das Supersport-Motorrad BMW S 1000 RR entkleidet und in eine rattenscharfes Naked Bike verwandelt. Die erste Testfahrt nach dem Striptease.
Von MOTOR-TALK-Reporter Ralf Schütze Mallorca – Joseph „Sepp“ Mächler hat einen Traumjob. Zwei Jahre lang hatte er nur einen Auftrag: ein supersportliches Teil zu entkleiden und in ein heißes Naked Bike zu verwandeln. Zwei Jahre hat der Schweizer zwischen Rennstrecke, Entwicklungsbüro und Werkstatt verbracht. Das Ergebnis: die BMW S 1000 S mit 160 PS. „Wir wollten die Ergonomie eines Roadsters mit super Handling und agiler Beherrschbarkeit verbinden“, sagt Mächler. Mehr als ein StripteaseDer Weg vom Supersportler zum Naked Bike scheint einfach: Verkleidung weg, höherer Lenker hin, fertig. Genau so entstand einst die erste sportlich-urbane Motorradart: Londoner Kurierfahrer nutzten ihre Superbikes nach vielen Stürzen einfach ohne die teuren Verkleidungen. Heute gibt es die nackten Kanonen ab Werk und sie benötigen statt zwei Stunden Umbau zwei Jahre Entwicklungszeit. Bei der R ersetzt ein höherer Rohrlenker die niedrigen Stummel der Doppel-R, die Fußrasten hinten dienen jetzt wirklich dem Sozius. Über den breiten Lenker hat der Fahrer das sehr agile Bike souverän im Griff, das dank verändertem Lenkkopfwinkel williger einlenkt als die supersportliche Vorlage. So schnell wie ein Porsche 911 Turbo SNur 207 Kilogramm bringt die S 1000 R fahrfertig und mit vollem Tank (17,5 l) auf die Waage. Das niedrige Leistungsgewicht führt zum katapultartigen Null-auf-Hundert-Sprint in nur 3,1 Sekunden – ein Porsche 911 Turbo S braucht genauso lange. Trotz dieser Leistungsdaten bleibt die BMW S 1000 R beim Preis in Schlagweite zu ihren Wettbewerbern. Los geht es bei 12.800 Euro. Das ist nur etwas mehr als Ducati für eine Streetfighter 848 mit 125 PS verlangt. Honda verlangt für den gestrippten Supersportler CB 1000 R mit 125 PS rund 1.310 Euro weniger als BMW. Die Yamaha FZ1 mit immerhin 150 PS kostet 11.750 Euro. Die BMW glänzt allerdings mit einer umfangreichen Serienausstattung, darunter die beiden Fahrmodi „Road“ (volle Leistung) und „Rain“ (auf 136 PS reduzierte Leistung). Im Regen-Modus arbeiten Renn-ABS und ASC im Schongang, sodass man den brachialen Roadster auch bei äußerst widrigen Verhältnissen überraschend gut im Griff hat. Ausfahrt auf SchmierseifeWir konnten dies auf den glitschig-nassen Straßen von Mallorca ausprobieren. Irgendwie haben es die Mit dem semiaktiven Fahrwerk DDC (Dynamic Damping Control) kann der Pilot die Dämpfung vorwählen und der jeweiligen Beladung oder dem Straßenbelag anpassen. Außerdem passt sich das System im Millisekunden-Takt an den jeweiligen Straßenbelag an. Gewöhnungsbedürftig an der S 1000 R ist ihr Drehzahlhunger. Obwohl bei 12.000 U/min Schluss ist, erreicht sie ihre maximale Leistung erst bei 11.000 U/min. Trotzdem kann das Bike auch anders: Bereits bei 3.000 U/min wuchtet die nackte Bayerin satte 80 Newtonmeter auf die Kurbelwelle. Das heißt: Es liegt sehr früh reichlich Kraft an, ehe mit hochschnellendem Drehzahlmesser die Power förmlich explodiert. Auf Wunsch übernimmt ein Schaltautomat die Gangwechsel. Das ist Geschmacksache, funktioniert aber gerade bei flotterer Gangart perfekt und lässt mehr Konzentration auf Brems- und Scheitelpunkte zu. Immer beherrschbarDie zierliche Auspufftüte erzeugt einen sonoren Sound, der vor allem vollmundig klingt, wenn man Den Spritverbrauch gibt BMW mit 5,6 l/100 km bei konstant 120 km/h an. Unser Testverbrauch lag bei gemischter Fahrweise bei 6,7 l/100 km. Das ergibt immerhin eine Reichweite von 260 Kilometern. Unsere Ausfahrt im kalten mallorquinischen Regen hat gezeigt, was in der S 1000 R steckt: Viel reinrassiger Rennhengst und ein wenig gutmütige Brauereigaul. Diese Wandlungsfähigkeit macht den Allrounder zum perfekten Alltagsbike, das im Londoner Stadtverkehr auch mal Umkippen kann. Technische Daten: BMW S 1000 R
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